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Die alle Stadtschule iu Bischofswerda. (Anläßlich ihrer Weihe vor 70 Jahre».» Es hatte ein sonderbares Geschick über dem Bischofs werdaer Schulwesen gewaltet. Zwei Schulhäuser waren in Flammen angegangen, die beiden ersten, welche Bischofs werda überhaupt gehabt hat. Im Jahre 1543 hatte es das bischöfliche Privileg erhalten, eine Stadtschule zu führen. In Kürze wird sich also der Tag zum 400. Male jähren, an dem das Schulwesen unserer Stadt begründet wurde. Laß die Genehmigung vom Bischof kam, ist geschichtlich erklärlich. Einmal lag der Iugendunterricht in früheren Jahrhunder ten fast ausschließlich in den Händen der Geistlichkeit, Kirche und Schule waren damals nicht nur eng verschwistert, son dern bildeten beinahe einen sich deckenden Begriff. Zum an dern gehörte unsere Stadt dem Amt Stolpen zu, das von den Meißener Bischöfen regiert wurde; ihr Name erinnert ja noch ebenso an die alte Zugehörigkeit wie ihr Wappen. Daraufhin bauten die Bischofswerdaer ihr erstes Schul haus. Es wurde 1591 schon em Raub der Flammen. An seiner Statt erstand 1604 ein zweites, etwas größeres Gebäude. Zweihundert Jahre hat es gestanden. Ein hohes Akter! Da kam der große Brand vom 12. Mai 1813. Er legte die ganze Stadt in Asche, mit ihr die Schule. Die Bewohner hatten nötigeres zu tun, als sie sogleich wie der Zu erbauen. Erst einmal wollten sie selbst ein Dach über dem Kopfe haben. Und so konnte man denn erst drei Jahre später an die Errichtung eines neuen Unterrichtsge bäudes denken. Es war das dritte und dasjenige, wel ches durch das Schulhaus abgelöst wurde, dessen wir heute gedenken. Am 26. Januar 1816 wurde es — noch erst halb fertig — bezogen. Diese alte „Stadtschule" oder auch „Bür gerschule" war nach außen hin ein für die damaligen Ver hältnisse immerhin ansehnlicher Bau, umfaßte er doch außer den Unterichtsräumen zugleich fünf Wohnungen für die Lehrer. Freilich, innen war von moderner Schulhygiene herzlich wenig zu verspüren, die Zimmer waren eng, dumpf und finster. Es war eben eigentlich nur «in Notbau gewe sen, geboren aus der großen Not, welche die Stadt betroffen hatte. Es galt damals zu viel zu schaffen, als daß man hätte auf sonderliche Ausstattung und weiträumige Ausge staltung Mittel verwenden können. Die ganze Armut der Zeit spiegelte er wider. Und so trug das Haus, das da an der Ostsette des Marktes in unmittelbarer Nachbarschaft der Stadtkirche stand, und damit auch nach außen hin die enge Verbundenheit zwischen Kirche und Schule dartat, eigentlich von vornherein bas Zeichen der Unzulänglichkeit an der Stirn, Es Hat denn auch nur knapp sechs Jahrzehnte feine Zwecke erfiillt. Zweierlei kam hinzu, um seine Dauer noch kürzer zu befristen: bis starke Zunahme der Bevölkerungs ziffer, bedingt durch den raschen Aufstieg, welchen unsere Stadt nach den Freiheitskriegen nahm, und die Entwicklung des Schulwesens überhaupt, wie sie in den ckver Jahr« allenthalben beobachtet w^>en konnte und die dwde^rm« in Bischofswerda dadurch zum Ausdruck kam, daß hier in nerhalb von sechs Jrchren nicht weniger als drei ueA! Schulgattunaen ins Leben gerufen wurden: die „Freß* s ch ule", für den ärmeren Teil der Bevölkerung, die «Zlr* beitsschule", für werktätige Rildchen, und die „Sonn tag s s chul e", für fortdildungswillige Schulentlassene. So wurden denn um die Mitte des vorigen Jahrhun derts die Stimmen ttmner lauter, die den Rus »ach einem neuen Schulhaus «Hoben. Er kam zu«U aus den Rechen der Erzieher selbst, da diese mit den iu dar beengten räumlichen Verhältnissen bedingten Schwierig keiten erklärlicherweise am meisten zu kämpfen hatten; «ti- sichtsoolle Kreise schlossen sich ihnen an, und endlich wurde der Bau von der Stadtverwaltung beschlossen. Laß 20 000 Taler waren die Kosten veranschlag. Mit der Anfertigung der Pläne wurde der Zittauer Architekt Pms. Schramm betraut, unter dessen Leitung der Bau das» später vor sich ging. Am 26. Mai 1862 erfolgte der« rste Spaten st ich, dicht neben der alten Stadtschule, denn hier sollte die jüngere Schwester derselben ihren Platz finden. Am 25. Juni 1862 konnte der Grundstein gelegt «er den. Im Juni des folgenden Iahers war das Haus unter Dach und Fach gebracht, wenigstens konnte am 12. Lmt 1863 mit dem Lufsetzen des Dachstuhles begann« werden. Mitte März des nächsten Jahres war der Bau voll endet. Fast zwei Jahre hatte man daran geaSeitet. SchaU die lange Dauer des Baues legt Zeugnis davon ab, daß hier etwas Ganzes geschaffen worden war. In der Tat war die neue Bischofswerdaer Stadtschille sowohl hinsichtlich ihr« Anlage als auch in bezug aus die innere Einric^un^ vor bildlich für die Schulhäuser gleichgroßer, ja größerer Städte des Landes. Sie galt allgemein als modern und fortschritt lich, hatte sie doch nicht weniger als 13 Unterrichtszimmer, «inen Versammlungsraum für die Lehrer, eine» Schulsaal und einen Zeichensaal aufzuweisen. Namentlich das Vor handensein der letzteren beiden erregte die Freude der Er- zieherschafr; denn sie bewiese», daß die Forderungen der neuzeitlichen Pädagogik im Schulwesen Bischofswerdas mit verankert worden waren. Außerdem waren noch 1 Woh nungen eingebaut, drei für die Lehrer, eine für den Haus verwalter. Der Bau war trotz der Länge der Zett ohne jeden Unfall vor sich gegangen, ein Beweis dafür, daß —- wie Bürgermeister König bei der Weihe des Hauses be tonte — Gottes Hand sichtbar über dem Gebäude gewaltet hatte. Am 31. März 1864, also vor genau 70 Jah ren, wurde das neue Schulhaus ein geweiht. Mancher all« Bischofswerdaer wird sich dessen noch erinnern. Es war ein Festtag, an dem die ganze Stadt mA« Anteil nahm. Mehr noch, auch die umliegenden Dörfer wollten es sich nicht nehm« lassen, bei diesem Ehrentag dabei zu sein.