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SS ratheS von der k. k. Behörde ihrer Aemter ent. Hoden werden, weil sie sich in schmachvoller Weise gegen die deutsche Schule vergangen hatten, und heute wird au» der in nationaler Beziehung so heiß umstrittenen Stadt folgender Vorfall be richtet. E» fanden die Gemeindewahlen statt. Beide Parteien, sowohl die deutsche al» die ezechische, wußten im Vorau», daß im dritten Wahlkörper der Sieg den Deutschen zufallen werde. Diese hatten neun Wähler mehr al» die Czechen. Am Abende vor der Wahl strich nun die ezechische Wahlkommisston neun deutsche Wähler au» der Wählerliste. Die Deutschen schickten noch in der Nacht einen Eilboten mit einem Proteste zur BezirkS- hauptmannschast nach Leitmeritz, und diese ordnete am Wahltage, während die Wahl eben vor sich ging, telegraphisch an, die weitere Vor nahme derselben sofort einzustellen. Die ezechische Wahlkommisston kümmerte sich aber um diesen Bescheid der k. k. Oberbehörde durchaus nicht, sondern führte die Wahl zu Ende, die denn auch den Czechen den „Sieg" brachte. Nunmehr suchten die Deutschen gegen diese Vergewaltigung Schutz bei der k. k. Statthalterri in Prag, worauf diese die Wahl für ungültig erklärte, be zeichnender Weise aber nicht nur eine Neuwahl, sondern auch die Abfassung einer neuen Wähler liste anordnete. In dieser neuen Wählerliste sind nun sogar zehn Deutsche nicht eingetragen. Die Deutschen werden sich nunmehr an da» k. k. Ministerium des Innern wenden. So sieht die „Unterjochung der Czechen durch die Deutschen" aus! Im neuen österreichischen Parlamente scheint dir bisherige Aera der Scandalszenen einst weilen wieder zum Abschluß gelangt zu sein. In den Ausschüssen wenigstens legt man sich jetzt ernstlich auf's Arbeiten, auch in jenem zur Vorberathung der großen Wasserstraßen-Vorlage. In besagtem Ausschuß gab Ministerpräsident v. Körber am Mittwoch die bemerkenswerthe Erklärung ab, daß die jetzige Regierung die Wasserstraßen-Frage als den Hauptpunkt ihres wirthschastlichrn Programmes betrachte, und daß daher ein besonderer Gesetz entwurf über den Ausbau vieler künstlicher Wasser straßen und die Regelung der anschließenden Flüsse dem Hause sofort nach den Osterferien zugehen werde. — In der Mittwochssitzung des Ab geordnetenhauses brachte der Deutsch-Radikale Schönerer eine Anfrage an die Regierung ein, in welcher dieselbe aufgesordert wird, zwischen Eng land und den Burenrepubliken zu vermitteln. Wien, 21. März. Obwohl die gestrige Sitzung des Abgeordnetenhauses erst heute früh r/r3 Uhr geschlossen wurde, begann heute 12 Uhr Mittag« die nächste Sitzung. Einer kurzen öffentlichen Sitzung folgte eine geheime Sitzung wegen der von den Alldeutschen eingebrachten Interpellation, betreffend die Beschlagnahmen des Innsbrucker Witzblattes „Der Scherer". Die All deutschen legten gegen die Censur seitens deS Präsidiums lebhafte Verwahrung ein; es kam zu überaus stürmischen Szenen. Das ungleiche Vorgehen der Staatsanwaltschaften wurde scharf kritisirt. Frankreich. Die französische Deputirtenkammer quält sich noch immer mit der nun schon wochenlang andauernden Berathung des BereinSgesetzes ab. In der Mittwochssitzung gelangte Art. 13 der Regierungsvorlage mit 311 gegen 232 Stimmen zur Annahme. Die sich anschließende Debatte über Art. 14 mußte schließlich vertagt werden. Der Werftarbeiterstreik in Marseille behält sein be drohliches Aussehen bei. Am Mittwoch kam eS bei einer von den Ausständigen unter Betheiligung von Kohlenarbeitern veranstalteten Straßenkund. gebung zu Zusammenstößen der demonstriretiden Menge mit den einschreitenden GenSdarmen und Soldaten, wobei vier Vertreter der bewaffneten Macht verwundet wurden. Eine gange Anzahl der Tumultuanten mußte verhaftet werden. In zwischen hat das Exccutiv-Comitee der Ausstän digen dem Präfekten mitgetheilt, dieselben wollten die Arbeit wieder aufnehmen, wenn sie dies ge nossenschaftlich auf eigene Rechnung thun dürsten. — Die Franzosen haben bei ihrem Vorstoß nach den Tuatoasen einen neuen Erfolg errungen. Die Ksourier wurden nach lebhaftem Kampf von General ServiSceS geschlagen und ergaben sich ihm. England. London, 21. März. Gestern fand hier ein eiligst zusammenberufener KabinettSrath statt über die Lage in China. In Folge dessen wurden Depeschen an die englischen Kommandeure in China und Indien geschickt. London, 21. März. Da» KriegSamt erließ ein Rundschreiben an die Fabrikanten von Ex plosivstoffen, worin dieselben aufgesordert werden, »er sSchpsch« «rMte». Gettr 4. neue Sprengstoffe zwecks vertraulicher Prüfung vorzulegen. Zugleich empfiehlt da» Rundschreiben den Genannten für England eine ähnliche Ein richtung, wie die von den Interessenten geschaffene Centralstelle für wissenschaftliche Untersuchungen in Berlin. Da» Rundschreiben girbt eine Urber- stcht über da» Entstehen dieser Centralstelle sowie eine eingehende Beschreibung über ihre Einrichtung, ihre Leistung und über die durch sie verursachten Kosten. Amerika Die amerikanischen Stahlgesellschasten haben sich zu der „United States Steel Corporation" verschmolzen, womit also rin neuer großer Stahl ring in die Erscheinung getreten ist. Vom Burenkrieg. London, 20. März. Trotz der Versicherung, deS Kolonialministers Chamberlain, daß die Doku mente über die Unterhandlungen zwischen Kitchener und Botha gestern dem Unterhause vorgelegt werden sollten, ist bisher nichts Derartiges ge schehen. Die meisten Blätter sind über da» Scheitern der Unterhandlungen sehr entmuthigt. „Daily Telegraph", „Morningpost" und „Standard", sowie die meisten übrigen chauvinistischen Blätter erklären, die einzige Antwort Englands auf Bothas Vorschläge müsse eine starke Vermehrung der Reserven sein. (Woher nehmen? d. R.) „Daily Mail" drückt die Ansicht aus, man müsse ein sür allemal derartigen Unterhandlungen ein Ende machen. Die Buren müßten sich bedingungslos unterwerfen! „Morning Leader" und „Daily News" bedauern das Scheitern der Unterhand lungen, „Morning Leader" sagt, dieses Scheitern sei die schlechteste Nachricht, die seit langer Zeit nach England gelangt sei und bedeute, daß der Verlust an Todten, Kranken und Verwundeten sortdauern würde und daß die Zerstörung deS Landes von Neuem beginnen werde. London, 20. März. „Daily Telegraph" meldet aus Amsterdam: 2000 Freiwillige sind bereit, sich nach Transvaal rinzuschiffen. Sie werden an Bord von Handelsschiffen, die nach Kapstadt und Port Elizabeth auslaufen, sich nach Afrika begeben und bei den Buren eintreten. — „Daily Mail" meldet au« Lourenyo Marques: Die Buren haben drei Eisenbahnzüge auf der Delagoabahnlinie in die Lust gesprengt und nahmen zwei Offiziere und sieben Mann gesangen, die jedoch nach kurzer Zeit wieder freizelassen wurden. — Die tägliche Verlustliste der Engländer für den 18. März lautet: 5 Mann todt, 11 ver wundet, 3 vermißt, 2 gefangen, 22 an Krankheit verstorben, 67 schwer erkrankt. Also die Engländer waren es, die sich zu Verhandlungen mit den Buren bequemten, um zum Frieden zu gelangen! Heute ist darüber kein Zweifel, daß nicht Botha den Frieden gesucht hat, sondern Kitchener, und daß er den Buren zugeredet hat, sich freundlichst freiwillig zu unter werfen. Den Beweis haben die Verhandlungen des englischen Unterhauses am Dienstag erbracht. Dabei erklärt Chamberlain, Botha habe Kitchener brieflich mitgetheilt, er sei nicht bereit, die Be dingungen, welche Kitchener ihm mitzutheilen den Auftrag hatte, der ernsten Erwägung seiner Re gierung zu empfehlen. Botha bemerkte dazu, seine Regierung und seine obersten Offiziere stimmten mit seinen Ansichten überein. Die Schriftstücke, welche sich auf die Angelegenheit beziehen, werden dem Parlament baldigst zugehen. Wie fatal sür England, — diese Abweisung gerade jetzt, wo man Rußland gern fest und un gehindert entgegentreten möchte! Die Unterhandlungen scheiterten, wie weiter vertraulich verlautet, an der Weigerung der Londoner Regierung, die von Botha geforderte Selbständigkeit in der inneren Verwaltung unter selbst gewählten Burensührern zuzugestehen, die endgültigen Friedensverhandlungen mit Schalk Burger und Steijn zu führen und die Kaprebellen zu begnadigen. Botha hat bereits am Sonnabend die Operationen wieder ausgenommen und die Delagoa-Bahn besetzt. Der englische Oberbefehls haber Kitchener erklärt, die englischen Truppen seien gegenwärtig unfähig, ihrerseits dir Offensive zu erneuern, und fordert dringende Verstärkungen. In London ist die Stimmung überaus gedrückt. Lord Roberts bedauert, — so hat er auf eine an ihn gerichtete Anfrage geantwortet, — unmöglich sagen zu können, wann die Feindseligkeiten in Südafrika enden; er hoffte jedoch, daß durch Lord Kitchener der Friede bald wieder hergrstellt wird. (Auch diese Hoffnung des Drückebergers dürste inzwischen schwankend geworden