Volltext Seite (XML)
Letdlatt zu Nr. 277 d« „LSchfischeu LrzSHIer- Lv«Wta«ff Le-r-UeF«»-» Ar ttßtl ItkMl VkMtl. r«ch W« tWe Urtelstn UW FLuumch in FteUrzlU kU UU» Acht, W> MÜk» U», tU Uiüt» vch Wh kdü, M U U> wchttt» Urj« A«z«IcheI»» AxiAirUr, hie Ur WetUechtrua» xhi UW, - W» WW iU At» UtlWsch U»Ie Wcht, «» «ttt» A», W «Wcha stttz Wcht.. »Uli! MW! »tlhel« Ilhte» lSchal'VUUrhtM-«.) Advent Die Funken sprühen im Kamin. Durch,frühe Dämmerschleier ziehtt L^WMsMMLU». Es schimmert golden, hell und rein Vonfern ein lieber Kerzenschein Und raunt, daß auf verschneitem Pfad < Der Weihnacht Zauber wieder naht. ES klingt mit holder Lieblichkeit Ein froyeS Ahnen durch die Zeit Und mäht die Herzen still und weich Und froh und sehnsuchtSweit und reich. Fern hallt ein feiner Gloilenklang. . DeS ersten WeihnachtSlredes Klang Jauchzt wie ein lieber schöner Traum NuS Kindermunde durch den Raum. Er klopft mit seinem holden Bann An ie-^H HerzenS Pforte an . An» rau-^datz Nacht und Lew nicht ftymmt, , Well strMenhell die Weihnacht kommt. - Und weil auS Kerzenalanz und Licht Der ew'gen Liebe Gute spricht, Die gmwenvoll und marchenstill Uns ave bald nun segnen will . .. Felix Leo Göckeritz Johann Sebastian wird kühn... Bon Walter Persich Die geruhsame Stadt Arnstadt im Thüringischen erlebt eine Sensation. Heute hat der Reisewagen den Stadtorgani sten Johann Sebastian Bach zurückgebracht — nach einer Nr- laubSreise, die er eigenmächtig um ganze vier Wochen über die Zeit ausgedehnt hat! In Lübeck soll er gewesen sein, wo ein gewisser Buxtehude die Register zieht, daß Himmel und Hölle zugjttch sich vor den Gläubigen auftun, und mancher hochwich tige Kirchenwürdenträger, sich nicht klar darüber ist, ob der gefeierte Ma^ienkantor nicht ein wenig verdächtig heidni schen Unglaubens ist! Der Arnstadter Organist hat all die Wochen dem Spiel des großen Mannes gelauscht, er hat selbst Mut genug beseffen, sich an daS Pult der gewaltigen Orgel zu wagen, ist belobt worden wie keiner — ja, die Lübecker, die einen Nachfolger deS Greise- immer noch nicht gefunden haben, wollten ihn, Johann Sebastian, im voraus dazu er- nennen! Doch Bach ist juttg und voll himmelstürmender Hoff nungen, und die Tochter Buxtehudes steht schon in des Levens Lerhst. Sie müßte der Nachfolger des MarienkantorS allso- gleich ehelichen, und alS diese Frage allzuoft angeschnitten wurde, hielt eS Johann Sebastian doch für richtiger, sich sei ner Arnstädter Pflichten zu erinnern. Da ist daS hochwohllöbltche Konsistorium zusammengetre- ten. Sie schütteln die Ehrbaren Häupter, die erfahrenen Bür ger ArttstadtS, und nicht eine Stimme findet sich zur Bertei- digung de- Brausekopfes, der einfach fernbleibt Und Kirche und Stadt auf sein Spiel warten laßt. Ja, ja, eS liegt noch eine Reihe anderer Beschwerden vor, und so gern man Bach halten möchte, so nötig ist eS doch Wohl, ihm den Standpunkt flurzumachen. ES wird ein wichtiger Brief entworfen, er wird' geschrieben, registriert und versiegelt, und nun soll er überbracht werden. Darüber find auch wieder ein paar Wochen vergangen und der Klagen nicht weniger geworden! ES ist schrecklich aufgefallen, daß seit seiner Rückkehr daS sonst belobte Spiel deS Organisten viele wunderliche ,BariationeS" an die Lhoräle fügte, den«n die Stimmen der Gemeinde nicht ru folgen vermochten. „Rach dem", so fuhr daS Schreiben fort, „sei gar befremdlich, daß bisher gar nichts muficieret worden, dessen Ursache Er gewesen, weil mit den Schülern Er sich nicht comportieren wolle. Sodann hat er beim Präludie ren LiShero etwa- gar zu lang gespielet; nachdem Ihm aber vom Herrn Superintendenten deretwegen Anzeige geschehen, ist