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« wirklich noch alle Borstadien, die ihrer Behandlung durch den BundrSrath vorauszugehen haben, zu durchlaufen vermag, die» möchte fast zu be zweifeln sein. E« erscheint daher auch der in einem Theil der TageSpresse entbrannte Streit darüber, ob der künftige deutsche Zolltarif die Gestalt eines Doppeltarifs mit einem Maximal- und einem Minimaltarif oder nur eines einfachen Tarifs haben werde, einstweilen als ein ziemlich über flüssiger, da eben über diesen besonders wichtigen Punkt noch nichts entschieden ist. Aber allerdings muß e» angesichts der den Wünschen und Forde rungen der agrarpolitischen Partei im Allgemeinen günstigen Strömung an den maßgebenden Berliner Regierungsstellen als ziemlich wahrscheinlich er achtet werden, daß speziell für die landwirthschaft- lichen Produkte ein Mindestzollsatz in dem neuen Tarif festgelegt wird, unter welchen durchaus nicht herabgegangen werden soll, während die Ab grenzung der landwirthfchaftlichen Zölle nach oben noch Gegenstand näherer Verhandlungen zu bleiben hätte. Bon Berliner offiziöser Seite, wie von den Brrtheidigern der Forderungen der Landwirthschaft, wird ja auch schon offen betont, daß die land- wirthschaftlichen Zölle nicht abermals Kompen- sationSobjekte beim Abschluß der neuen Handels verträge Deutschlands bilden dürsten, und es ist hinlänglich bekannt, daß in Reichstagskreisen er hebliche Neigung herrscht, der Landwirthschaft eine solche Vergünstigung zuzugestehen. Was aber im Uebrigen in den Blättern über die angebliche künftige Höhe der Getreidezölle gemeldet wird, da» beruht alles offenbar nur auf Kombinationen. Fest steht lediglich, daß die Getreidezölle eine ge wisse Erhöhung erfahren «erden, bi» zu welchem Grad dieselbe jedoch gehen wird, das hat sich erst noch zu entscheiden. Wie immer jedoch auch die Meinungen über die Gestaltung des künftigen deutschen Zolltarifs beschaffen sein mögen, so muß doch stets gewünscht werden, daß die Erörterungen über diese so ungemein bedeutungsvolle Frage unseres Wirtschaftslebens allenthalben in den Geleisen der ruhigen Sachlichkeit und Objektivität bleiben. Mit einer leidenschaftlichen Behandlung eines derartigen Themas, mit lediglich einseitigen Betrachtungen desselben unter dem einen oder dem anderen parteipolitischen Gesichtspunkt ist nichts zu erreichen und nichts für die Interessen der Allgemeinheit zu gewinnen, es ist darum nur höchlichst zu bedauern, wenn in der Presse bereit» jetzt nicht selten derartige leidenschaftliche Töne in der entbrannten Polemik über den neuen Zolltarif angeschlagen werden. Sicherlich wird letzterer im Reichstage große und lebhafte Redekämpse ent fesseln, aber gewiß ist der Wunsch nur berechtigt, daß sie in den Bahnen der Sachlichkeit bleiben und nicht auf das Niveau bloßer agitatorischer Auseinandersetzungen, auf die Wählerschaft draußen im Lande berechnete herabsinken möchten. Vorerst allerdings hat es noch gute Wege mit dem Be ginn dieser zoll- und handelspolitischen Debatten im Reichstage, denn in seiner laufenden Session wird er zweifellos nicht mehr dazu gelangen, sich mit dem neuen Zolltarif befassen zu können. Deutsches Reich. Dresden, 21. März. Se. Majestät der König unternahmen heute Vormittag die gewohnte Ausfahrt im großen Garten und empfingen Mittags 12 Uhr in Villa Strehlen Se. Excellenz den kommandierenden General des