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Rechte,» weit aus und machte eine breite Bewegung über den Akt» markt hi»: „Wi* da, hämmert und seilt und lärmt und bastelt und sich freut! Unser liebes Dresden steht aus wie der Redoutensaal Deutschlands, habe ich recht oder nicht?" Eckstädt lachte. „Er hat immer recht, lieber General. Und unser Kurprinz heiratet sa auch nur einmal eine kaiserliche Prin zessin. Er steht ja, Last' di« ganze Stadt mitheiraten will." „Und erst meine Soldaten, Gras! Waren Eie schon an der Elbe und auf der Vogelwiese? Ich sage Ihm, die Prinzessin Ma ria Josepha von Oesterreich soll Auge» machen, wenn sie die Eol- daien chres kurpttnzlichen Herr» Gemahls erblickt. Man steht vor lauter Uniformen nicht mehr, dost di» Wiesen mün find. Mit sol chen Truppen haue ich noch einmal den Erdball in Stücken!" „Um Gottes wllbm, rersthieben Sie Las bi» nach de» Fest lichkeiten, Kyau! Er bleibt doch ei» alter Raustold. Aber in Len Flitterwochen müssen die Waffen rosten. Warum freite Er auch Nie ein Weib?" Und Kyau hieb luftig mit der Faust durch die Lust: „Weil ich dann niemals geschmeckt hätte, wie vortrefflich auch al» Waffenstillstand munden kann!" Nur schreiend vermochten die Herren sich M oerstänlllgeir. Die ganze Stadt glich in Wahrheit einer einzigen Werkstatt. Und voll- eittts der Alle Markt schien über Nacht sich in Amphitheater verwandel» zu wollen. Friedrich August feierte den Einzug des ^Neuvermählten Kurprinzenpaares. In Dresden wimmelte es von hohen Gästen aller Rationen, und die ResUuvz sollte beweisen, Last sie mit Wien und Pari» auf einer Stufe stehe und daß die Mnigliche Majestät de» Kurfürsten von Sachsen wohl in Wettbe werb treten könne mit dem Kaiser in Wien, uw» den Glanz -er Feste angehe und den Reichtum de» Landes. Tag und Rächt arbeiteten die italienischen Steinmetzen am neuen Zwingerbau Pöp- pelmanns, und der König selbst säst über den Entwürfen und Plänen zu den Feierlichkeiten, al» übe er auch da» verantwor- tuugsvolle Amt «in« Kanzlisten Rur «inen einzigen Menschen schien dies alles nichts weiter augehen zu wollen. Ha» höhnisch, halb wütend schritt er durch da» aufgeregte Gedränge der arbeitenden und gaffenden Men schen, seinen hohen Stock mit dem goldenen Zierknopf auf dem Rücken drehend wie ein Nichtstuer und Flaneur. Seine giftigen Rügen aber schaff« Blitze, und sein Gesicht war beständig rot an gelaufen, als habe er vor lauter Grimm sich in der Puderfarbe vergriffen. Da er nun auf den Alten Markt einbog, prallte er fast mit den beiden Herren zusammen. „Aber Mordax, Johann Siegmund, Direkteur des Pläsiers, was ist denn mit Ihm los?" stellte ihn sogleich der Kyau. „Er lLfft ja daher wie ein« verloren gegangene Goldfranse vom Ko stüm Seines ersten Helden! Schwingt da» Stöckchen in der Hand und geht spazieren, anstatt Seinen Akteurs die Rollen abzu hören?" Schnaufend hielt der Intendant an, machte gewohnheits mäßig seine tiefe Verbeugung und wollte den losen Spötter am liebsten erschlagen, den Trafen Vitzthum dazu und überhaupt je den, der ihm in die Quere lief. „Frage ich den General etwa, warum Er Seine Soldaten Allein exerzieren läßt?" antwortete spitz Monsieur Mordax. „Ueberdies soll es ja genug Leute geben, die befähigt sind, anderen Len Harlekin vorzumachem" Der General