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ei» Hoch mit Trommelwirbeln. Später wurde eine ziemliche Anzahl von Telegrammen, die von aus wärt« eingegangen waren, verkündigt. Dabei sprach man allenthalben dem trefflichen Schützenwein zu, den der Weinhändler P. A. Mumm in nicht weni ger als 60,000 Flaschen geliefert halte, und auf dessen Etiketten zu lesen war: „Deutsche Frau'n und deutsche Treue, deutscher Wein und deutscher Sang — Sollen in der Welt behalten ihren allerschönsten Klang." Dazwischen tönten die schrillen Juchzer der Tiroler, die sich vor Vergnügen kaum zu lassen wußten. Einer in Kurzhoscn und Ledergurt war von dem Empfang und der Aufnahme in Frankfurt so außer sich, daß er überselig ausrief: „Wann i nit glabet, daß i erst in Himmel kimm, nacher hält' i g'moant, es wör dös der Himmel g'wefn!^ Die .Tiroler wurden aber auch nicht wenig gefeiert; von allen Tischen reichte man ihnen die Wein-und Cham pagnergläser entgegen. Sv schloß unter den Zeichen der herzlichsten Verbrüderung aller Stämme der erste Festabend. — Wir haben den ersten Tag so ausführlich be schrieben, weil er für den ganzen Geist und Verlauf des Festes entscheidend war. Die Stimmung war im Verlauf des ganzen Festes eine vortreffliche, ächt patriotisch gehoben und für die Zukunft unsers Va> lerlandes gewiß bedeutungsvoll. Es war ohne Zweifel ein politische- Fest. Das Bewußtsein in der engen Zusammengehörigkeit aller Tbcile des deutschen Vol kes ist lebendig geworden in den vielen Tausenden und hat auch schon seine Früchte getragen. Es hat die Lauen und Zagenden — z. B- in Sachsen! — aufgerüttelt und sie zur Theilnahme an der großen nationalen Frage herangezogen, so daß sich seitdem im Volke der Drang nach freiheitlicher Einigung de« Vaterlandes kräftiger ausspricht. Sind wir ein mal darüber einig, daß wir einig sein wollen, so wird auch die bei Weitem schwierigere Frage über das Wie? ihre Lösung finden. — DaS Fest hat nach allen Seiten hin gute Leh ren gegeben, zunächst dem Volke selbst. Es hat ihm gezeigt, welche reiche, entwickelungSfähige Kraft, «eiche Wehrkraft es besitzt. Und den Regierungen hat cs gezeigt, wie wohl sie thun, dem Volke nicht überall einen Hemmschuh anzulegen/ Es ist in Frankfurt mit dec allergrößten Freisinnigkeit, von Manchen ganz radikal gesprochen worden, und doch bewahrte die Menge bei aller Begeisterung doch auch die nörhige Mäßigung. E« ist Alles in schönster Ruhe und Ordnung abgeqangen, und dazu trug nicht wenig der Umstand bei, daß man das Volk seiner eigenen Oberaufsicht überließ, die eS mit größerm Geschick auszuüben weiß, als man in den höheren Regionen zu ahnen scheint. Eine, Handvoll Turner genügten, Hunderttausende von Menschen in aufgeregtester Stim mung in bester Ordnung zu halten! Aber noch etwas Bedeutenderes müssen.wir als eine Errungenschaft des Festes bezeichnen: die Ach. tung, die es mit Ausnahme einzelner gehässiger Stim men, die auch im Jnlande nicht fehlen, dem Aus lände abgenörhigt hat, und die innige StammeS- vecbrüdecung, die wir wieder mit den Schweizern angeknüpft haben. Mit welcher- herzlichen Aufrich tigkeit haben sie dem sich offenbarenden deutschen Volksgeistc ihre ganze Hochachtung gezollt! Und wie haben ihre Redner, Kur; aus Bern, Brönner aus Basel, Curti aus St. Gallen uns Deutschen in's Her; geredet, wie haben sie uns ermuthigt, unsre „Dölkcrpracht"und unsre „Völkerherrlichkeil" zu pfle gen und einheitlich zusammenzufassen, mit Hinwei- sung auf das Beispiel ihres eigenen kleinen, aber geeinigten Landes! Dem weitern Verlauf he« Festes und seinen Einzelheiten können wir hier nicht folgen. Wir würden sonst den uns zvgemessenen Raum weit über Gebühr in Anspruch nehmen müssen. Wir werfen nur noch einen Blick auf die in der Schießkütte entwickelte Thätigkeit. Hier wurde an lOOSchcibey, wovon 70 auf eine Entfernung von 500 Fuß, 30 auf 900 Fuß, von Morgens 6 bis Abends 8 Uhr, nur mit einer täglichen Unterbrechung von ^Stun den während des MittagSessens geschossen. In jeder Stunde fielen 6000 dis 7000 Schüsse. Nur auf 10 Scheiben wurde aufgelegt geschossen, auf alle übrigen aus freier Hand. Für die Fesischeiben waren 7 Stände eingerichtet- Auf die Festscheiben von 500 Fuß Entfernung hatte jeder Schütze nur einen Schuß, auf diejenigen von 900 Fuß Entfernung je 2 Schüsse. Auf den übrigen 78 Ständen durfte jeder so viel Schüsse (der Schuß zu 10 Kreuzer) thun, als er wollte, d. h. so oft er an den Schuß kam, worüber im Anfang manchmal eine halbe Stunde verging. Die Schieß hütte war ein 1150 Fuß langes, 50 Fuß breites Viereck. Jeder Schießstand war 10 Fuß breit. Die Ladebänke standen quer durch die ganze Hütte. Im Hintern Raume standen auf einer Erhöhung die Tifthe der Sekretäre. In den letzten Togen de« Schießens hatte der Zudrang zum Schießen sehr nachgelassen, und man konnte schießen, so viel man wollte. Von hcldenmüthiger Ausdauer zeigten sich die Schweizer und die Tiroler. Beide Theile leisteten auch das Vorzüglichste im Treffen. — Der Festplatz bot ein reizendes brmtgestaltetes