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Erfassung des Aufkohlungsverlaufes in flüssigen Eisenschmelzen Von Prof. Dr.-Ing. habil. JOSEF CZ1KEL und DipL-Ing. HEINZ MIKETTA, Freiberg Maßgebend für die Durch- führung der Aufkohlung ist ■ wie b c ' ;l 'l en technischen Pro- zessen der Verwendungszweck des entstehenden Produktes und die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens. In Ländern, die arm an Koks oder Erz zur Erzeu gung bestimmter Roheisensorten sind, entstand die Notwendigkeit, andere Verfahren als die allgemein üb lichen zur Herstellung von Roheisen zu entwickeln. Zur Unterscheidung, daß dieses Eisen nicht im Hochofen erzeugt wurde, nannte man es „synthetisches Roh eisen“. Bei der Entwicklung dieser Verfahren kam es darauf an, Koks einzusparen sowie jeglichen anfallen den Stahlschrott verwenden zu können, ohne daß da durch die Güte des zu erzeugenden synthetischen Roh eisens beeinflußt wird. Diese Forderungen erfüllt weit- gehendst der Elektroofen, der deshalb auch für diesen Zweck Verwendung gefunden hat. Grundsätzlich geschieht die Herstellung syntheti schen Roheisens im Elektroofen, indem man Stahl schrott mit einem geeigneten Kohlungsmittel unter be stimmten Bedingungen zusammenbringt, so daß eine Aufkohlung des Stahlschrottes zu Roheisen erfolgt. Man beschreitet hierbei zwei Wege. Entweder wird Stahlschrott und Kohlungsmittel im kalten Zustand gemischt und nachträglich erhitzt, wobei eine Kohlung des Eisens zum Teil bereits während des Einschmelzens stattfindet, oder man bringt das Kohlungsmittel erst nach dem Einschmelzen und Abziehen bzw. Nichtab ziehen der Schlacke auf das flüssige Bad. Beide Wege haben ihre Vor- und Nachteile. Trotzdem die Herstellung synthetischen Roheisens ein wichtiges Problem darstellt, sind in der Fachlite ratur nur wenige Arbeiten veröffentlicht, die als rich tungweisend angesehen werden können. Wenn es auch schwer ist, sämtliche beim Aufkohlungsprozeß wir kenden Faktoren zu erfassen, muß es doch möglich sein, der Praxis wenigstens Anhaltspunkte zu geben, die eine gewisse Vorausbestimmung des Schmelzver laufes und eine Treffsicherheit hinsichtlich des zu er reichenden Kohlenstoffgehaltes ermöglichen. Das Ziel der vorliegenden Arbeit war deshalb eine Sichtung der im Schrifttum vorliegenden Arbeiten über die Aufkohlung von Stahlschrott und die Durchfüh rung von Versuchen, um 1. die Aufkohlungsfähigkeit verschiedener Kohlungs mittel festzustellen, 2. die Arbeitsbedingungen, die eine gute Treffsicher heit im gewählten Kohlenstoffgehalt ermöglichen, herauszuarbeiten, 3. die Aufkohlung gesetzmäßig zu erfassen. Bereits im Jahre 1894 führt H. wedding [1] in einem Aufsatz „Kohlung des Flußeisens“ eine Anzahl Kohlungsverfahren an, die alle das Ziel haben, durch ein Kohlungsmittel das Eisen auf einen bestimmten Kohlenstoffgehalt zu bringen. Da die von ihm aufge zählten Verfahren heute jedoch nicht mehr angewendet werden, soll darauf auch nicht näher eingegangen werden. Im Jahre 1921 zählt K. DORNHECKER [2] in einer umfassenden Arbeit die Einflüsse auf, von denen die Aufkohlung abhängig ist, und gibt an, daß hierbei 1. die Temperaturverhältnisse, 2. die Innigkeit der Berührung zwischen den in Reak tion befindlichen Stoffen, 3. die Größe der Berührungsfläche, 4. die gegenseitigen Konzentrationsverhältnisse, 5. die Beschaffenheit der Schlacke, 6. die Ofenatmosphäre maßgebend sind. Quantitative Auswertungen sind nicht enthalten. Systematische Untersuchungen über die Aufkohlung von Stahlschrott im Elektroofen führten erstmalig C. C. WILMS und C.E. SIMS [3] im Jahre 1922 durch. Es ist anzunehmen, daß sie die Arbeit Dornheckers kannten, da sie die dort aufgezählten Einflußgrößen weitest gehend berücksichtigten und untersuchten. Die von ihnen benutzten Öfen hatten ein Fassungsvermögen von 25 und 150 kg. Der Herd, 430 X 610 mm groß, war mit Magnesitsteinen ausgekleidet und mit einer Mischung aus totgebranntem Magnesit und Alun- dum überstampft. Der kleine Ofen war offen, der große geschlossen. Nach dem Einschmelzen wurde in bestimmten Zeitabständen das Kohlungsmittel aufge geben. Für die Schnelligkeit und den Grad der Auf kohlung ergab sich, daß das Kohlungsmittel von aus schlaggebender Bedeutung war. Als Kohlungsmittel verwandten sie Graphit, Holzkohle, Teerkoks, gekörnte Anthrazitkohle, Koks, Petrolkoks und Siliziumkarbid. Hierbei zeigte sich, daß der Wirkungsgrad des Auf kohlungsmittels um so größer ausfällt, je niedriger der Aschegehalt und je größer das spezifische Gewicht des Kohlungsmittels ist. Über den schädlichen Einfluß der Asche kommen sie zu der Ansicht, daß die Asche ver schlackt, einen Überzug über die Kohle bildet und so die Berührung mit dem Bad verhindert. Ähnlich macht sich auch die eigentliche Ofenschlacke bemerkbar. Sie drückt die Aufnahme des Bades an Kohlenstoff herab, da sie ebenfalls die Berührung des Aufkohlungsmittels mit dem Metallbad verhindert.