Volltext Seite (XML)
gen seinen Nacken sprechen: "Ich wollt dirs jetzt nicht sagen, ich wollt dir jetzt nur Liebes sagen." Er wandte sich ihr zu, beide sahen sich eine Weile wortlos an , er spielte in ihren Haaren. Dann erzählte sie, stockend erst, diese Geschichte: Da hatte sie einen kennengelernt, vor zwei Jahren etwa, der bedeute te ihr einst alles, mit dem wollte sie durch Dick und Dünn gehen. Mit dem hatte sie sich auf Fußballplätzen heisergeschrien, auf Karusselln schwindliggedreht, in den Türmen der Altstadt herumgetrie ben und Fledermäuse gezählt. Der hatte sie mit Banarbeiterhänden Zärtlichkeiten gelehrt und das, was sie in einem Elternhaus voller Zwistigkeiten nie gefunden hatte; Den Glauben an die Liebe. Vor ei nem Jahr mußte er zur Armee, dreihundert Kilometer weg, und er hatte sie zum ersten Mal nach zehn Wochen besuchen können, und sie hatte gemerkt, daß er sie jetzt brauchte wie noch nie. Und war alle Monate einmal zu ihm gefahren. "Deshalb, sagte sie, "deshalb bin ich so." Er war mächtig stolz, diesen Zweikampf in ihr gewonnen zu haben und sagte: "Aber jetzt bist du bei mir." Sie sah ihn an. "Vorige Woche war ich bei ihm. Ich wollts ihm sagen. Aber als ich vor ihm stand nach acht Stunden Bahn-und zwei Stunden Busfahrt, da war alle Kraft hin. Da stand er einfach vor mir und lachte, und ich könnt ihm nicht ins Gesicht sagen: Machs gut und vielen Dank für alles." "Du willst ihn weiterhin belügen?" fragte Rößler. "Ein halbes Jahr noch. Bis er entlassen wird* Das ist das Sauberste, was ich jetzt machen kann."