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326 Nr. 7. » STAHL UND EISEN.“ 1. April 1894. brauchbarkeit unseres Systems, wie wir es damals in Ausführung gebracht hatten, heraus. Von diesem System will ich hier nur so viel mittheilen, dafs ihm ein mit Petroleum gefüllter Be hälter zu Grunde lag, welcher oben an der Stirnwand des Wagens befestigt war und von welchem aus Leitungsröhren in die einzelnen Abtheile zu den Lampen führten. Während, wie bemerkt, letztere beim Stillstand des Wagens vorzüglich arbeiteten, geriethen sie während der Fahrt dadurch in Unordnung, dafs ihnen das Petroleum zu Zeiten zu stark zuschofs. Wir fanden nun zwar sehr bald ein Mittel heraus, welches von Wirksamkeit zu sein versprach, glaubten aber doch, die Sache genau untersuchen zu müssen. Wir ersetzten die Lampen durch verticale Glasröhren von etwa 30 cm Länge und 2 cm Weite und liefsen den Wagen wieder die Fahrt nach Nauen mitmachen, sorgten jedoch für eine genaue Gontrole der Fahr geschwindigkeit. Zu diesem Behufe wurden mehrere Beobachter mitgenommen, von denen der eine die Aufgabe hatte, das Erscheinen eines Nummersteins durch ein präcises „Nun" anzukündigen, während ich selbst, mit der Secundenuhr in der Hand, die Zeit notirte, die anderen notirten dauernd die Niveauhöhen in den Gläsern. Auf diese Weise fanden wir, dafs der Zug in seiner Geschwindigkeit bedeutend erheblicheren Schwankungen ausgesetzt war, als wir vermuthet hatten. — Es ist nun klar, dafs bei einer Geschwin digkeitssteigerung das vordere Niveau fallen und das letzte steigen mufs. Das Umgekehrte wird statt finden müssen, wenn die Geschwindigkeit nachläfsl, weil dann das Petroleum seine Geschwindigkeit bei behalten will und nach vorn schiefst. Von den beiden Schaulinien zeigt die obere die Bewegungen der Flüssigkeit im vordersten Abtheil während eines Theils der Fahrt von Nauen nach Berlin, und die untere die beobachteten Geschwindigkeiten. Diese Schwankungen, obwohl, wie aus dem Vergleich der beiden Linien leicht zu ersehen, ziemlich träger Natur, waren es also, welche unsere Beleuchtung störten.* Mein Bruder und ich kamen bald darauf von Berlin fort und wir mufsten die Sache liegen lassen, wenn auch mit dem Bewufstsein, etwas Werthvolles aufgegeben zu haben. Ich zweifle nicht, dafs das betreffende System trotz Gas und Elektricität sich, wenigstens auf Nebenbahnen, noch dereinst Geltung verschaffen wild. Die zweite Schaulinie betreffend, muls in Erin nerung gebracht werden, dafs der Zug aus reparirten Wagen bestand, und der Maschinist wohl Veranlassung gehabt hat, gröfsere Schwankungen in der Geschwin digkeit eintreten zu lassen, als sonst üblich. — Die Spitzen der Linie sind wegzudenken. Wie hängt dies aber mit der Magnetnadel zu sammen ? Vertreibt man den Magnetismus einer Magnet nadel, so wird sie, wenn sie sehr empfindlich auf gehängt ist, wenn also die Spitze scharf, das Hütchen hart und nicht tief ist, mit dem Südpol tiefer hängen als mit dem Nordpol. Der Mechaniker mufs beim Ausbalanciren der unmagnetisirlen Nadel der Incli- nation Rechnung tragen. Diese den Nordpol senkende Kraft mufs ausgeglichen werden durch ein gröfseres * Es ist hierbei zu bemerken, dafs der Verlauf dieser Curve nicht nur von der Fahrgeschwindigkeit abhängt. Die Steigungsverhältnisse der Bahn und das Arbeiten der Federn verdecken den erstgenannten Einflufs. Aufserdem zeigen die Niveauschwankungen eine steigende Tendenz; das Petroleum hatte offenbar keine Zeit, sich jedesmal wieder auf Null einzustellen. Die gesammten Einflüsse stellen sich