zog die Luft durch die Nase: „Auf den Fuß getreten, Mordäxchen? Was läßt Er sich denn graue Haare wachsen unter Seiner schönen weißen Perücke? Will Er Seinem alten Freund nicht sagen, wo der Schuh drückt?" Da keß Siegmund von Mordax seinen Stock mit dem gülde nen Knauf auf den Boden schlagen, wie der Donnergott seinen Keil: „Man hat mich an die Wand gedrückt, meine Herren, einfach in die Nische gestellt wie eine abgetakelte Kulisse. Fünfundzwanzig Jahre lang machte ich Komödien, inszenierte Festzüge, arrangierte Feuerwerke, komponierte Musica, schrieb Texte, tanzte Ballett — und auf einmal amüsiere ich die Herrschaften nicht mehr genug! Einen brandenburgisch-preußischen Geheimen Rat setzt man mir >uf die Nase als Zeremonienmeister, meine Herren! Johann von Besser heißt er. Besser wäre jedenfalls, er wäre nie geboren!" lind er hob seinen Stock auf und stand da wie «in strafender Zeus. Graf Vitzthum mußte plötzlich niesen, auf diese Weise konnte er wenigstens sein Lachen verbergen. Aber der kleine General langte zu dem langen Direkteur des Pläsiers hinauf, klopfte ihm auf die Schulter und sprach: „Weiß Er was, Mordäxchen? Schmeiß Er die Requisiten «einfach hin, und ergreife Er fortan das Gewehr! Soldaten gibt « nie genug auf der Welt!" „Exzellenz, »hedauxe, ich bin zu Scherzen nicht aufgelegt." Sieg mund schwoll an wie «in Puter. Irgendwie mußte er seinen Zorn «nttaden. lind „verdammter Bengel", hieb er km gleichen Augen blick mit seinem Stecken aus und traf einen semmelblonden kleinen Buben. „Siehst da denn nicht, daß dir die Silberquasten im Dreck schleifen!" Aber d« erscholl ein Donnerwetter, dem s»gar der General Kyau sich nicht aewachsen zeigte: „Kommen Sie, Gxaf, um Himmels willen, kommen Sie, sonst setzt es noch Prügel!" Und noch von weitem horten sie die kreischende Frauenstimme: „Was unterfängt Er sich, meinen Puden zu schlage«. Erl , Da» stad unsere Silberquasten, Er! Die Sikberquasten des seligen Carol Sinwart, Hutstaffierer und Hofmützenmacher, Erl Und ich bst» die Babette Arnekohl, Frau Geheimsekretarius ArnekM, he? Und wer ist Er, wenn man erfahren darf. Er Nichtstuer rnw Kkn- derverprügelerl" Doch Johann Sigmund blieb stamm wie ein Fisch. Nur ein mal schnappte er nach Lust, und «in hochnäsiges „Fwone" entwich seinen zufammengep-eßten Appen. Dann wandt« er sich ab und schritt eiligst unter erneutem Gezeter Frau Babettens in entgegen gesetzter Richtung von dannen. Die Arnekohlln aber richtete von neuem die Sikberquasten und tröstete den Eprößllnm den der nachstolpische Spätsommer ihr« ehrlichen Glück« mit Lamberten ihr endlich beschert hatte. Indessen wanderten Graf Vitzthum und General von Kyau di« Wilsdruffer Straße entlang und wandten sich dem Pirnaische» Tor zu. Unterwegs begegnete ihnen ein Zug Schweizer Gattie, große, breitschultrige Kerle in gelbblau gestreiftem Wams mit weiten PbtLerhosen und mächtigen Hellebarden in den Händen. ,Lvs ist die Kehrseite des Festes, Gtneral. Sie wissen, sogar die Bürgermiliz mußte mobil gemacht werden." Und der Graf beugt« den Kopf zum Ohre sein« Begleiters: „Mau munkelt allerhand von beabsichtigten Störungen der wegen der herrschenden Teuerung unruhig gewordenen Einwoh ner." „Papperlapapp!" brauste Kyau auf. „Königreiche lassen sich einmal nicht aus dem Boden stampfen, und