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essantere Abwechselung versprach, als immer in den Regen hinauszugucken. „Ja, mein Herr, fragen Sie lieber, was ich sein könnte. Ich brauchte nicht um ein Glas solch elenden Zeugs betteln zu gehen, ich könnte jetzt Wein trinken, teuersten Wein." „Wie ist denn das da gekommen, daß Sie jetzt — ä hm —" „Bettler sind, Lump, Vagabund, immer sprechen Sie's aus, mein Herr, ich weiß, was ich bin, und daß es meine und der andern Schuld ist. Wie es kam? Das alte Lied: Die Liebe und der Suff — „Wenn Sie uns Ihre Geschichte erzählen," ergriff der dritte Gast das Wort, „spendier ich Ihnen noch einen Korn." „Zu erzählen ist da nicht viel, doch den Korn nehm ich. Mein Vater war ein reicher Bauer, wo, kann ihnen schnuppe sein. Ich war ein junger Forstgehilse, könnte jetzt Ober förster sein, wenn nicht mein Lehrherr eine so hübsche Toch ter gehabt hätte. Ich machte ihr den Hof, leider nicht rück sichtslos genug, was ein Polizeigehilfe vortrefflich ver stand, der wegen der zahlreichen Mausereien zur Unter stützung vom Gendarm ins Dorf kam. Wo er konnte, machte er mich bei meinem Oberförster schlecht, was ich durch das Mädel, die mich lieber hatte, erfuhr. Doch bei dem Alten fanden seine Worte guten Boden. Der guckte mich jetzt schief an, und als wir uns einmal angepfutzt hatten, kündigte er mir, ich flog. Den letzten Abend im Dienste kam ich später heim, ging in die Schenke und spülte meinen Arger mit einer gehörigen Welle runter. Wie ich heim kam, hörte ich's flüstern in der Laube und sah, wie der verfluchte Gendarm meiner Liebsten einen Kuß gab. „Wart, Du Hund," rufe ich, „jetzt rechnen wir ab." Da springt die Kanaille vor, versetzt mir einen Schlag ins Gesicht und will durch den Garten davon. Aber, ich hab schließlich auch kein Froschblut, reiße die Knarre runter nnd brenn dem eins nach. Das mar der schlechteste Schuß in meinem Leben, ich war sonst kein schlechter Schütze. Das Schwein sielte sich in Dreck und Blut, nach einem halben Jahre war er wieder mobil, und ich, nach fünf Jahren. Jawohl, meine Herren, als ich nach fünf Jahren entlassen wurde, war er Wachtmeister und sie Frau Wachtmeisterin, und mein Leben lag zertöppert vor mir, ein Scherbelhaufen. Alle mieden mich, wie das Feuer. Da hab ich sie alle verachtet, alle mit einander. Im Wald bei den Tieren, dort fühl ich mich am wohlsten, da denk ich manchmal noch an früher." Fast pein lich wirkte die Stille in der Stube nach der Erzählung des Bettlers. Mit kurzen derben Strichen war den Anwesen den ein zertrümmertes Leben gezeichnet worden. . „Armes Luder, Du kannst een dauern," fing der Brief träger mit aufrichtigem Mitleid wieder die Rede an. „Bedauer mich nicht, bedauer Dich, daß Du mußt in solcher Gesellschaft leben." „Warum arbeiten Sie denn nicht, Arbeit läßt allen Schmerz vergessen," belehrte der eine Fremde den Bettler. „Ha, ha, arbeiten, ich arbeite wenig,' denn Arbeit hat keinen Segen, das hab ich erfahren, ich liebe niemanden,' denn Liebe ist Betrug, ich hasse alle,' denn dadurch werde ich nicht mehr enttäuscht." Hart setzte er sein Bullchen auf die Tischplatte nieder, zog sich den löchrigen Filz tiefer ins Gesicht und verließ ohne Gruß das Zimmer. Seine gebückte Gestalt wurde allmählich von dem Regengrau verschluckt. Die drei saßen stumm mit ihren Gedanken da. Eine Lache schlechten Schnapses war von dem Bettler ans dem Tische übrig geblieben, ein Sinnbild seines betrogenen Lebens glückes. Herbstlich kühl und grau war es auch