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- 27 - anschließend zu ihm kommen und ihm die Hand schütteln und sagen: 'Ich wußt nicht, daß es an meinem Theater einen so guten Schauspielei gibt.' Under wfirde antworten: 'Ich big nicht an ihrem Theater.’ Und der Intendant würde sagen: 'Dann wird es Zeit.' Rößler fühlte Glut auf seinem sonst blassen Gesicht, und bei jedem Namen, den der Spre cher beim Verlesen der Ehrengäste nannte, fieberte ihm mehr. Er ging an die Garderobe und drehte den Wasserhahn auf, hätte gern das Gesicht in den Strahl gehalten, doch es war schon geschminkt. So trank er nun ein paar Scnluck, übte dann einige Sätze und versuchte, den Mund locker zu bekommen. Ballala-ballale-ballali - schade, daß Brit nicht da ist, mußte unbedingt zu einer Konferenz, trotzdem - ballaleu-ballalau - spielen werd ich wie nie, morgen zieht die Stadt den Hut vor mir -r na-na-ni-na-nu. Er zog die Uniformjacke an, rückte die Mütze mit dem Adlersymbol zurecht, aalglatter Offizier mit bestialischer Liebenswürdigkeit, so stand es im Textbuch. Renel kam in Häftlingskleidung, spuckte ihm ein Toi-toi-toi auf die Schulter, und sie hörten das dumpfe Moll der Einleitungsmusik. Dann war auf einmal sein Kopf ganz leer, nichtmal der erste Satz wollte ihm ein fallen, aber als er die Bühne betrat, wich alle Nervosität. Er hat te sich in den Proben zurückgehalten, um jetzt zu glänzen. Das Ge sicht knochig formen, den Körper krummrücken, an den Häftlingen vor- beizittem, hatte er nicht diese Haltung schonmal demonstriert? 'Sie sind unmöglich, viel zu natürlich, im Kabarett können sie über ziehen, das ist ja das schöne.' Aber dies hier war kein Kabarett, die Rolle verlangte Persönlichkeit, kein oberflächliches, äußerlich aufwendiges Sich-in-die-Szene-stürzen. Die ersten Lacher im Saal quittierte er noch mit Genugtuung - na bitte, man nimmt mich zur Kenntnis, ich höre, daß ich da bin! Er war wirklich großartig, wie er die Parade abwackelte, brüchige, gepreßte Stimme, erst gezischt und dann gebrüllt, seniler Oberst, ohne Gefährlichkeit, nur noch