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3d6 Gbee!aufltzer Hetmatzsttung M.2Z Die Urlauber E. Nterich. Neukirch „Musketier seins lustge Brüder, haben frohen Mut," so, niehr schreiend als singend, zogen im Jahre 1785 einige von der Kompanie nach ihrem Wohnort Neukirch beur laubte Soldaten durchs Dorf. Hier lebten sie mit Weib und Kind meist arbeitslos, wie es in einer Anzeige heißt: „Da er kein ordentliches Gewerbe betreibt, sondern nur zu Hause den Rocken spinnet nnd in allen Schenken sich fin den lasset," und hausten zum Schrecken aller Bewohner, denen sie das Leben zur Hölle machten,' denn sie unter standen der Militärgerichtsbarkeit und konnten sich daher den einheimischen Gerichtspersonen gegenüber die Worte erlauben, die der Urlauber Förster dem Schöffen Schramm im Obergerichtskretscham, dem jetzgien Hofgerichte, zurief: „Du willst ein Gerichtsmann sein'? Ein Schweinhund, ein Hundsfott bist Du! Komm nur herunter, so wollen wir Dir die Gedärme aus'm Ranzen heraustreten!" Sie zogen ins Niedergertcht, wo sich viele Einwohner versammelt hatten. Kamen sonst Urlauber herein, so standen die meisten auf und verließen das Lokal, denn „es könne kein Mensch einen Krug im Gerichte in Ruhe trinken, weil die Soldaten fort während Schlägereien anfingen," lautete eine Beschwerde. Diese Klagen kamen nur zu oft an die Kompanie. Heute aber sollten landesherrliche Befehle und Verordnungen be kannt gegeben wrden, also mußte man hier bleiben. Wäh rend die Dorfgerichtspersonen begannen, die Schriftstücke vorzulesen und allgemeines Stillschweigen herrschte, be gannen die Soldaten einen furchtbaren Lärm zu machen, ein Dragoner fluchte greulich und zerschlug Geschirr, wäh rend der Musketier Thonig das vom Neukircher Aktuar ausgehende Verbot, mit brennender Tabakspfeife durchs Dorf zu gehen, mit dem Zuruf beantwortet: „Er habe ihm einen Dreck zu befehlen, es gälten hier keine Haarbeutel nicht." Nach der Versammlung saßen die Alten noch bet einem Kruge Bier beisammen, während sich die Jugend zur Tanzmusik des Hackebrettes drehte. Den damals üb lichen „Vorreyhen", einen von einem Tänzer bezahlten und I allein zu tanzenden Reigen, zu stören, war ein Haupt vergnügen der Soldaten. Zunächst ging es ans Schimpfen, bis man nach den Waffen suchte, die aber die Gerichts wirtin in kluger Voraussicht weggeräumt hatte. So ergriff der Musketier Augst einen Bierkrug und schleuderte ihn nach seinen Gegnern. Das Gefäß traf die Braut einer Hochzeitsgesellschaft an den Kopf, schlug ihr ein Loch in die Stirn, drei in die Nase, eines in die Wange und zersprang in Stücke. Bei dem nun entstandenen Geraufe erging es dem Wüterich nicht gut; denn ihm wurde der Zopf aus gerissen, und der Bericht des Dr. Weitzmann, der als Medicus zu diesen Tanz- und Bierabenden fast regelmäßig geholt wurde, zählte zahlreiche Wunden am Kopf, am lin ken Beine und an der Seite auf. In den alten Gerichts akten ist über eine Bestrafung des Musketiers nichts zu lesen, ja der Freiherr v. Huldenberg, der auf Auslieferung des wieder in die Garnison zurückgekehrten Musketiers bestanden hatte, erließ ihm großmütig die von den Neu kircher Gerichten auferlegte Haft von 15 Tagen. Aber die beteiligten Zivilpersonen mußten 2 Gulden Schmerzens geld, sowie das „Heilerlohn", einen Neuschock oder 6 Tage Gefängnis als Strafe aufbringen. Auf dem Heimwege ver übten die „Helden" noch allerhand Unfug, rissen dem Frei häusler Werner den Zaun nieder und liefen quer durch dessen Garten. Der Besitzer, der mit seiner Familie noch in später Nachtstunde am Tische saß, hörte Tritte, ging hinaus und fragte, was für Kerle seinen Zaun einrtssen, und ob auf dem Wege nicht