XIX. (2. Kgl. Sächs.) Armeekorps, General der Infanterie von Treitschke Bischofswerda, 21. März. Frühlings anfang, heftigster Schneesturm und mehrere Grad Kälte reimt sich so schlecht zusammen, daß selbst der verwegenste Lenzdichter es kaum ver suchen dürfte, einen Vers darauf zu machen. Nach dem gestrigen dichten März-Nebel und Regen sank das Thermometer mehr und mehr, und ver gangene Nacht, wo eisiger Nordostwind den Regen in Schnee verwandelte und durch die Straßen und ver mit dem bereit» „eingekampfert" gewesenen Prlzwrrk aufs Neue ausgerüsteten Menschheit um dir Ohren blie», sowie heute, wo am Morgen hoher Schnee und die schönsten Eisblumen sich an den Fenstern bemerkbar machten, wie wir sie seit der großen Kälte im Januar nicht gesehen haben, wurde jede« Frühlingsahnen der GarauS ge macht. Leider kann der Mensch die unter dem Einflüsse der seitherigen milden Witterung vor geschrittene Vegetation nicht wie sich selbst gegen die Kälte schützen und es dürsten ganz erhebliche Schäden namentlich in der Landwirthschaft an den frühzeitigen Aussaaten zu verzeichnen sein. — ES ist heute der Ausruf am Platze: „Gedenket der bereit» in großer Zahl eingetroffenen hungernden Der sächsisch« Wrzätzler. Geile ». Singvögel!- — Der Verkehr auf den Straßen außerhalb der Stadt ist furchtbar erschwert, ja zum Theil unmöglich. «I. Bischofswerda, 22. März. Der Obst und Gartenbauverein für Bischosswerda und Umg. hielt am 18. März seine 1. General versammlung ab, zu der sich die Hälfte der 80 Mit glieder ringrsunden hatte. Herr Rittergutspachter Schuhknecht eröffnete die Sitzung >/,5 Uhr und ertheilte Herrn Privat»« Adolf Richter da» Wort zur Berlesung des Kassenbericht», der 28 Mark Bestand aufwieS, die Bersammlung sprach die Ent lastung des Herrn Kassirer» au». Aus dem vom 1. Schriftführer erstatteten Geschäftsbericht ging zur Genüge hervor, daß im 1. BereinSjahre fleißig gearbeitet worden ist. Außer 4 Borträgen über verschiedene Gebiete de» Obstbaues wurde noch eine Demonstration abgrhalten und folgten den anregenden Borträgen regelmäßig lebhafte Aus sprachen, sowohl über das Gehörte, als auch Reden und Gegenreden viel zur Aufklärung von Unver standenem oder falsch Aufgesaßtem beitrugen. Auch auf Ausübung des Vogelschutzes hatte der Verein sein Augenmerk gerichtet, indem er wiederholt da» Anbringen von Nistkästen empfahl und Herrn Kaufmann El. Löhnert veranlaßte, den Verkauf der z. Z. besten Kästen zu übernehmen. Herr Schloßgärtner Seeland, Demitz-Thumitz, hatte reichlich 50 Sorten Aepsel und Birnen vom 4. bis 6. November vorigen Jahres im Vereinslokal ausgestellt, die er sämmtlich in seinem Garten in meist ganz vorzüglichen Exemplaren erbaut und die den lebhaften Beifall der Besucher fanden. Der Be richterstatter nahm auch Gelegenheit, mit Dank auf die Lokalpresse hinzuweisen, die durch Aus nahme von Originalartikeln usw. die Bestrebungen des Vereins gern unterstützt, sah sich aber auch ver anlaßt, zu noch besserem Besuch der Versammlungen zu ermahnen und die Anwesenden zu bitten, dem Vereine immer mehr Mitglieder zuzusühren, soll anders der Zweck des Vereins erreicht werden. Nach Erledigung dieses 2. Punktes der Tages ordnung schritt man zur Neuwahl zweier aus scheidender Vorstandsmitglieder, die nach Ablauf des 1. und 2. Geschäftsjahres lt. Statut durchs Loos zu bestimmen sind, um eine mögliche Zu sammensetzung des Vorstandes aus durchgängig neuen