er gleich ins andere extremum verfallen und hat eS zu kurz gemachetl" Und nun soll er sich erklären, ob er wolle, wie er sclle, oder nicht, damit sonst „Jemand bestellet werden könne, der die-täte". Gewichtig zieht der Kirchendiener mit dem Schreiben loL 7° doch Johann Sebastian ist im Hause nicht mrzutreffen. Er habe sich in die Kirche begeben und studierte dort^ neue Cho ¬ räle, wird berichtet. Der Beauftragte begibt sich also zum Gotteshaus. Kaum in die Tür getreten- quellen und Wirbeln ihm wilde, tönende Akkorde entgegen, dann verebbt die Ton flut sacht, und zierlich, und eine Stimme hebt zu fingen an. Es ist eine sehr schöne, volle und warme Frauenstimme, die durchs Kirchenschiff schwebt, umrankt vom zierlichen Gespiel der gedämpften Orgel. Dem Diener mit dem Brief-wird fast andächtig zumute. Dann ist eine plötzliche Stille im höhen Raum — eine Stille, die wohl zwei Mensches brauchen, um einander tief und innig ins Auge zu blicken. Eine Stille, in der ein Mädchen erröten und ein Mann, langsam kühner werdend, lächeln und ihre Hatib nehmen kann. Schon will der Kirchendiener den Treppenabsatz zur Empore besteigen, da flüstern Stimmen, am Gemäuer entlang. Er kennt die Kirche, eS ist auch das leiseste Wort des Prediger- im letzten Winkel zu vernehmen- jq, eS ist zu verstehen, wenn der Organist m'.t gespitzten Lippen hem Chor den Einsatz gibt. Darum hört der Verwirrte auch, ttaS der junge Meister-Bach zu dem Mädchen sagt, daS eben noch sang. „Bärbel — Mädel!" sagt dieser offenbar ganz »»heilig gewordene Organist, „Deine Stimme! Sie ist für mich die schönste der Wett, Md magst du auch nicht kunstvoll fingen. Ja, war senkst du den Blick? Auch dein Auge ist für mich da schönste, klarste und verlockendste der" Welf. Deine kleine Hand — wie ist sie sanft Und warm! Es ist wohl nicht die Zeit für mich, so zu reden, denn die Arnstadter möchten mich am lieb sten fortiagen. Aber laß sie nur, ich werde ein großer Meister, den man überall in deutschen Landen aufnehmen wird. Der greise Buxtehude hat e- mir ehrlich gesagt. Du mußt meine Frau werden. Bärvele — komm, ich will endlich einmal dei nen schönen Mund spüren!" Und wieder ist eiüe lange Stille, die den Kirchendiener zwingt, sie zu beenden, indem er die Treppe hinauftrappt. Oben findet er zwei junge, glückliche Menschen, beide recht verwirrt, aber überstrahlt von einem großen Glauben an die Zukunft. Er entschuldigt die Störung, aber er müsse dem Herrn Organisten den Brief vom Konsistorie sogleich und eigenhändig übergeben. Und damit Gott befohlen! Nun ist der Arnstadter Kirchendiener kein Schwätzer und auch dem jungen Kantor wohlgesonnen. Aber ist eS nicht eine Entheiligung, in der Kirche ein Mädchen zu küssen? Der Pastor lobt den Pflichtbewußten. Er selbst ist ein lebens froher, beleibter Herr, der einen Schwank versteht, und er spricht mit viel Behagen von dem neuen Schelmenstück deS Bach bei Tische, worauf denn Arnstadt schon am Abend weiß, daß Johann Sebastian sich heimlich mit seiner zu kurzem Aufenthalt "ins Städtchen gekommenen Base Maria Babara verlobt hat. Es ist sichtbar, diese- Getuschel, da- von Hau- zu Haus läuft, und das Donnerwetter, da- sich über den Häuptern beider Liebenden ballen wird. Verwundern muß es nur, daß nicht- am gleichen und am Tage darauf geschieht. Man nimmt schon am, daß der Herr Pastor den Wildfang still ins Gebet genommen habe und ein BesserungSgelöbniS emp fangen — doch nicht einmal den bösen Brief der weisen Kir chenräte beantwortet Bach. ES ist schon alle- gleich, denkt er; Mal muß ich doch fort auS dem Städtchen, und Vesser ist, mit Gewalt und Krach, al- gar nicht! Wie nun' eigentlich der