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dafs sich auch die »Nationalliberale Correspondenz« dupiren liefs und einen, von der »Kölnischen Zeitung« sofort weitere Verbreitung gegebenen, Artikel gegen den „Centralverband“ brachte, in welchem dieser beschuldigt wurde, sich dem im vorigen Jahre berathenen Arbeiterschutzgesetze gegenüber völlig negativ verhalten zu haben und auch gegen die Alters- und Invalidenversicherung der Arbeiter aufgetreten zu sein. Der Geschäfts führer des Centralverbandes, Hr. H. A. Bueck, schrieb darauf eine Berichtigung und einen die in Rede stehenden Verhältnisse klarstellenden Artikel, den die »Nationalliberale Correspondenz«, eines Besseren belehrt, nunmehr abdruckte*, der aber — und das ist wieder charakteristisch — von vielen Prefsorganen , welche den die obigen Beschuldigungen enthaltenden Artikel an hervor ragender Stelle veröffentlicht hatten, einfach ignorirt worden ist. Der „Verband deutscher Berufsgenossenschaften", der sich unter die Fittiche der »Vossischen Zeitung«, des »Berliner Tageblatt« und anderer Blätter des Manchester- thums begeben hat, verlangt vor wie nach, be züglich der Alters- und Invalidenversicherung als einzig berufener Vertreter der deutschen Industrie zu gellen. Ob er das ist, mögen unsere Leser ermessen, wenn sie die nachfolgende Uebersicht über die zum besagten Verbände nicht gehörigen Berufsgenossenschaften gelesen haben. Dem Ver bände gehören nicht an 1. Glasberufsgenossenschaft. 2. Süddeutsche Textilberufsgenossenschaft. 3. Süddeutsche Edel- und Unedelmetallindustrie- berufsgenossenscliaft. 4. Südwestdeutsche Baugewerksberufsgenossen- schäft. 5. Töpfereiberufsgenossenschaft. 6. Bayrische Holzindustrieberufsgenossenschaft. 7. Südwestdeutsche Eisenberufsgenossenschaft. 8. Rheinisch-Westfälische Hütten- und Walz werksberufsgenossenschaft. 9. Sächsisch-Thüringische Eisen- und Stahlbe rufsgenossenschaft. 10. Südwestliche Baugewerksberufsgerossensch. 11. Schlesische Eisen- und Stahlberufsgenossen- schäft. 12. Norddeutsche Eisen- u. Stahlberufsgenossen schaft. 13. Württembergische Baugewerksberufsgenos senschaft. 14. Textilberufsgenossensch. v. Elsafs-Lothringen. * Diejenigen unserer Leser, welche sich für die ausführlichen Actenstüeke dieses höchst be- merkenswerthen Prefsstreites interessieren, machen wir auf das soeben erschienene 39. Heft der „Ver handlungen, Mittheilungen und Berichte des Central verbandes deutscher Industrieller“ aufmerksam, in welchem Hr. H. A. Bueck eine sehr interessante Dar stellung desselben giebt. 15. Nordöstliche Eisen- und Stahlberufsgenossen schaft. 16. Norddeutsche Edel- und Unedelmetallberufs genossenschaft. 17. Papiermacherberufsgenossenschaft. 18. Lederindustrieberufsgenossenschaft. 19. Süddeutsche Eisen- und Stahlberufsgenossen schaft. 20. Hamburg. Baugewerksberufsgenossenschaft. 21. Westd. Binnenschiffahrtsberufsgenossenschaft. Ihren Austritt hat ferner am 12. December v. J. die Rheinisch-Westfälische Textil berufsgenossenschaft erklärt, und auch die R h ei nisch-Westfälische Masch in enbau- u n d Kleineisenindustrie-Berufsgenossen schaft wird inzwischen ihren Austritt ange meldet haben, während die bedeutende Knapp schafts-Berufsgenossenschaft den Austritt auf die Tagesordnung der nächsten Vorstands sitzung gesetzt hat. Zu den dem Verbände noch angehörigen Berufsgenossenschaften zählen nun aber eine grofse Menge solcher, welche Betriebe umfassen, die der Industrie in der hier noth wendigen Bedeutung des Wortes gar nicht an gehören. Wir nennen nur die Berufsgenossen- schäft der Schornsteinfeger, der Spedition, Kellerei und Speicherei, des Fuhrwerks u. s. w. Wenn deshalb in jener Agitation wiederholt gesagt worden ist: „Eine solche selbständige Vertretung der deutschen Industrie wie in dem Verbände der Berufsgenossenschaften war bisher überhaupt nicht vorhanden“, so ist das nichts weiter als eine durch nichts berechtigte Ueberhebung. Die deutsche Industrie hat ihre Vertretung für wirth- schaftspolitische Fragen in jenen freien wirth- schaftlichen Vereinen, die der Gesetzgebung beim Krankenkassenwesen, bei der Unfallversicherung u. s. w. unschätzbare Dienste geleistet haben. Wenn das Manchesterthum gering von diesen Körperschaften denkt, so liegt das einfach daran, dafs gerade jene Körperschaften die stärksten Förderer und Stützen der Wirthschaftspolitik ge wesen sind, welche unser Erwerbsleben vor dem Untergang bewahrt hat. Infolgedessen haben sie sich längst daran gewöhnt, als Interessentengruppen, welche nur eigensüchtige Zwecke der Grofs- Industrie verfolgen, von der freihändlerischen und „deutschfreisinnigen“ Presse angegrault zu werden. Wenn man aber den Verband der deutschen Berufsgenossenschaften mit seinem Streben nach einem erweiterten Programm socialer und politischer Aufgaben in erster Linie von diesen Manchesterblättern protegirt sieht, wem fiele da nicht das Wort Margarethens im »Faust« ein: Es thut mir lang schon weh, Dafs ich dich in der Gesellschaft seh’! Dr. W. Beumer,