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- 5 - nach einem Kaffee klingelte. Damals wußte Rößler nicht, ob er stolz oder wütend auf sich sein sollte, jetzt jedenfalls kam er sich sehr sauber vor. Er zerknüllte das Notizblatt, unfähig zu arbeiten, und sagte zu Re- nel, der schläfrig in der Ecke saß: "In drei Stunden sind wir zu Hause," Der aber zog seinen Mantel vors Gesicht, wortlos, und da lehnte sich auch Rößler zurück und begann, hinter geschlossenen Augenlidern Träume zu malen; Brit auf dem Bahnsteig, dem ewig grauen, jahreszeitlosen, mit Blu men, die sind ein bunter Klecks mitten im Ruß, und als er sie um armt sagt sie: Es war schrecklich, der Zug hatte Verspätung! und er sieht zur Uhr und sieht, daß der Zug tatsächlich zwei Minuten ver spätet einfuhr, und sie hält ihm die Blumen unter die Nase, und die Blumen sind noch ganz frisch trotz Zugverspätung - sagt sie kein Wort, hält ihn nur immerzu fest und glaubt nicht, daß die sechs Wochen vorbei sind, und dann beißt sie ihm ins Ohr, so wie damals, als er sie heimlich in der Entbindungsstation besuch te - sagt sie; Jetzt nicht, vor dem Bahnhof wartet ein Taxi, da sind wir schneller zu Hause, umarme mich dann, ich freu mich so auf dann. Er verspürte nun plötzlich Lust, die Gesichter im Abteil freundli cher zu stimmen, das Ehepaar auf dem Gang zu einem Kuß zu zwingen, weil es sich stundenlang anschwieg, als sei der Koffer zwischen ihnen eine Grenzmarkierung, Er dachte sich noch andere Varianten der Begrüßung aus, ließ Brit Sätze sprechen, von denen er selbst in dieser Situation wußte, daß sie sie niemals sagen würde, und dann rüttelte er Renel; "Wird dich Vera abholen?"