Personen zu verhindern. Herr Vorsitzender Schuhknecht und Herr Lehrer Strudtnrr als 2. Schriftführer wurden auSgeloost, nahmen aber die Wiederwahl, und zwar nunmehr auf 3 Jahre, dankend an. Mittlerweile hatte Herr Wander lehrer Schänder zur Bestimmung unbekannter Sorten zahlreiche aus Wach« geformte, natur getreue Früchte ausgestellt, die von vielen Mit gliedern durch mitgebrachte vorzügliche Apfel sortimente erweitert wurden, um von allen Besuchern der Bersammlung aus ihr Aussehen, ihren Werth, ihre Haltbarkeit und nicht zum ge ringsten — ihren Geschmack geprüft zu werden, nachdem sowohl von Herrn Schänder, als auch von Mitgliedern dem Kosten eingehende Erläute rungen, bez. der obengenannten Punkte voraus gegangen waren. (Wir kommen in einer späteren Nummer nochmals auf diese Kostprobe zurück.) Vor Schluß der Sitzung dankte man Herrn Schänder für seine höchst belehrenden Erläute rungen und wünscht Herr Schloßgärtner Seeland, zum Herbst eine Ausstellung von Obst- und Gartenbauerzeugnissen in Bischofswerda zu ver anstalten, welchem sehr beifällig begrüßten Ge danken man schon in der im Mai stattfindenden Versammlung näher zu treten beschließt. Schluß gegen 7 Uhr. * Bischofswerda, 22. März. (Post schalter dienst.) Bom 1. April ab find die hiesigen Postschalter Wochentags von 7 Uhr Vor mittag» bis 1 Uhr Nachmittags und von 2 bis 8 Uhr Nachmittags geöffnet. Aus die von mancher Seite schon lange gewünschte Ausdehnung der Schalterzeit von 12 bis 1 Uhr Mittags wird be sonders hingewiesen. Im Sonntagsdienste tritt keine Aendrrung ein, so daß die bisherigen Zeiten von 7 bis S Uhr Vormittags und von 12 bis 1 Uhr Mittags in Geltung bleiben. Bischofswerda. Die Großherzogin von Mecklenburg-Strelitz weilte am DienStag zuw Besuche auf Schloß Großharthau und reiste mit dem Zuge 6,25 Nachm. nach Dresden ab. — (Schulprüfungen.) Demnächst treten wir wieder ein in die österliche Examrnzrit, in welcher die Schulanstalten auch weiteren Kreisen einen Einblick gewähren in die Methoden ihre» Unterrichts und in die Ergebnisse de» rückwärt» liegenden Schuljahre», — ein im Schulleben all jährlich wirverkehrender gar wichtiger Zeitabschnitt! Eltern und Erziehern ist der Besuch dieser Prüfungen dringend zu empfehlen. Die Ab haltung öffentlicher Schulprüfungen ist eine In stitution, welche nicht für die Schule al» solche, sondern vielmehr für die weiteren Kreile geschaffen ist, welche den zu unterrichtenden Zögling« nahe stehen und die für deren Fortkommen, in sonderheit für deren geistige» Wohl und ihre Heranbildung zu tüchtigen, brauchbaren Gliedern im Beruf»« und WirthschastSlrben zu sorgen haben. Schulprüfungen sollen daher auch weniger den Zweck haben, zu zeigen, mit wie viel und vielerlei Stoff der Geist de» Schüler» angefüllt worden ist, sondern sie sollen die Probe sein für den Grad, bis zu welchem die Erstarkung der geistigen Kraft des Schüler« vorgeschritten ist. — Aus allen Theilen Sachsens laufen Nachrichten ein über heftige» Schneewetter, viel fach verbunden mit schweren Schneestürmen, die die Ursache zu vielen Verwehungen von Bahn linien gewesen sind. Der ganze Norden, Westen und Osten Deutschlands scheint ebenfalls von demselben plötzlichen WitterungSumschlage heim gesucht zu sein. So melden Telegramme aus Breslau, Posen, Königsberg, Berlin, Hamburg, Kassel und Frankfurt am Main, daß in der Nacht auf Donnerstag und im Laufe de» Tages