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■ 15. October 1895. Vierteljahrs-Marktberichte. Stahl und Eisen. 979 Vierteljahrs-Markt berichte. (Juli, August, September 1895.) I. Rheinland-Westfalen. Düsseldorf, 10. October 1895. Die in der allgemeinen Lage eingetretene Besserung, die wir in unserem vorigen Vierteljahrs- Marktbericht feststellen konnten, nahm in den Monaten Juli bis September stetig zu, so dafs es den Werken kaum möglich war, der Nachfrage zu genügen. Aber seit Jahren war die Physiognomie des Marktes zu Anfang und zu Ende einer Berichtsperiode nicht so grundverschieden, wie im verflossenen Vierteljahr. Als wir nämlich im Juli eine bessere Stimmung fest stellten, mufsten wir zugleich darauf aufmerksam machen, dafs eine Preissteigerung im allgemeinen nicht eingetreten sei. Es herrschte eben damals trotz der etwas besser gewordenen Beschäftigung die Befürchtung, dafs die niedrigen Preise noch länger anhalten würden. Aber diese Befürchtung ist nicht zur Thatsache geworden, vielmehr trat schon gegen Mitte des Vierteljahres und namentlich gegen Ende desselben ein allgemeines Steigen der Preise ein und zwar so wohl für Fertigfabricate wie auch für Halberzeugnisse, wobei freilich nicht übersehen werden darf, dafs ein sofortiger Nutzen aus diesem Steigen den wenigsten Producenten erwachsen ist, da bei Eintritt der Besserung grofse Abschlüsse zu den niedrigeren Preisen bereits bestanden. Dem Zuge der Zeit folgend, haben in ver schiedenen Zweigen des Eisengewerbes die Betheiligten sich zu gemeinsamer Preisstellung zusammengefunden; wie weit diese zeitweiligen Zusammenkünfte zu ge festigten Verbänden führen, bleibt abzuwarten. Die Lage des Kohlenmarktes zeigte in den Monaten Juli und August gegen das vorangegangene zweite Vierteljahr wenig Veränderung. Wenn auch die für die Industrie bestimmten Kohlensorten im ganzen gut gefragt waren und der Absatz in den selben eher eine Zunahme als eine Abnahme zeigte, so war dagegen der Versand in Hausbrandkohlen entsprechend der Jahreszeit noch immer schleppend und unbefriedigend, so dafs die vom Syndicat be schlossene Einschränkung sich als nothwendig erwies und durchgeführt werden mufste. Infolge dieser Ein schränkung wurden bei der stets fortschreitenden Leistungsfähigkeit in der Förderung auf den meisten Zechen häufiger Feierschichten erforderlich. Die Lage besserte sich im Laufe des Monats September, der Absatz wurde lebhafter und wäre sehr wahrscheinlich eine volle Beschäftigung ohne Feierschichten möglich geworden, wenn nicht ein ungewöhnlich starker Wagenmangel eingetreten wäre, welcher zeitweise so einschneidend wurde, dafs einzelne Zechen gänzlich ohne Wagenzufuhr blieben und trotz genügender Aufträge gezwungen waren, die Förderung einzustellen und ihre Arbeiter feiern zu lassen. Auch den Hütten werken war dieser Wagenmangel schädlich, da die selben stellenweise bezüglich der Kohlen von der Hand in den Mund zu leben gezwungen waren. Sind auch inzwischen seitens der Kgl. Staatseisenbahn verwaltung durch zeitweilige Aufhebung der Sonntags ruhe u. s. w. Mittel ergriffen worden, um dem schlimmsten Wagenmangel abzuhelfen, so haben die selben dennoch nicht vermocht, gänzliche Abhülfe zu schaffen. Es rächt sich jetzt, dafs die Neu beschaffungen dem Bedarf nicht vorangeeilt sind, sondern ihm erst folgen, was zumal bei Verkehrs einrichtungen stets von unangenehmen Folgen be gleitet sein mufs. Für Koks zeigte sich entsprechend der besseren Beschäftigung in der Eisenindustrie lebhaftere Nach frage und wird daher die bisherige Einschränkung der Erzeugung von 20% monatlich für die nächsten Monate wesentlich herabgemindert werden können. Auf dem Erzmarkt war der Absatz im Sieger lande im Juli und August noch schleppend, dagegen besserte sich die gesammte Marktlage im September, so dafs der Beschlufs der 20procentigen Einschränkung der Förderung aufgehoben werden konnte. Die Verlängerung der Verkaufsstelle scheint allem Anschein nach gesichert zu sein. Die Lage des Roheisenmarktes hat sich im Laufe des Monats September wesentlich verändert. Die Nachfrage war eine so lebhafte, dafs die Hütten werke nicht in der Lage waren, das verlangte Quantum zu liefern. Diese Nachfrage erstreckte sich auf alle Sorten. Die Erzeugung von Giefserei- und Hämatit-Roh eisen stieg im vergangenen Vierteljahr von Monat zu Monat ziemlich stark, noch stärker aber der Ver sand, so dafs die Vorräthe erheblich zurückgegangen sind. Die gethätigten Lieferungsabschlüsse waren sehr umfangreich; die noch nicht erledigten Verkaufs mengen zeigen eine höhere Ziffer, als es seit mehr als Jahresfrist der Fall gewesen ist. Die Verbands preise wurden am 12. September er. um 2 « für die Tonne erhöht. Im Siegerlande trat zum erstenmal seit langer Zeit Amerika als Käufer für Spiegeleisen auf, und wurden gröfsere Posten nach dort verkauft. Weitere Anfragen von dort liegen noch vor. Die rheinisch-westfälischen Hütten haben ihre Verkaufsstellen (für Giefsereiroheisen, für Thomas roheisen und für Qualitätspuddel- und Stahleisen) bis Ende 1896 verlängert; im Siegerlande verhandelt man noch über die Verlängerung. Der Stabeisenmarkt hatte zwar zu Anfang Juli bereits eine nicht unwesentliche Zunahme der vorliegenden Arbeitsmenge zu verzeichnen; dennoch dauerte es bis weit in den August hinein, ehe die Walzwerke es wagen mochten, eine recht zaghafte, geringe Preiserhöhung zu verabreden. Der Erfolg hat gezeigt, dafs die Nachfrage das Angebot in der That bereits weit stärker überwog, als allgemein an genommen worden war. Am Schlüsse des Viertel jahres war die Beschäftigung der Werke bereits er heblich lebhafter geworden, und die Preise sind zum mindesten dem untersten Stande entrückt. Auf dem Drahtmarkte ist es erst gegen Ende des Vierteljahres besser geworden. Eine wesentliche Rolle scheint dabei der Um stand zu spielen, dafs Nordamerika, welches in An betracht der raschen Zunahme seiner eigenen Hervor bringung kaum noch als dauernder Abnehmer be trachtet worden ist, auf einmal und in nicht unbe trächtlichem Mafse als Käufer auftrat. Die Marktlage ist zur Zeit eine befriedigende, und haben sich dem- gemäfs die Preise sowohl für Walzdraht wie für ge zogenen Draht, Stifte u. s. w. mäfsig aufgebessert. Da für den Grobblechmarkt der Schiffbau aufserhalb des Zollgebietes der Hauptconsument ist, so war eine Besserung in der Geschäftslage für die inländischen Werke weniger fühlbar. Inzwischen