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Ueber die Untersuchung des Gufseisens. Nach Thomas D. West und W. J. Keep. Trotz der bedeutenden Fortschritte, welche die Stahlgiefserei in den letzten zwanzig Jahren gemacht hat, und trotz der zunehmenden Ver wendung des Stahlgusses für mannigfache Zwecke ist dieser doch nicht imstande gewesen, die Be nutzung des Gufseisens — im ganzen genommen — zu schmälern. Aus bekannten Gründen ist auch nicht zu erwarten, dafs dieses jemals geschehen werde, wenn auch für einzelne Gruppen von Gufswaaren das gegossene schmiedbare Metall — der Stahl — entschieden den Vorzug verdient. Während aber in früherer Zeit der Betrieb der Eisengiefsereien fast nur auf Erfahrungs grundsätzen beruhte, häufig sogar lediglich den Händen eines wissenschaftlich ungeschulten Meisters übergeben war, hat man auch auf diesem Ge biete in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr die Bedeutung erkannt, welche ein wissenschaft liches Streben für jeden Betriebszweig besitzt. Man hat die Eigenschaften des Gufseisens und ihre Abhängigkeit von der chemischen Zusammen setzung sorgfältiger als früher untersucht, hat die Ursachen der auffälligen Abweichungen in dem Verhalten des Gufseisens, je nachdem es langsamer oder rascher erstarrt, mit Erfolg zu er gründen gesucht, hat die Vorgänge beim Schwinden des Metalls und ihre Folgen für das Gelingen des Gusses einer eingehenden Betrachtung unter zogen, und so fort. Wir Deutschen dürfen uns rühmen, einen nicht geringen Antheil an diesen wissenschaftlichen Errungenschaften zu besitzen, ja, vielleicht den ersten Anstofs zu dem Bestreben gegeben zu haben, die Wissenschaft für den Giefsereibetrieb nutzbar zu machen. Ich brauche nur an die bahnbrechenden Arbeiten Karstens in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts, an Dürres Bemühungen zur Schaffung einer wissenschaft lichen Unterlage für den Giefsereibetrieb, an die in den siebziger Jahren auf Veranlassung rheinisch- westfälischer Eisenwerke angestellten Untersuchungen über die Eigenschaften zahlreicher Sorten Giefsereiroheisens, an Jüngsts Versuche über die Verwendung von Siliciumeisen in der Giefserei zu erinnern. Als besonders regsam in dem gleichen Bestreben haben sich, zumal in der neuesten Zeit, auch die Amerikaner erwiesen, und verschiedene nützliche Hinweise verdanken wir den Forschungen, welche nordamerikanische Giefsereileute — theils aus eigenem Antrieb, theils auf Veranlassung von Fachvereinen — an stellten. Zwei Nordamerikaner, deren, in der Ueber- schrift genannte, Namen den Lesern von »Stahl und Eisen“ schon aus früheren Veröffentlichungen erinnerlich sein werden, waren es auch, welche auf der letzten Versammlung des „Iron and Steel Institute“ Vorträge über die Eigenschaften und die Prüfung des Gufseisens hielten. West bezog sich zunächst auf seine früheren, über diesen Gegenstand gemachten Veröffent lichungen und stellte für die Anfertigung der Probestäbe im wesentlichen dieselben Regeln auf, welche in „Stahl und Eisen“ 1894, Seite 909 bereits mitgetheilt worden sind. Insbesondere betonte er die Nothwendigkeit, die Stäbe stehend zu giefsen. Bei liegend gegossenen Rundstäben von 281/2 mm (11/s Zoll) Durchmesser, welche in ganz derselben Form aus ganz demselben Eisen gegossen wurden, fand er Unterschiede in der Bruchbelastung bis zu 400 Pfund,* je nach dem die eine oder andere Seite bei der Prüfung der Belastung ausgesetzt wurde. Mehrfach ist — auch von namhaften Fach leuten — die Behauptung ausgesprochen worden, dafs stehend gegossene Stäbe keine zuverlässigen Ergebnisse zu liefern befähigt seien, weil sie verschiedene Dichtigkeit oben und unten besäfsen. West hat bei keinem seiner Versuche eine Be stätigung dieser Ansicht entdecken können. Um jedoch eine noch gröfsere Sicherheit für die Be antwortung der Frage zu erhalten, wurden von einem 1,98 m (61/2 Fufs) langem, 76 mm(3 Zoll) starkem Eingusse, vom Gusse einer Blockgufsform herrührend, zwei Probestücke abgetrennt, das eine im Abstand von 150 mm (6 Zoll), das andere im Abstand von 1525 mm (5 Fufs) vom oberen Ende. Nachdem beide Stücke sorgfältig bearbeitet worden waren, wurde im Laboratorium der Gase School of Applied Science zu Cleveland ihr specifisches Gewicht bestimmt. Es ergab sich für das obere Stück 7,0568 » » untere » 7,0414 Das obere Stück war demnach noch etwas dichter als das untere; jedenfalls waltet kein wesentlicher Unterschied ob. Das gleiche Er- gebnifs lieferten verschiedene Ermittlungen, welche beim Gufs von Geschützen angestellt wurden, um das specifische Gewicht des beim Gufs oben und unten befindlichen Theils des stehend ge gossenen Geschützes zu vergleichen. Die Ver suche sind in einer Schrift: „Our Share in Goast Defence“ mitgetheilt, welche von der „Builders Iron Foundry“ veröffentlicht worden ist; West entnimmt daraus die nachstehenden Ziffern: * Vermuthlich bei 305 mm (12 Zoll) freier Auf lage. Eine nähere Angabe fehlt.