starker, mit heftigem Sturm verbundener Schneefall auf getreten sei. — Wie man der „Franks. Ztg." aus Sachse« schreibt, ist der lähmende Einfluß der Krise gegenwärtig in allen sächsischen Industrie bezirken zu spüren. „In zahlreichen Fabriken der Dresdner Gegend hat die Arbeitszeit verkürzt werden müssen, einzelne Fabriken haben ein Drittel ihrer Arbeiter entlassen, im Chemnitzer Bezirke fanden Arbeiterentlassungen sowohl in der Maschinen- wie in der Textilindustrie statt, in der Crimmitschau- Werdauer Gegend haben die Bigognespinnereien, ebenso aber auch andere Industrien die Arbeitszeit beschränkt, in Johanngeorgenstadt arbeiten die Handschuhmacher jetzt von Vormittags 9 bis Nachmittags 4 Uhr und verdienen dabei 5 Mark wöchentlich. In den Webereien wird die Arbeits zeit gleichfalls verkürzt; im Bogtlande und in der Lausitz sind Handwerkerlöhne von 4—5 Mark wöchentlich nicht selten. Die Löhne werden voraus sichtlich noch mehr zurückgehen; ganz bestimmt ist dieses in der Strumpfwirker« der Chemnitzer Gegend der Fall, sobald die gegenwärtig in der Ausführung begriffenen Aufträge sich erledigt haben. In dieser Industrie wurden die Löhne erst kürzlich herabgesetzt. Auch in der Kirchberger Tuchindustrie ist die Arbeitszeit verkürzt und e» giebt dort Familien, die mit 10 Mark die Woche auskommen müssen. In den größeren sächsischen Städten macht sich die Arbeitslosigkeit in erschrecken der Weise bemerkbar." — Die „Leipz. NN." bemerken hierzu: „Daß die Lage der Industrie in Sachsen die rückläufige Konjunktur der Gegenwart mitmacht, leuchtet ohne Weiteres ein. Die rück läufige Bewegung erstreckt sich aber durchaus nicht nur auf das Deutsche Reich, sondern sie ist allgemein und z. B. im benachbarten Böhmen gerade so zu beobachten, wie in Sachsen. Der Gewährsmann der „Franks. Ztg." hat die Farben wohl nicht ohne Absicht recht dick aufgetragen. So trostlos ist das Bild, das die sächsische Industrie in unseren Tagen bietet, denn doch nicht. Der Zweck der Uebung wird aber sofort klar, wenn man die Nutz anwendung am Schluffe des Berichtes liest, die folgendermaßen lautet: „ES ist das die geeignete Zeit, um Brotvertheuerungspolitik zu treiben. Das ohnehin geringe Vertrauen, das die ärmeren Klassen in Sachsen zu der Reichs- und Landesregierung, wie zu den höheren Schichten der Bevölkerung noch besitzen, wird dadurch vollends vernichtet." — Da erfahrungsgemäß bei Schluß de» Vierteljahrs die Postanstalten mit Arbeiten über häuft sind, bitten wir unsere Leser, die Bestellung auf den „Sächsischen Erzähler" schon jetzt zu bewirken. Der „Sächsische Erzähler" kostet Vierteljährlich 1 Mk. SO Psg. ML. Wie uns die Handels- und Gewerbe kammer zu Zittau mittheilt, ist von der „Systematischen Zusammenstellung der Zolltarife des In- und Auslandes" der erste Band — die Textilindustrie betreffend — neu aufgelegt worden und im Berlage der Kgl. Hofbuchhandlung von E. S. Mittler und Sohn in Berlin 8^., Koch straße 68, erschienen. Die übrigen Bände »erden theil» ebenfalls demnächst in neuer Auflage er scheinen, theil» werden auch Nachträge zu ihnen herauSgegeben werden. Umschau in der fächs.-preuß. Lausitz und dem Meißner Hochland, 21. März. Durch Feuer wurde vernichtet: Da» Hau» de» Maurer» Loreuz zu Berthelsdorf. — Eia Radler, ein Ziegelträger au» Dresden, stürzte in Raußlitz vom Rade und zog sich ei« schwere Gehira- erschütteruug zu. — Ein bjähr. Mädchen »«de