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94 Die Steinzeugfabrik. nach Meißen fahren zu dürfen, zugleich mit der Vergünstigung, dort mit seinem Gefolge auf Kosten des Königs speisen zu dürfen 278 ). Allzuviel Gebrauch hat er jedoch dann nicht von dieser Erlaubnis gemacht. Er ist in diesem Jahre nur noch zwei, im folgenden nur dreimal auf der Albrechtsburg gewesen 27# ). Das war für die Einrichtung und Leitung einer so schwierigen Fabrik, wie es die des Steinzeugs war, nicht allzuviel. Noch schlimmer für das neue Unternehmen jedoch war es, daß es für Böttger durchaus Nebensache bleiben mußte, daß Böttger daneben derartig mit anderen Arbeiten und Verpflichtungen überhäuft war, daß er, auch wenn er es gewollt hätte, doch in keiner Weise die Zeit gefunden hätte, sich seiner mit seiner ganzen Kraft anzunehmen. In Bötlger summierte sich jetzt sowohl seine ganze bisherige eigene Tätigkeit wie auch die Tschirnhausens, soweit sie dessen industrielle Bestrebungen betraf: er blieb zunächst nach wie vor der Alchimist, der Gold macher, als der er zuerst nach Dresden gebracht worden war, von dem man trotz seiner Erfindungen noch immer die goldenen Berge erhoffte, die man von ihm von Anfang an erwartet hatte, daneben aber auch der große „Inventor“, als der er sich soeben dokumentiert hatte, dessen Hauptaufgabe es war, alle bisherigen indu striellen Unternehmungen sowohl Tschirnhausens wie seine eigenen in Gang zu halten und zu verbessern, sowie möglichst viele neue auf Grund neuer Erfindungen ins Leben zu rufen und er hat sich aller dieser Aufgaben damals auch mit allem Fleiße und großer Unermüdlichkeit unterzogen. Wieviel allerdings Böttger damals noch an seinen alchimistischen Bestrebungen gearbeitet, und ob er damals noch selber gehofft hat, die großen Erwartungen des Königs, die er in dieser Beziehung erweckt hatte, wirklich erfüllen zu können, läßt sich heute nicht mehr feststellen. Fest steht, daß Böttgers Rolle als Alchimist nach Erfindung des Porzellans noch keines wegs ausgespielt war, daß vielmehr der König von ihm in dieser Beziehung noch immer die größten Dinge erhoffte, ja noch im September des Jahres 1709, als Böttger bereits das Porzellan erfunden hatte, die Kleinigkeit von etwa 60 Millionen I alern, die Universaltinktur und dergleichen Dinge mehr 28 °). Böttger scheint freilich gerade damals, vielleicht nur um die goldige Freiheit endlich wieder zu erlangen, oder weil er sich nun nach seinen doch ziemlich bedeutenden Erfindungen so ziemlich sicher fühlte, dem Könige sein Unvermögen in dieser Sache einge standen, ihn auch um Gnade wegen der bisherigen Täuschungen gebeten und ihm dabei auch ein sehr wehmütiges, hierauf bezügliches Gedicht eingesandt zu haben 281 ). Doch dürfte dies Selbstbekenntnis, als es ihm doch nicht die Pforten zur Freiheit zu öffnen vermochte, bald wieder vergessen worden sein, und noch vier Jahre später, im Jahre 1713, hat Böttger in Gegenwart des Königs und vieler Zeugen einen scheinbar durchaus erfolgreichen Tingierungsversuch gemacht, bei dem vor aller Augen Gold und Silber aus Kupfer und Blei hervorzugehen schienen, das einzige derartige Experiment Böttgers, von dem wir noch die Dokumente sowie auch die Resultate selber besitzen 282 ). Auch später, noch kurz vor seinem Tode, hat er mit dem König über diese Dinge wieder verhandelt und ihm wieder