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830 Stahl und Eisen. Berichte über Versammlungen aus fachvereinen. I. September 1895. tigt. Die heutzutage wenig gebrauchten Sorten von (A) dreikantigem (Sectoral) Eisendraht und einzelne gröbere Sorten Runddraht beziehen die deutschen Kratzenfabricanten vorwiegend aus der Gegend von Iserlohn, feinen Eisendraht zum grofsen Theile aus England. In beachtenswerthem Umfange hat seit einiger Zeit auch eine westfälische Act.-Ges. sich der Herstellung von rundem Kratzendraht zugewandt. Mit patriotischer Befriedigung mufs man es begrüfsen, dafs ein erfolgreicher Wettbewerb hinsichtlich der Herstellung dieses Halbfabricates besteht, da dessen Beschaffenheit oder Vervollkommnung für die deutsche Kratzenindustrie von überaus grofser Bedeutung ist. Aufser den genannten Drahtsorten werden auch ver zinnter Eisen- und Stahldraht, Messingdraht, Alumi niumdraht, die beiden letzteren Sorten in sehr ge ringem Umfange, verwendet.“ Die Nadelindustrie in Aachen hatte im Jahre 1894 einen Drahtverbrauch von 771 984 kg und eine Erzeugungsmenge bei Nähnadeln .... von 3082485 Tausend Nähmaschinennadeln . , 64212 „ Stecknadeln .... » 1263687 " und anderen Nadeln . „ 31620 , mit einem Gesammtwerth von fast 6 Mill. Mark. In Aachen beschäftigt die Industrie 32 Fabriken. Die Fabrication setzt sich aus einer Reihenfolge von Manipulationen zusammen, die früher mehr oder weniger von Hand geschahen, aber jetzt mehr und mehr auf maschinellen Einrichtungen sinnreicher Art sich vollziehen. Nichtsdestoweniger spielt die Finger fertigkeit stets noch eine grofse Rolle in der Nadel- Fabrication, so dafs die Heranziehung und Erhaltung der Arbeitskräfte von hervorragender Bedeutung ist. Iron and Steel Institute. Das Herbst-Meeting fand in den Tagen vom 20 bis 23. August in Birmingham statt, merkwürdiger weise seit Bestehen des Institutes zum erstenmal in dieser Stadt; es wurde vor 20 Jahren zwar Birmingham von dem Iron and Steel Institute einmal berührt, aber damals die Hauptversammlung in Dudley abgehalten. Birmingham ist nach Manchester die gröfste Fabrik stadt Englands, steht indefs hinsichtlich der Verarbeitung von Eisen in erster Linie. In zahlreichen Fabriken wird die Fabrication von Ketten (131), Ankern (22), Schrauben und Muttern (81), Schlössern (252), Schlüsseln (140), Nägeln (235), Nadeln (126), Waagen und Ge wichten (250), Nähmaschinen (30), Federn (14), Betten j (48), Gewehren (424), Dampfhämmern (12), Prefswaaren | (23) u. s. w. betrieben. In der Nachbarschaft liegen viele Eisen- und Kohlengruben, welche schon vor Jahren zu einer umfangreichen Fabrication von Schweifseisen geführt haben, jetzt aber in nieder gehendem Zustand sich befinden. Während Süd- Staffordshire im Jahre 1871 noch 165 Hochöfen, von denen über 100 im Betrieb waren, besafs, ist letztere Zahl gegenwärtig auf kaum '/t, zusammengeschrumpft. Ebenso ist die Schweifseisenindustrie stark zurück gegangen, welche in ihren besten Tagen in dem ge nannten District 2500 Puddelöfen zu verzeichnen hatte, während sie heute nur die Hälfte hiervon in mehr oder weniger regelmäfsiger Beschäftigung hält. Die Werke fabriciren hauptsächlich Stabeisen aller Art, Bleche, Band- und Formeisen, aufserdem viele Specialeisen. Die basische Stahlfabrication wurde in dem District durch eine Fabrik vor etwa 12 Jahren eingeführt, ferner haben einige Werke den basischen Martinprocefs neuerdings aufgenommen. Der Orts-Ernpfangs-Ausschufs, an dessen Spitze Sir Benjamin Hingley und Arthur Keen standen, be willkommneten im „Council House“ in Gemeinschaft mit dem Mayor der Stadt