Platz genug sei. Da erkannte er mit Schrecken Musketiere vom Bautzener Jnfanterie-Regi- mente. Einer derselben zog, über den Ausdruck „Kerle" wütend geworden, den Pallasch und schlug dem Werner, der nicht schnell genug ins Haus kam, über den Kopf, daß er blutend niedersank. Nach dem Berichte des Medicus muh die Wunde sehr lebensgefährlich gewesen sein. Diese Helden tat brachte aber dem tapferen Soldaten acht Stunden Flintentragen ein. Diese Strafe bestand darin, daß -er Verurteilte drei bis fünf Flinten mit Labestöcken und Ba jonetten auf beide Schultern verteilt mit den Kolben nach hinten halten mußte, bet der Ungefügigkeit der damaligen Waffen wirklich kein kleines Stück, weswegen diese Strafe auch nie länger als zwei Stunden hintereinander mit mindestens vierstündiger Zwischenzeit ausgeführt werden durfte und zwei Stunden Flintentragen einer Woche Arrest oder zwölf Stockschlägen gleich kam. Die sonst sehr milde Bestrafung der Ausschreitungen der Soldaten hatte zur Folge, daß sich die Roheiten öfter wiederholten und kein Dorfbewohner unbehelligt an Ur laubern vorbeikommen konnte. Dabei fanden diese in den Rekruten gleichgesinnte Gehilfen, die sie sogar an Ruhe störung und Flüchen gegen Gerichtspersonen noch über trafen. 1792 zog der Grenadier Fröde bei einer Tanzmusik den Hackbrettspieler Schraknm ohne jeden Grund an den Haaren vom Instrument weg und schlug ihn blutig. Bei einem „Rhetgentanze" rissen übermütige Soldaten einen Tänzer von seiner Tänzerin ohne jeden Grund weg und schleuderten ihn an die Wand, wo der am Kopfe blutende Bewußtlose noch weiter mit Schlägen bedacht wurde. Von diesem Gemißhandelten wendete sich ein Musketier weg zu drei ruhig an einem Tische sitzenden Knechten, fragte, was sie von ihm zu räsonnieren hätten, und schlug mit dem Pal lasch einen nieder. Trotz aller Bitten auch seitens der Gutsherrschaft, diese Störenfriede nicht mehr auf Urlaub zu schicken, kehrten sie immer wieder nach Neukirch zurück, da die Beurlaubung für den Kompanie-Inhaber ein Nebenverdienst war, von dem er verschiedene Erfordernisse zu bestreiten hatte. Wenn man bedenkt, daß von der Bevölkerung oft noch ge fordert wurde, diese Urlauber, die für sie nur eine Plage bedeuteten, zu verpflegen, ja, wie eine Gemeinderechnung vom Jahre 1793 besagt, sogar noch „vor 1 Soldaten Mon tur erkaufet," also eine neue Uniform zu liefern, und die Urlaube erstreckten sich oft auf mehrere Monate, so kann man verstehen, daß der Soldatenstanü bei der Bevölkerung gehaßt und verachtet wurde, und daß der Soldat in Kriegs zeiten noch einen anderen Feind hatte, den Bauern im Lande. Trotzdem hatte er gerade in der Landbevölkerung, die unter der ewigen Fron seufzte, die meisten Bewunde rer, sahen die jungen Burschen doch im Soldaten einen Menschen, der die Freiheit genießt, darum dachte mancher, der sich anwerben ließ, wie das Soldatenlied singt: Sollt ich einem Bauern dienen und mein Brot in Schweiß verdienen? Bruder, nein, das mag ich nicht. Lieber will ich in dem Felde mir verschaffen Brot und Lohne, wo man von den Waffen spricht: Einem Bauern dien ich nicht! Ein Steuerregister der Stadt Bischofswerda aus dem Jahre 1529 Von Dr. phil. Erich Baldauf In dem sächsischen Hauptstaatsarchiv in Dresden be findet sich ein „Register der Schatzung und Sle wer der Einwoner in der Stadt Bischofs werda" aus dem Jahre 1529, aus dem wir verschiedene interessante Angaben über die Anzahl der Einwohner und ihre Vermögensverhältnisse zu entnehmen vermögen. Nach einer Notiz sind nur die Einwohner in dem Register ent halten, „welche nicht vorbrandt sein". Leider läßt sich nicht feststeUen, ob sich diese Bemerkung noch auf den großen