Herr Superintendent davon er fahren, man weiß eS nicht. Genug, er macht sich auf den Weg in- Bachsche Hau-, will er doch die ungezogene Person, die Base selbst, einmal gehörig abkanzeln und sehen, ob der Bach nun seinen Abschied verlangt oder klein beiglbt. Erstaunt blickt er auf. Ein reitender Kurier rast, und just vor dem HauS, da- auch sein Ziel ist, springt er vom Werde. AlS der würdige Herr Einlaß bekommen hat, steht ihm Bach mit lustigen AUgen gegenüber, einen soeben geöffneten Brief in der Hand. Er hört still die Standpauke an und wie von Ungefähr tritt grab da-Ba-chen inS Zimmer, alS der Superintendent zu schwelgen begonnen, weil er wirklich nicht mehr zu sagen weiß. Der Organist legt seinen Arm um die Schulter deS Mäd chen-. ,Ln aller schuldigen Ehrfurcht!" sagt er zum Superin tendenten ,Lsth habe gefehlt — aber ich will alles gutmachen. Nur nicht so, wie Arnstadt möchte! DaS Bärbel da ist meine Berlo'. te und wird" mein Weib, und wir werden Gott dienen in unserer treuen Ehe! Außerdem aber will ich die schönste Musik schaffen, die je erklang — und hier ist der Brief; an der Orgel der BlafiuSkirche der Freien Stadt Mühlhausen werde ich in allen Zungen den Herrn Preisen. DiÄ ist die Ein ladung. ES hat sich schnell herumgesprochen, daß ich in Arn stadt fehl am Plätze biü!" Wunder der Liebe Eine Geschichte von Cedric William von Babo». Dumpf rauscht der Wald, vom Herbst überwältigt. Der ist hier zwischen den Mooren wie ein schweres Geschick. In un aufhörlich stürzenden Regengüssen weicht er die Wege auf, füllt alle Gräben und Torflöcher mit Wasser, wandelt die tie fergelegenen Brüche zu einem See, und wenn er lange in die ser Art anhält, kann man befürchten, daß er von den armseli gen Feldern die geringe Ackerkrume abschwemmt. Bruck ging vor die Lütte, um nach dem Himmel zu sehen. Vielleicht wurde eS ihm plötzlich in der Stube zu eng, wo die Mutter, klaglos ihr Leiden tragend, im Lehnstuhl hockte. Ihm war, als fühle er den bittenden Blick ihrer großen blassen Augen wie eine Last auf den Schultern. ,glommt einer den Weg daher, könnte es Niels sein?" Thomas Bruck lachte hart. Niel-, der leichtsinnige Bruder, dem da- schwere Leben »m Moor nicht gefiel, der sich aufmachte in die Welt, keiner wuß te, wohin . . . .! „Natürlich", sagte Thomas mit herabgezogenen Mund winkeln, „eS ist ja auch da- Einfachste, das Leben, mit dem man nicht fertig wird, im Stich zu lassen. Aber das dürfen immer nur die Jüngsten. Wir Erstgeborenen müssen aushal ten wie die BiiUme, wo wir hingestellt sind, und wäre eS im Moorwasser selbst." Johanna sah groß und still in die Baumkronen, die sich schüttelnd im Winde bogen. „Ich weiß nicht, von wem du sprichst", sagte sie ruhig. ,Bon Niel- natürlich", stieß er trotzig hervor. Dann wurde er sehr still unter ihrer dunklen Stimme, obwohl sie nur sagte: „Du mußt nicht so von ihm sprechen, Thomas — so Und wieder sahen sie schweigend zu den mächtigen Stäm men u»d Kronen des Walde- auf, die keine zehn Schritte von der Kate begannen, die Aussicht versperrten und wie die Brandung einer fernen See rauschten. Auf der anderen Seite lag, von Nebeln grau überzogen, in endloser Einsamkeit da- Moor. Wer hinüber will, muß die Wege gut kennen. ES hüt schön mehr alS einen verschluckt. „Die Mutter sagte heute", Johannas Stimme hatte etwa- qütevoll Schwingende-, das ThomaS mit Herzklopfen aufhor chen ließ, Und doch sprach sie auf eine besondere, fast ferne Art, ,chie Mutter sagte heute, sie wove gern und ruhig ster ben, wenn sie Niels noch einmal wiedersahe. Sie würde nicht eher von ihrem Leiden erlöst, als bis er Heimkehre-" Thomas Bruck starrte daS Mädchen wie