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Großschönauer Tagung der Gesellschaft für Lausitzer Schrifttum In Ausführung eines Beschlusses der Görlitzer Zu sammenkunft fand die Svmmertagung der Gesellschaft für Lausitzer Schrifttum am 26. und 26. Juni in Großschönau statt. Die Ausgestaltung hatte der dortige Lusatiauereiu „Saxonia" übernommen und zu diesem Zwecke seinen Ge- samtoorstand zu einem Ausschuß erweitert, der iu mehreren Sitzungen die umfassendsten Borbereitungen getroffen hatte. Infolgedessen wickelten sich die beiden Tage in einem be sonders vornehmen Nahmen ab. Den Auftakt bildete am Sonnabend im „Weiuhaus" ein ausgezeichnet angelegter Lausitzer Abend, dessen einzige Enttäuschung darin bestand, daß in letzter Stunde ausgerechnet drei führende Persön lichkeiten der Bereinigung die versprochenen Darbietungen absagen mußten, da sie durch triftige Gründe am Er scheinen verhindert waren. Auch im übrigen hatte eine ganze Reihe stark besuchter Parallelvcranstaltuugeu in der ganzen Lansitz einen gewissen zersplitternden Einfluß ans die Schriftsteller und das Publikum ausgeübt. Die großzügig zur Verfügung gestellte» Privatquartiere kvuutcu nicht alle belegt werden. Immerhin waren 17 Angehörige des Ver bandes anwesend, und die öffentliche Veranstaltung am Sonnabend war erfreulich gut besucht. Die ebenso reichhaltig als gediegen ausgestattetc offi zielle Vortragsfolge wurde ausschließlich von Groß schönauer Herrschaften bestritten, und man konnte mit Recht darüber erstaunt sein, welch eine Fülle schöpferischer Kräfte der Ort aufzuweisen hat. Eine kleine, aber erlesene Schar von Justrumentalkünstlern vereinigte sich zu Orchesterdarbietungen, die die Einleitung und den Schluß der beiden Prvgrammteilc bildeten, und zwar kamen namentlich die beiden bedeutendsten Lausitzer Tondichter, der Ostritzer Edmund Kretschmer und der Zittauer Heinrich Marschner, in erfreulich starkem Maße zur Geltung. Die drei kurzen Ansprachen des Abends wurden durch die packende Wiedergabe des Krönungsmarsches und des Eriksgangs aus der Oper „Die Folkunger" umrahmt, während Marschner mit dem selten gehörten Vampyr vorspiel und einer Romanze für Klavier, Violine und Cello zu Wort kam. Herr Schulleiter Werner als Vorsitzender der „Saxonia" widmete den auswärtigen Gästen und der ansehnlichen Hörerschaft herzliche Worte der Begrüßung und würdigte in gehaltvollen Darlegungen de» Wert des heimatlichen Schrifttums. Im Namen der Gemeinde Groß schönau entbot der stellvertretende Bürgermeister Herr Schaufuß den Schriftstellern freundliches Willkommen, indem er ihnen gleichzeitig wertvollen Aufschluß über den bemerkenswerten Aufschwung des Ortes gab. Er verwies auf das Luft- und Schwimmbad, die Jugendherberge, das vorbildlich geleitete Krankenhaus und vor allem auch auf das sin der Tat höchst sehenswerte) Krnmbholzmuseum, dessen weiterer Ausbau mit allen Mitteln gefördert werden »ivchte. Weiterhin betonte er die reizvolle landschaftliche Umgebung und sprach dann über die besonderen schönen -lufgaben der Gesellschaft für Lausitzer Schrifttum, die in der Vergangenheit schürfe, um.sie der Nachwelt zu erhalten und in der Gegenwart baue, nm die Zukunft zn gestalten. Die sehr beachtlichen Worte des Redners klangen in gute Wünsche für den ersprießlichen Verlauf der Tagung aus. Den Dank der Gäste für den ausgezeichneten und herz lichen Empfang brachte der Alterspräsident der Tagung, Professor Kurt M üller ans Löbau, zum Ausdruck, indem " die Abwesenheit der beiden Vorsitzenden und anderer beschützter Mitglieder bedauerte und Zweck und Ziele der Bereinigung kurz streifte. Den Kern des ersten Teiles bildete eine sehr beifällig »ufgenvmmene Aufführung des zweiaktigen Heimatspiels »Die Entführung", das bekanntlich zu den drama tischen Erstlingen der Muse Wilhelm