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V. Die Meißner Manufaktur als Porzellanfabrik (1713—1719). Abb. 62. Böttgersteinzeug. Medaillon mit dem Bildnis des Kurfürsten Johann Georg IV. von Sachsen. Königl. Porzellansammlung, Dresden. Höhe 9 cm. Die Erfindung der farbig gefleckten Fliesen sowie die im Anschlüsse daran erfolgte des roten Steinzeugs hatte für die des Porzellans keine Verzögerung und keinen nutzlosen Kräfteaufwand bedeutet. Im Gegen teil, sie war der eigentliche Wegweiser zu diesem Ziele gewesen, ohne den Böttger vielleicht niemals dasselbe er reicht hätte, ja nur zu leicht wieder auf jene Abwege geraten wäre, die alle seine Vorgänger bisher so völlig weit vom eigentlichen Ziele abgeführt hatten. Für die Brauchbarmachung des Porzellans, für seine fabrik mäßige Herstellung jedoch stellte sich namentlich letztere Erfindung als der Hemmschuh dar, der sie weit langsamer zur wirklichen Ausreifung brachte, als es wohl ohne jene ersten Erfindungen geschehen wäre. In dem sichtbaren Bestreben, möglichst schnell dem Könige, den er bisher so lange schon durch seine alchi mistischen Mißerfolge in seinen schönsten Hoffnungen betrogen hatte, endlich etwas wirklich Brauchbares und finanziell , Verwertbares in die Hände zu geben, hatte er die an sich minderwertigere, aber viel leichter aus nutzbare Erfindung des roten Steinzeugs der bedeutend kostbareren, r aber auch viel schwerer zu verwertenden des Porzellans vorgezogen, ihr zunächst seine ganze Zeit, seine ganze Kraft, seine ganzen Mittel zur Verfügung gestellt und darüber die weitere Ausbildung des Porzellans stark vernachlässigt, sie auf freiere Tage verschiebend, war aber auch dann noch durch alle seine vielen Nebenbeschäfti ¬ gungen und sein rastloses Weiterstreben nach allen möglichen Zielen hin in dieser Tätigkeit durchaus behemmt worden. Und doch verlangte gerade das Porzellan, ebenso wie zu seiner Erfindung, die ja eigentlich eine doppelte war, auch zu seiner weiteren Durchbildung, zu seiner Herrichtung für eine fabrikmäßige Ausnutzung eine ganze Kraft, die wiederum mit scharfem Geist, vieler Umsicht und niemals in Verlegenheit geratender Gewandheit gepaart sein mußte. Denn nicht umsonst, d.h. nicht ohne Aufwand großer geistiger Mittel, kann das edelste Produkt der Keramik gewonnen werden: nicht nur seine einmalige Erfindung war eine große Tat, auch seine regelmäßige Herstellung, seine Erzeugung und Ausnutzung im großen eine schwierige Sache, und daß auch diese