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Die elektrische Energieform in der Technik. Von Dr. C. Heinke in München. (Fortsetzung aus voriger Nummer.) Um einen Ueberblick und zugleich eine natür liche Eintheilung aller derjenigen Fälle zu ge winnen, bei denen die elektrische Energieform an die Stelle der anderen treten kann, braucht man sich nur die Erscheinungen zu vergegen wärtigen, welche jeden elektrischen Strom be gleiten , denn hierin sind bereits alle diejenigen Momente angedeutet bezw. in geringem Grade vorhanden, welche unter geeigneten Umständen eine technische Verwerthung ermöglichen. Von vornherein kann man hier eine Trennung der Erscheinungen in zwei Klassen vornehmen: solche, welche im Leiterkreise selbst, und solche, welche in seiner Umgebung auftreten. Fafst man zunächst die ersteren ins Auge, so tritt in jedem strom durchflossenen Leiter eine Erwärmung auf, mag dieselbe auch manchmal noch so gering und für das gewöhnliche Gefühl nicht wahrnehmbar sein. Diese Thatsache findet quantitativ durch das von Joule ausgesprochene Naturgesetz ihren formel- mäfsigen Ausdruck, welcher lautet W = R . J 2 . G oder in Worten: die in einem Leiterstück in jeder Zeiteinheit entwickelte Wärmemenge W ist I proportional dem elektrischen Widerstand R des betrachteten Leiterstückes — gleichsam ein Aus druck für den Reibungsfactor —, ferner pro portional dem Quadrat der hindurchfliefsenden Stromstärke J und endlich einer Constanten C, welche von der Wahl der Einheiten abhängt und bei den gebräuchlichen Einheiten, d. i. Secunde für Zeit, Ampäre für Strom und Ohm, für Wider stand gleich 0,24 Grammcalorien beträgt. In einem Leiterstück von 1 Ohm Widerstand durch flossen von der Stromstärke 1 Ampere würde sonach in jeder Secunde eine Wärmemenge ent wickelt, welche erforderlich ist, um 1 g = 1 cbcm Wasser um 0,24 Celsiusgrade zu erwärmen. An Stelle dieser erzeugten Menge von calorischer Energie mufs natürlich gemäfs dem Gesetz von | der Erhaltung der Energie eine gleichwerthige Menge elektrischer Energie aufgebraucht werden, welche bei dem soeben angeführten Beispiel die Einheit der elektrischen Energie oder 1 Joule beträgt, da der Ausdruck, welcher diese Energie mifst, R . J 2 . T, wo T die Zeitdauer in Secunden, zur Einheit wird. In der Technik ist es gebräuch licher, die secundliche Energie oder den Effect einzuführen, dessen Einheit das Watt ist, und für das letztere wird häufig die gleichwerthige Bezeichnung Voltampäre verwendet, weil der elektrische Effect allgemeiner durch das Product XI. von Stromstärke und Spannung oder besser Druckdifferenz, entsprechend Wassermenge und Gefälle, ausgedrückt wird; allgemeiner deshalb, weil der Ausdruck R.J 2 voraussetzt, dafs der zwischen zwei Punkten des Leiterkreises um gewandelte elektrische Effect nur durch Reibung aufgebraucht, d. h. in Wärme umgesetzt wird. Der mit R . J 2 gleichwerthige Ausdruck E . J, welcher entsteht, wenn an Stelle von R.J die elektromotorisch wirkende Spannungsdifferenz E gesetzt wird (Ohmsches Gesetz), läfst hingegen offen, in welche der anderen Energieformen die elektrische zwischen den beiden betrachteten Punkten umgesetzt wird. Für die Betrachtung der Wärme- bezw. Licht wirkung des elektrischen Stromes ist es aber vorzuziehen, die Formulirung des Jouleschen Gesetzes ins Auge zu fassen. Man erkennt als dann sofort, dafs durch geeignete Anordnung und Dimensionirung der einzelnen den Leiterkreis bildenden Theile sich die Wärmeentwicklung’an einer Stelle beliebig steigern läfst, wenn man nur das Verhältnifs richtig wählt, in welchem die Widerstände R dieser Theile des Leiterkreises zu einander stehen. Diese dauernde Wärmeent wicklung mufs eine Temperatursteigerung des Leiters zur Folge haben, welche so lange fortgeht, bis die in Form von Strahlung und Leitung stattfindende und der Temperatursteigerung ent gegenwirkende Abführung von Energie der Zu führung das Gleichgewicht hält, wodurch der stationäre Zustand bedingt wird. Die von der Oberfläche des Leiters ausgestrahlte Energie setzt sich nach Ueberschreitung einer gewissen Tem peratur, etwa 500 0 G., für unser Empfindungs vermögen aus zwei Theilen zusammen, den dunklen und den leuchtenden Strahlen, wobei das Ver hältnifs der letzteren zur Gesammtstrahlung mit der Temperatur zunimmt und zwar nicht nur einfach proportional, sondern bedeutend rascher. Während nun aber bei der elektrischen Schweifsung diese Lichtwirkung nicht erstrebt, sondern nur die starke locale Wärmeentwicklung technisch verwerthet wird, ist umgekehrt bei der elektrischen Beleuchtung das technisch verwerthete und in seiner Wirkung möglichst gesteigerte dieser zweite höhere Grad der von der Stromwärme erzeugten Erhitzung, die Wärmeentwicklung hingegen wird als ungewollte aber nothwendige Begleiterscheinung mit in den Kauf genommen. Besteht der Leiterkreis nicht durchweg aus festen, sondern an einer Stelle aus einem flüs- 3