Volltext Seite (XML)
98 Die Steinzeugfabrik. so weit gebracht hat. Doch noch andere Übelstände und Mißlichkeiten kamen hinzu, den gesunden Fortgang der jungen Manufaktur in Meißen in jeder Weise zu hemmen. Zunächst war die Organisation derselben die denkbar schlechtste, die Leitung eine durchaus unstete und zu steten Reibereien führende. Der König hatte ja zwar am Anfänge, wie bereits gezeigt, da Böttger nicht mit der Außenwelt ver kehren konnte, im übrigen auch seinen neuen Erfindungen und sonstigen Dingen nach gehen sollte, ein besonderes Direktorium, bestehend aus dem Kammerrat Nehmitz und dem Sekretär Matthis, eingesetzt, dem die eigentliche Leitung der Manufaktur anvertraut worden war. Aber schon nach der Beschickung der ersten Ostermesse im Jahre 1710 brach der Konflikt zwischen dem Direktorium und Böttger aus. Böttger war damals aufs äußerste entrüstet über die Höhe der j Meß unkosten, die, wie erwähnt, 700 Taler betragen hatten, sowie über die willkürliche Erhöhung seiner Taxen, wodurch die neuen Waren so teuer geworden waren, daß jeder sich über ihren enormen Preis beklagt hatte. Auch behauptete er, daß man bei der Abrechnung diese Erhöhung gar nicht in Betracht gezogen und die auf der Messe eingegangenen Gelder dergestalt repartiert hätte, daß weder, wie verabredet gewesen wäre, seine Schulden, die er wegen Geldmangels für die Manu faktur schon damals hatte machen müssen, bezahlt worden wären, noch er für sich und seine Fabriken auch nur das Geringste erhalten hätte 29ä ). Es waren dies Beschuldigungen, die man, nach dem späteren Verhalten des Direktoriums zu schließen, wohl nicht ^als ganz ungerechtfertigt bezeichnen kann. Die Folge war, daß Böttger dem Direktorium die Abgabe weiterer Waren verweigerte, dafür aber ihren Vertrieb auf eigene Faust versuchte 298 ). Doch die Reue kam bald: der Erfolg blieb aus, und schon wenige Monate später, am 4. August, ließ Böttger, da ihm alle Gelder zur Weiter führung der Fabrik fehlten, dem Direktorium die völlige Übernahme der Admini stration der Fabrik antragen. Er erbot sich hierbei, dem Direktorium nicht nur für mehr als 6000 Taler Waren zu übergeben, auch in Zukunft ihm mit „gutem Rat“ zur Seite stehen zu wollen, ja er versprach sogar, monatlich 800 Taler von den ihm vom König zur Unterhaltung und Aufrichtung seiner Manufakturen übergebenen Geldern zuzuschießen, wofür er nur die Übernahme der bisher für die Werke gemachten Schulden verlangte. Dem Direktorium scheint dies An erbieten durchaus genehm, ja wohl mehr als willkommen gewesen zu sein, doch suchte es sich zunächst durch allerhand Anfragen Böttger gegenüber für die Zukunft sicher zu stellen. Es fragte u. a. an, ob mit der Übernahme der bereits instand gesetzten Steinzeugfabrik zu Meißen auch die aller übrigen bereits begründeten oder in nächster Zeit zu begründenden verbunden sein sollte, ob ihm, dem Direk torium, die Arbeiter ganz allein unterstellt würden und es dieselben bei Bedarf entlassen dürfte, ob ihm ferner mit den Waren auch eine gewisse Quantität Masse übergeben würde u. dergl. m. Als es aber auch noch einen Reservefonds zur Unter stützung der Manufakturen, sowie — angeblich, um nach einem etwaigen Tode Böttgers sein Werk fortsetzen zu können — sich auch der Arbeiter zu versichern