Friedrichs gehört und ein Stück Lausitzer Volkstums aus vergangenen Jahr hunderten in lebendigen Farben Wiedererstehen läßt. Die Darsteller waren Mitglieder der Volksspielkunstgemeinde Großschönau, die sich erst kürzlich mit dem Schauspiel „Die Brüderhöfe" von Wilhelm Friedrich so vorteilhaft in Zittau vor einem größeren Publikum eingeführt hatten. Die Spielleitung und das Bühnenbild hatte Paul Reuter mit bewährter glücklicher Hand besorgt,- ein kleiner Ana chronismus in der szenischen Aufmachung blieb von den meisten unbemerkt. Unter den Mitgliedern zeichneten sich in den Hauptrollen Reinhard Rudolph, Martha Vater, Lisbeth Berndt, Minna Müller, Ida Thiele und — der ungenannte „F l ü st e r g e i st" besonders aus. Auch die kleinen und kleinsten Partien waren angemessen besetzt. Nach dem letzten Fallen des Vorhangs wurde dem Ver fasser noch eine bemerkenswerte Ehrung zu Teil, indem Herr Reuter ans der Bühne unter höchst anerkennenden Worten sowie laute!» Beifall des Publikums im Namen der Bolksspielkunstgemeindc die Urkunde ihrer Ehren- Mitgliedschaft an Wilhelm Friedrich anshändigte. Der zweite Teil der Vortragsfolge enthielt ganz über wiegend musikalische Darbietungen, und zwar Schöpfungen lebender Lausitzer Zeitgenosse», die in mehreren Fällen unter persönlicher Mitwirkung ihrer Komponisten zu Ge hör gebracht wurden. Bon großem Interesse ivar die „Kleine Suite für Klavier, Violine nnd Cello" von Max Krause-Großschönau. Nicht minder gefielen je drei Lieder von N. Schiffner und Oskar Schneider, die beide in Großschönau geboren sind, und die beiden Cello vorträge (mit Klavier) „Nachtgesang" und „Pastorale" des ehrwürdigen Meisters Hermann Wenzel, der beim Er scheinen auf der Bühne herzlich begrüßt wurde. Es dürfte abwegig erscheinen, bei einer derartigen Gelegenheit nm jeden Preis kritische Bedenken nach dieser oder jener Rich tung zur Sprache zu bringen: wir freuten uns im Gegen teil, an einem Abend nicht weniger als vier s v tüchtigen lebenden Großschönauer Tondichtern zu begegnen, deren Werke ehrlichen nnd ungeteilten Beifall fanden und die Heimatgemeinde zu stolzer Genugtuung berechtigen. Wohl begründeten Anteil an dem schönen Erfolg hatte der Groß schönauer Bariton Herr Günther, der die Lieder mit reicher, klangvoller Stimme und seclcnvollem Vortrag zn Gehör brachte. Die einzige rezitatorische Gabe dieses Teils lieferte der junge, vielversprechende Dentschböhme Artur Hockauf, der in Großschönau Zuflucht nnd eine neue Heimat gefunden hat, mit dem Vortrag einer packenden eigenen Novelle „Hampelt würfelt den Tod", der im nicht offiziellen Teile noch eine ansprechende Skizze „Die Kuckucksuhr" folgte. Beide Arbeiten behandeln Warns- dorfer Motive und überraschen angenehm nach Form nnd Inhalt. Der Verfasser dürfte als aussichtsvoller Nachwuchs für das heimatliche Schrifttum anzusprechen sein. Der dritte Teil, das anschließende gesellige Bei sammensein, sollte den Großschönauern die persönliche Be kanntschaft mit den führenden Geistern der Vereinigung vermitteln. Das hier Oskar Schwär, Fritz Bertram nnd Rudolf Gärtner mit ihren in Aussicht gestellten Vorträgen fehlten, wurde natürlich allgemein bedauert und die dafür eintretcnden Kräfte hatten keinen ganz leichten Stand, fanden aber doch freundlichen Beifall. An den Vor trägen waren Martin Weise (Dresden), Margarete Reichel - Karsten sGörlitz), Herbert Henkner sBautzen) und der Berichterstatter beteiligt. Trotzdem es ziemlich spät geworden war, setzte am. Sonntag frühzeitig der Betrieb wieder ein. Unter sach kundiger Führung wurde zunächst das Krnmbholzmnseum besichtigt und gebührend bewundert. Dann fand man sich auf dem Hutberg zusammen, wo sich im Svnnenglanze ein herrliches Landschaftspanvrama bot. Nach 10 Uhr wurde daselbst die eigentliche Tagung eröffnet und im Auftrag des