sein.) Einen Fehlbetrag von einer Milliarde dreihundert Millionen Mark wird da» englische LOSE. Volk für da» Rechnungsjahr 1901/02 al» Prei» für die Dauer de» südafrikanischen Kriege» aufzu bringen haben. Die neue Phase, in die der Kampf in Süd- afrika mit der Ablehnung der englischen Vorschläge durch Botha getreten ist, beginnt mit neuen Er- folgen der Buren auf dem östlichen Kriegsschau plätze: E» wird darüber telegraphiert: Durban, 21. März. Die Engländer räumten die Garnison von Vrede (im Nordostrn des Oranjefreistaates) und vereinigten sich mit der Truppe des General» Campbell, der nach einem schweren Kampfe mit den Buren nach Standerton zurückkehrte; Campbell führt 200 Kranke und Verwundete mit sich. Biele Burrnabthrilungen befinden sich in der Nähe von Standertoa. London, 21. März. Der Burensührer Krutzinger soll erklärt haben, von nun ab jeden englischen Offizier, der in seine Hände fallen werde, erschießen lassen zu wollen. London, 21. März. Die Morgrnblätter be richten aus Kapstadt, Botha habe die Verhand lungen wegen der Haltung der Unversöhnlichen ab gebrochen, er wirke jedoch auf seine Truppen dahin au-, daß sie sich abtheilungSweise ergeben sollten. Seine Truppen hätten ein Lager bei Middelburg aufgeschlagen, das von den britischen Streitkräften beherrscht werde. London, 21. März. Ein Telegramm Lord KitchenerS auS Pretoria vom 20. d. M. meldet: General Philipp Botha, der Bruder deS General kommandanten Botha, ist auf Doornberg gefallen. Seine Söhne wurden verwundet. Die Buren sind in der „Oranjeriver-Kolonie" zerstreut. Dewet befindet sich in der Nähe von Heilbron. Die Vorgänge in China. Berlin, 21. März. Das Oberkommando meldet auS Tsching: Auf Klagen der Bevölkerung hin wurde in einem Dorf, 7 Kilometer südlich von Thang und 48 Kilometer westlich von Paotingfu, durch den Rittmeister Prieß mit einem Zug Reiter eine Räuberbande ausgehoben. Bei ihrem bewaffneten Widerstande wurden 7 Chinesen getödtet oder schwer verwundet und der Rest ge fangen und dem chinesischen Gericht zur Aburtheilung übergeben. Gestern marschirten drei Kompagnien, ein Zug Reiter und ein Zug Gebirgsartillerie unter Major v. Mülmann von Paotingfu nach der Gegend östlich von Taomakuan, wo eine große Räuberbande die Bevölkerung der ganzen Umgegend terrorisirt. Der englisch-russische Zwischenfall in Tientsin befindet sich noch immer in der Schwebe; die Nachrichten von einer Intervention des Feld marschalls Grafen Waldersee bei dieser neuen englisch-russischen Differenz lauten noch ziemlich unbestimmt. Zwischen Rußland und Japan scheinen die Eifersüchteleien wegen Koreas auch weiterzugehen. Die russischen Kriegsschiffe, welche bislang in japanischen Häsen ankerten, sind nach Korea in See gegangen; die japanische Flotte macht sich infolgedessen bereit, nöthigenfalls auch ihrerseits nach der koreanischen Küste abdampfen zu können. London, 21. März. Die hier in rascher Reihenfolge eintreffenden Meldungen stellen die Lage in Ostasien al» plötzlich verschärft dar. England deck; Japan, das mobilisirt, den Rücken, während die russische Flotte sich am Daluflusse konzentrirt. Die russische Forderung, England solle wegen der Vorgänge in Tientsin um Ent schuldigung bitten, wird offiziös als unannehmbar bezeichnet. Waldersees Vermittelung ist angeblich von beiden Seiten abgelehnt worden. Tientsin, 21. März. Die Stellung beider Theile ist unverändert. Sie enthalten sich jeden feindseligen Vorgehens. Die Zahl der hier ver wendbaren britischen weißen Truppen beträgt jetzt etwa 1000. Die russischen Truppen sind nicht zahlreich. Peking, 20. März. 60 Australier und zwei Kompagnien Infanterie sind plötzlich nach Tientsin beordert worden und heute früh dorthin abgegangen. Nach Taku sind Befehle ergangen, das 100 Marinesoldaten nach Tientsin abgehen sollen. Diese Truppenbewegungen sind durch die Be fürchtung veranlaßt, es könne auS Anlaß der russisch-britischen Landstreitigkeiten zu einem Zwischenfalle kommen, zumal die französischen Truppen, deren Verhalten schon zu vielen Miß helligkeiten Anlaß gegeben hat, einen Zusammen stoß herbeizuführen suchen und die britischen Be fehlshaber wünschen deshalb, genügend tüchtige Mannschaften da zu haben, um die Ordnung in den St, aßen aufrecht zu erhalten. Geueräl Bailloud ist heute früh ebenfalls nach Tientsin abgereist, um Erhebungen über da» Verhalten der Franzosen anzu stellen und die Ordnung wieder-