also als die einer unregelmäfsigen Pumpwirkung dar. Gewicht der nach Süden gerichteten Hälfte der Magnetnadel; der Schwerpunkt einer guten Magnet nadel liegt also neben der Spitze auf dem Südende. Befindet sich nun eine solche Nadel in einem nach Westen fahrenden Zuge, so thut dieselbe genau das, was das Petroleum in der Rohrleitung bei den oben geschilderten Versuchen gethan hat. Vermehrt der Zugführer, wie bei dem Verlassen einer Station, die Geschwindigkeit, so will die Nadel in der bis herigen Ruhe verharren und giebt ihren Protest gegen die Bewegung durch ein Zurückbleiben ihres Schwerpunktes, bei einer Fahrt nach Westen also durch das Zurückbleiben des Südendes, d. h. durch einen Ausschlag nach Westen kund. Dies stimmt haarscharf mit den folgenden Worten des oben citirten Berichtes: »Als der Bahnzug sich nach Rathenow — also nach Westen — in Bewegung gesetzt hatte und die Zuggeschwindigkeit bedeutend wurde, fing die Magnetnadel an, unruhig zu werden und aus Norden nach Westen abzulenken. Damit dürfte — unter Berücksichtigung der In- clination, der Krümmungen der Bahn und, wie mir scheint, vielleicht auch eines an der westlichen Seite des Abtheils befindlichen Eisenstückes, welches den dauernden westlichen Ausschlag bewirkte — auch das Andere erklärt sein, soweit sich nicht Ungenauigkeiten in den Beobachtungen eingeschlichen haben. Wenn es nun aber dem obengenannten Herrn Beobachter nicht gelungen ist, den Versuch mit den selben Resultaten zu wiederholen, so schliefse ich daraus, dafs er nicht dieselbe Nadel zu seinen späteren Beobachtungen verwendet hat. Ist das Hütchen sehr tief, die Nadel also sehr stabil, so wird der Schwer punkt der Nadel so nahe der Spitze zu liegen kommen, dafs das durch die Geschwindigkeitsänderung hervorgebrachte drehende Moment durch die Richt kraft der Nadel überwunden, bezw. dafs die geringe Drehung der Nadel durch die Richtkraft verdeckt wird. Haedicke-Remscheid. 50jähriges Jubiläum der Maschinenfabrik Gebr. Sachsenberg in Rofslau a. E. Am 7. März 1844 errichteten die drei Brüder Sachsenberg, Söhne deserfindungsreichen Schmiede meisters Gottlieb Sachsenberg, mit 2500 Thalern Ver mögen in Rofslau a. d. Elbe eine Maschinenfabrik, im Jahre 1866 neben dieser eine Schiffsbau werft. Beide Anlagen dehnten sich durch die Thatkraft ihrer Begründer und deren Nachfolger allmählich und kräftig aus, so dafs sie z. Zt. umfangreiche, wohl eingerichtete Werkstätten besitzen und rund 800 Ar beiter beschäftigen. Aus der Maschinenfabrik gingen in dem halben Jahrhundert 1008 Dampfmaschinen, 351 Ziegelpressen, 57 Maisch - Destillirapparate, 262 Kugelmühlen u. a. hervor, die Kesselschmiede lieferte 725 Dampfkessel, und von den Hellingen der Werfte liefen 375 Fahrzeuge, darunter die 5 grofsen Faberschen Rheinschleppdampfer von je 1000 HP, vom Stapel. Von den Begründern lebt noch einer, der Geh. Commissionsrath Fr.Sachsenberg; die Geschäfte werden jetzt geleitet durch drei Söhne der drei begründenden Brüder, Gotthard, Georg und Paul Sachsenberg. Kenn zeichnend für die trefflichen Beziehungen, welche zwischen den Besitzern der Fabrik und ihren Beamten und Arbeitnehmern bestehen, ist eine Statistik der Jubilare der Fabrik, aus der hervorgeht, dafs an ihrem Jubiläumstag unter'den Angestellten nicht weniger als 100 Jubilare, welche alle länger als 25 Jahre in der Fabrik thätig, vorhanden und zum gröfsten Theil noch thätig waren. Es nimmt kein Wunder, dafs unter solchen Verhältnissen der Verlauf der Festlichkeiten am Jubiläumstage ein weihe- und freudenvoller war.