eine kaiserliche Prin zessin kostet Geld. Was wollen denn die Leute? Der König und fein Hof trägt doch das Geld nicht hinaus aus dem Land, eher hin ein. Allen diesen Nörglern wünschte ich einmal «in halbes Jahr Polen! Dann erkennten sie, was Augustus Rex aus der Bretter bude Dresden gemacht hat. Selbst der große Friedrich Vitzthum Graf von Cckstadt wird längst tot und vergessen sein, dann begin nen Permosers steinerne Gottheiten, die Orangene und Päppel- manns kühne Bogen und kupferne Dächer erst zu leben. Und mit ihnen Augustus! Jedenfalls, Graf, ich plädiere eher für Vermeh rung der Schweizer Garde, wenn es auf andere Weise nicht geht." Sie kamen bis zur Elbe hinab, unterhalb des Belvedere Trotz dem man den 1. September schrieb, lag voll und heiß die Sonne über den Ufern, und der Fluß glänzte, wie ein Brennspiegel. In der leichten Brise des Morgenwindes schaukelte vor ihren ent zückten Blicken eine goldene Barkasse auf den Wellen, an der eben di« Wimpel hochgingen und letzte Hand an die Ausschmückung gelegt wurde. Auf dem Verdeck aber standen Alessandro Mauro, der Bühnenarchitekt des Hof«, und der Schiffsbaumeister Pas- quakino Tosato, wie zwei Schlachtenlenker bei der Kritik. „Matta Josefa" prangte es in großen elfenbeinernen Buchstaben am Bug der Gondel, deren goldener Leib auf einem riesengroßen, hölzer nen Delphin richte, der wie Ebenholz glänzte. An Bug und Heck erhoben sich leichte Lauben aus zierlichem Gestänge, und in der Mitte ruhte auf kunstvoll gedrehten Säulen ein gewaltiger Balda chin. An den Seiten der prächtigen Galeere ragten auch in drei Reihen übereinander gestaffelt die langen Ruder hervor. Türkische Tücher und bunt geknüpfte Teppiche hingen an der Gondel herab und boten in der Tat einen königlichen Anblick. „Na, alter Kamerad, bekommt man da nicht förmlich Luft, auch eine Prinzessin zu heiraten?" lobte Graf Vitzthum voller Begeisterung. „Unser Flemming fährt den Herrschaften heute noch bis Pirna entgegen, um sie dort morgen früh auf die Gondel' zu akkompagnieren. Des Kurprinzen hohe Frau Mutter mit ihrem gesamten Gefolge begleitet den Kanzler, während der König selbst mit seinen Offiziers und Regimentern auf der Vogelwiese der An- lünft des Schiffes harrt, um daselbst ein Frühstück zu reichen. Alsdann erfolgt erst der offizielle Einzug in Dresden durch die Schloßstraße." „Ja, ja", knurrte Kyau nur und schwieg. Doch der Graf schien seine Gedanken zu erraten: „Freilich, so festlich zog auch einmal unsere Christiane Eber- hardine hier ein. Ob Matta Josefa mit dem Kurprinzen glück licher wird, als sie? Es will scheinen, als schritten diese Frauen auf seidenen Teppichen in ihren goldenen Käsig. Tausende jubeln und beugen sich vor ihne» bei ihrer Ankunft, die Böller krachen, und alle Fahnen des Landes steigen hoch. Doch wehe ihnen, ehe ein Jahr verstreicht, leben sie einsamer, denn die unscheinbarste Bürgersfrau, Pflichten, kalter Glanz. Und der hohe Herr Gemoh zieht jede schöne Puppe dem eigenen Weib« vor." „Ach, Sentimentalitäten, Eckstädt! Vergessen wir nicht, daß Augusts Verhältnis zu Christiane Eberhardine sich zusehends von Jahr zu Jahr bessert." " (Fortsetzung folgt.) r « i r t r r c t u r- d st n L h s< 6 SI 1 D dl Ü1 I bi ch gi ft ge hc dc L> he ur sei ha hä sta Z° dei St Ve voi St Z« kür M