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LIDWKx XVI. und die französische Revolution ElNER Persönlichkeit wie dem vierzehnten Ludwig wäre cs wahrscheinlich möglich ge wesen, der Stürme Herr zu werden, deren sich der sech zehnte erwehren mußte. Das Herrschergeschlecht war be reits degeneriert und verweich licht. Das Volk, das Bürger tum, konnte es sich nicht länger gefallen lassen, ausgesogen zu werden, um einer kleinen Ober schicht ein Leben der Freude und des Genusses zu sichern, es durfte nicht länger zusehen, wie die beiden privilegierten Stände, der Adel und die Geist lichkeit, von allen Steuerlasten befreit, seine Kräfte schonungs los ausnutzten. Ludwig XVI. hatte genug Einsicht, um zu er kennen, daß es so nicht weiter ginge, und daß die Lasten gleichmäßiger verteilt werden müßten, aber er vermochte die geplanten Reformen nicht durchzusetzen, so daß nur eine gewaltsame Erhebung der jahr- Lndtvig XVI., König von Frankreich (1734—1793) Nach einer anonymen französischen Miniatur des 18. Jahrhunderts überließen den Verbündeten keine dauernden Erfolge, ja aus dem Kreise der republikani schen Generäle erstand ein Mann, der den Machtgelüsten der auswärtigen Feinde mit einem alles überrennenden Elan zu begegnen wußte, ihre ganze Fürstenherrlichkeit demütigen, aber auch die revolutionäre Be wegung im Innern abwürgen sollte: Napoleon. Ludwig XVI. (1754—1793), wohl der gutmütigste, aber auch willensschwächste und gleichzeitig unglücklichs teMon- arch auf Frankreichs Thron, folgte zojährig seinem Groß vater Ludwig XV. Er war schwerfällig und launenhaft, hatte, kaum jemals aus seinen Schlössern in Versailles heraus gekommen, nur das sittenlose Leben am Hofe kennengelernt, vor dem er einen Abscheu emp fand. Schon mit 16 Jahren hatte er sich mit der schönen Tochter der österreichischen hundertelang Geknechteten Abhilfe schaffen konnte. Die großen Philosophen, allen voran Rousseau, hatten den Boden vorbereitet, das englische Beispiel im 17. Jahrhundert hatte gezeigt, wie man zu verfahren hatte, der Unabhängigkeitskampf Nordamerikas die Wege gewiesen, so daß es nur eines kleinen Anstoßes bedurfte, um den angehäuften Zündstoff zur Entladung zu bringen. Halbe Maßnahmen entfachten die Erregung, halbe Erfolge ließen dem Verlangen Raum, aufs Kaiserin Maria Theresia, der zarten, kaum 15 jährigen Marie Antoinette (1755—1793) vermählt. Er hätte sich sein Liebes- und Eheleben glücklicher gestalten können, aber es fehlte ihm die Entschlußkraft, an sich eine kleine Operation vornehmen zu lassen, zu der ihn erst nach siebenjähriger Ehe sein Schwager Josef II. von Österreich überreden mußte, der 1777 unter demNamen eines Grafen von Falkenstein einige Tage in Versailles weilte. Inzwischen aber hatte sich die Ganze zu gehen. So kam es, daß immer radikalere Gruppen die Gemäßigteren verdrängten, daß schließlich eine Schreckens herrschaft des Terrorismus alles Bestehende über den Haufen warf, daß von dem groß artigen Programm „Krieg den Palästen, Friede den Hütten“ nur der erste Teil, und dieser gründlich, verwirklicht wurde. Das Ruhebedürfnis der Massen konnte bei der Zerstörungswut und dem Haß einzelner nicht befriedigt werden; dafür sorg ten auch die außer Landes ge gangenen Adligen. Die Trup pen der Österreicher, der Preu ßen, der Engländer und Spanier fielen auf ihre Veranlassung in das zerspaltene Land ein, aber der Elan der republikanischen Armee und tüchtige Führer Marie Antoinette, Königin von Frankreich (1733—1793) Nach einer Miniatur von Vittoriano Campana, 1778 lebenslustige, spielerische und gänzlich ungebildete öster reichische Prinzessin schon mit Freundinnen und Freunden umgeben, unter denen ihr der schwedische Graf Fersen am nächsten stand. Sie führte in der Abgeschlossenheit des Trianon-Schlößchens ein lusti ges unbekümmertes Leben, mischte sich, von ihren Günst lingen veranlaßt, wohl auch ungeschickt in die Politik, die unter dem Zeichen einer trau rigen Finanzlage stand, und der auch tüchtige Minister wie Turgot und Necker nicht Herr zu werden vermochten. Als erst der eine, dann der andere auf Drängen der Privilegierten und der Günstlinge der Köni gin aus seinem Amte ver schwinden mußte, soll Ludwig