verstandniSlo- an. „So? Hat sie daS gesagt — meine Mutter?" Ersah den Weg übers Moor entlang. Sein Mund zuckte. In der Nacht kam ein starker Wind auf. ThomaS hatte im vergangenen Herbst daS Dach der Kate mit Steinen beschwert. Deshalb also brauchten sie nicht zu Wachen. Von der Mütter war Thoma- eS ja gewohnt, daß sie in solchen Sturmnächten nicht zur Ruhe kam. ES könnte einer überS Mooe kommen und um Beistand rufen. O ja, es kamen manche Und da war der Grund, weshalb ThomaS selbst in solchen Nächten wachte: die anderen. Einer muß auf der Hut sein. Einer, der in Wald und Moor zu Hause ist wie in seinen eigenen vier Wänden. Daß er in solcher Nacht keine Ruhe fand, war in der Ordnung. Aber Johanna? Er wagte kaum, in ihr Helle- Ge sicht zu blicken. Seine großen Hände zitterten, als er die Lampe ans Fenster setzte, damit ihr Schein vom Moor her zu sehen war. Die Scheiben klirrten in Sturm und Regen. Manchmal trat eine jähe Stille ein, so, als müsse der Wind neuen Atem schöpfen. Dann horchte Thomas angestrengt in- Weite. Di» Mutter und Johanna sprachen flüsternd mit einander. Thoma- hörte, daß die Mutter aus NielS Kinder« tagen erzählte. „Still", befahl Thomas hart, „still Aber eS war der Wind, der neu einsetzte. „Ich höre sie ja", mur melte Thomas, sich selbst beruhigend, „ich kann mich darauf verlassen. Ich höre sie lange vorher. Und wenn ihr Ruf bis zur Hütte und den anderen dringt, bin ich schon immer unter wegs gewesen —." Da kam eine Stimme aus der Nacht. Ein langgezogenes Klagen. Die Frauen aber starrten Thomas mit Weißen Ge sichtern an. „ThomaS, Thomas", rief die Stimme. Aber ThomaS schüttelte den Kopf. Alle Stimmen zwischen Moor und Wald riefen ja in der Not seinen Namen. „Es ist nur ein abge sprengter ziehender Wildschwan, die kommenden Nächte wer den voll sein von Bogelstimmen." Und dann nahm er plötzlich doch die Laterne und ging aus der Stube, ohne den Frauen ein Wort zu sagen. Johanna sah — die Mutter trugen die lahmen Füße nicht mehr zum Fenster hin —, wie daS rötliche Licht der Laterne schwankte, hin und her tanzte und weiter und weiter ins Dunkel der Einsamkeit entglitt. „Wer es Wohl diesmal sein mag?" fragte Johanna bang. „Wenn Thomas geht, ist er schon halb ge rettet." Nein, um ThomaS war sie nie in Angst. Es mochten gut drei Stunden vergangen sein, alS sie ihn zurückkommen hörten. Nein, es waren zwei Fußpaare auf dem gestampften Lehmboden der Küche. Johanna, die neben der alten Frau ein wenig eingenickt war, hob mit heißen Wangen den Kopf. Thomas Mutter aber umkrampfte die Armlehnen deS Stuhles, alS müsse sie sich zu etwas Ungeheu rem sammeln. « Da öffnete Thomas die Tür. „ES ist NielS", sagte er ruhig und schwer. „Ich habe Niels mitgebracht." — ,MelS?l" schrie die Mutter und hob die Hand, als blende sie ein übergroßer Glanz. „Niels?" flüsterte Johanna. „Ja, NielS", sagte ThomaS noch einmal und sah mit trübem Blick in Johannas leuchtendes Gesicht. Und dann starrte er die Mutter an. Sie stand. Auf ihren gelähmten Füßen stand sie. „Wo ist NielS?" fragte sie mit kindlich hoher, zitternder Stimme. Bitternis legte sich um ThomaS Mund. „In der Küche. Er wascht sich. Obwohl ich nicht ganz be greife, we-halb einer, der eben auS Todesgefahr kommt, so sehr um sein gute- Aussehen besorgt ist." Aber die beiden Frauen hörten ihn nicht mehr. Aus der Schwelle stand ein braungebrannterMnsch mit blanken Augen und Zähnen und fröhlichem Lachen. Er stürzte seiner Mutter entgegen. Und sie — die Wolldecke auf ihren Knien fiel zu Boden — sieging. Auf ihren gelähmten Füßen ging ste. Da nahm ThomaS noch einmal in dieser Nacht seine La terne «ud verließ die Hütte. In den Wald ging er, wo nur