plötzlich in der Stube geworden, nnd stilles Mitleid folgte dem Land streicher, der resigniert und alles Gute verneinend im Regen weiter irrte ohne Ziel, ohne Zweck, da fremde Ge meinheit und eigene Heißblütigkeit ihm seinen Lebenszweck zertrümmert hatten. Ärger denn zuvor regnete es und rumorte es in der Dachrinne, daß sich auch die drei Gäste kurz verabschiedeten und wortlos auseinandergingen. j Alte Grabdenksteine in Schirgiswalde Im ersten Teil meiner Arbeit sind die Grabsteine am alten s Totengräberhäuschen beschrieben worden. Da sich aber auf dem s Friedhof noch eine Anzahl bemerkenswerter älterer Grabmale - befinden, sollen diese kurz beschrieben werden. In erster Linie die Bischofsgräber. Das älteste von diesen ist das Grab des Dekan Wenzelslaus Kobolds, gestorben 1798. Auf einer Sandsteinplatte ist in ovaler Ein- fassung folgende Inschrift zu lesen: „?ise — Nemorise keverenckW Oolleßü cspitulsrm exeemtse Lcclemse 8t. ?etri 8ucli88inu6 Osnonicu8 8ciiois8ticu8 ckie 15^»FpriIi8 1795 im Decsnum prsekstse Lcclemse. 6t FAministrstorem Lpmcopstrm d1i8ll. per utrsmque Drmstism electus, psucck ckiebrm Kia 8ckirZi8>vsIäs6 comorstu8 ctie 2ÜLd1svi 1796 sppolexis tuctuo SZN68 snnum 65lLL repente vitsm exiisisvit." Zu Deutsch: „Dem frommen Andenken an den Hochwürdigsten Hochverehrten Herrn Herrn Wenzelslaus Kobolz gewidmet. Derselbe wurde als Kanonikus Scholastikus des hochwürdigsten Kapitels der exempten Kirche St. Peter in Bautzen den 15. April 1795 zum Deckant genannter Kirche und zum Administrator des Bischofs von Meißen in den beiden Lausitzen erwählt und gab, einige Tage hier in Schirgiswalde verweilend, den 2. Mai 1796 — von einem Schlagflusse getroffen — im 65. Lebensjahre seinen Geist auf." Bischofsmütze und Stab sind der Schmuck des Grabmales. * * * Der Stein des Bischofs Ignatius Bernard Mauer mann in fast gleicher Größe (140X85 cm) und Ausführung wie der erstere zeigt folgende Inschrift: „ttic requie8cit ciiemque 8upermi juclicii ex8pectst IIIu8ri8t8imu8 Igns1iu8 Lerniisrciu8b4suermsiin. Lpiscoprm ?6ll6N8i8, Vicsriu8 Hp08t0licu8 per reZnum 8sxonise, ^cimmcktrstor 6ccle8is8ticu8 Kpi8copstu8 dlck- nen8i8 in Du83tis sc Oecsnuo Venersbilm Lspituli inZenuse Lccle8ise Lucki88se etc. etc., qui 8ckirAi8cvslclse ctie II. 8eptembri8 184t setste smorum 55 mermium 7 pie in Domino obict 8sncts eccleoise jura Zuerst Ovibu8 lonZe cii8per8i8 p38tore8 ?srvuii8 piO8 mittere msgwtroo UneZusm ce88svit kiclu8 ciioece86O8 rector, Pempls ckosoque cri^eno, Op68, vire8 vitsm que OreZi 8scrilican8 tzuocl moriu- mentum piets8 krsterns Lpmcopi ksmstenom et Vjcsrii Hpcwtolici per re^num 8sxonise kstsncwci Dsurentii Usuermsnn kieri kecit." Zu Deutsch: „Hier ruhet und erwartet den Tag des jüngsten Gerichts Se. Gnaden der Hochansehnliche Ignaz BernardMauermann Bischof von Pella, Apostol. Vicar für das Königreich Sachsen, kirchlicher Administrator des Bischofs von Meißen in der Lausitz und Dechant des Ehrwürdigen Dom-Kapitels zu Bautzen rc. rc., der zu Schirgiswalde den 14. September 184t in einem Alter von 55 Jahren, 7 Monaten fromm im Herrn verschied. Die heiligen Rechte der Kirche zu schützen, den weit zerstreuten Schafen Hirten, wie den Kleinen würdige Lehrer zu senden, ruhte niemals der treue Führer des Bistums, Kirche und Schule errichtend, weihte er all sein Vermögen, seine Kraft und sein Leben der Herde. Dieses Denkmal ließen ihm errichten in brüderlicher Liebe der Bischof von Rama und Apostol. Vicar für das Königr. Sachsen Franz Laurenz Mauermann." * *