die erschienenen Mitglieder und Gäste, worauf alsdann der Vorsitzende des In stitutes Sir David Dale antwortete. Bevor derselbe sodann seinen Stuhl einnahm, bemerkte er, dafs er, ehe er in die Tagesordnung eintrete, auf eine An gelegenheit zurückzukommen wünsche, welche vor kurzem die Oeffentlichkeit beschäftigt habe. Er be ziehe sich auf den Besuch, welchen kürzlich die Ab ordnung einer englischen Gesellschaft belgischen und deutschen Stahlwerken abgestattet habe. Man solle nicht vergessen, so führte Sir David aus, dafs das Iron and Steel Institute nicht das British Iron and Steel Institute, sondern eine internationale Vereinigung sei, und wenn es ganz zweckentsprechend sei, dafs die Eisengewerbe der verschiedenen Länder ihre eignen Organisationen zur Vertretung ihrer Sonder- Interessen hätten, so habe das Iron and Steel Institute nicht diesen Charakter, sondern den einer inter nationalen Gesellschaft, welche sich nicht mit Lohn oder Wettbewerbsfragen, oder anderen Dingen als solche, welche allen Mitgliedern der Welt gemein schaftlich seien, beschäftige. Er wünsche daher fest zustellen, dafs die kürzliche Expedition in keiner Weise mit dem Iron and Steel Institute verknüpft gewesen sei und dafs diese Vereinigung; deren Prä sident er zu sein die Ehre habe, für jenes Vorkomm- nifs nicht verantwortlich sei.* * Wenngleich wir unsererseits niemals daran ge dacht haben, mit vorgedachter Abordnung der „British Iron Trade Association“ das „Iron and Steel Institute“ in Zusammenhang zu bringen, so sind uns doch von mancher Seite Andeutungen über solche V erwechslungen begegnet, und werden daher die ebenso taktvollen wie zutreffenden Darlegungen von Sir David Dale auf das dankbarste begi üfst werden. Wir heben an dieser Stelle ausdrücklich hervor, dafs die in unserer letzten Ausgabe geübte Kritik sich allein auf den von uns in Uebersetzung wieder gegebenen Leitartikel der „Iron and CoalTrade Review“ vom 9. August bezog — im übrigen hat uns deren Abordnung und deren Auftreten in Deutschland keinen Anlafs zu irgend einer Bemerkung gegeben. Die Schilderung in genannter englischer Fachzeitschrift, gegen welche wir uns allein wandten, weil sie in die bisherige Harmonie der internationalen Beziehungen einen schrillen Mifston zu bringen drohte, müssen wir, da sie das Organ der „ British Iron and Trade Association “ und Mr. Jeans als ihr Redacteur thätig ist, aber so lange für richtig halten, bis eine authentische Auf klärung über den Sachverhalt erfolgt ist, und ferner abwarten, was in dieser Hinsicht die „British Iron Trade Association“ beschliefst. Die Veröffentlichungen, welche seither durch Mr. Jeans in der „Times“ und in der „Iron and Goal Trades Review“ vom 24. August erfolgt sind, können wir, da sie sich durch die Ausführungen des letzt genannten Blattes widerlegen, unberücksichtigt lassen bis auf den einen Punkt, dafs bei der Abordnung zwei deutschsprechende Mitglieder sich befanden. Wir nehmen hiervon entsprechend Kenntnifs, bitten aber festzuhalten, dafs bei einzelnen Gruppen der Abordnung Deutschredende n i c h t waren. Ferner sind über die Angelegenheit seitens der hochangesehenen englischen Eisenindustrielien Sir B. Samuelson und Sir Benjamin Hingley Zuschriften in der „Times“ vom 20. August erschienen. Beiden Einsendern ist offenbar der famose Leitartikel der „Iron and Coal Trades Review“ unbekannt geblieben; die freimüthige Darlegung ihrer Anschauungen über den internationalen Verkehr, denen die deutschen Eisenhüttenleute ganz und voll beipflichten werden, ist ebenso dankbar zu begrüfsen wie die Erklärung Dales. Die Redaction.