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Sonntag, 14. November 1920 M Grsch?,'ni allen 14 Tcrge AneiVcrgs' Blatter für L?elmatfunöe Scyristleitung und Geschäftsstelle in°9?eichenau,Sa. Fernsprecher Nr. 21S 1. Jahrgang Gefct)ict)te, ^Ku nft Litenatun' Drucft u.Verlo<z:Älwin Marx (Jnh.Otto Marx) Sudlaustl^er Nachrichten, Reichenaus Sa. M.30 Unbereckitiyter Nactiöruc^ verboten er alte deutsche Erbfeind des Parteihaders, der in I » dynastischen und konfessionellen, in Gtammesver- W W schiedenheiten und in den Fraktionskämpfcn seine W I Nahrung findet, der übertrug sich auf unser öffent- I liches Leben, auf unsere Parlamente, und wir sind I angekommen in einem (Zustand des öffentlichen I V Lebens, wo die Regierungen zwar treu zusammen- halten, im deutschen Reichstag aber der Hort der Einheit, den ich darin gesucht und gehofft hatte, nicht zu finden ist, sondern der Parteigeist über wuchert uns, und der Parteigeist, wenn der mit seiner Lokistimme den Nrwähler Hödur, der die Tragweite der Dinge nicht beurteilen kann, verleitet, daß er das eigne Vaterland erschlage, der ist es, den ich anklags vor Gott und der Geschichte, wenn das ganze herrliche Werk unserer Nation von 1866 und 1870/71 wieder in Verfall gerät, durch die Feder hier verdorben wird, nachdem es durch das Schwert geschaffen wurde. Bismarck, Nede vom 13. März 1885. slttttttMMttttttMMIIIIIIMIslllllttlllllllllllttlllllUttUUttllUUIIlMMlIIIIMlMlIIttttttllllttlttll Christian Weise, der Rektor von Zittau, als Lustspieldichter Bon R. H., Bautzen 18. Jahrhundert schenkte die Lausitz der Literatur einen Lessing, im 17. Jahrhundert schenkte sie ihr MW» einen Christian Weise, den Gymnasialrektor von Zittau — keinen Berg gleich jenem, wohl aber einen höchst beachtenswerten Hügel. Um vor der Nachwelt groß zu erscheinen, muß zu aus gesprochener Begabung die Gunst der Umwelt kommen. Das Deutschland des 17.1 a h rh un d erts erscheint unfern Augen als Flachland, so erhaben stch seine Vertreter im all gemeinen auch fühlen mögen. Der nüchternen Einfachheit germanischer Reformation hat die romanische Gegenrevolution den pompösen Prunk des Barock folgen lassen, schwerfällig, pompös in der Form, fremd im Inhalt. Die Säulen seiner Säle krümmen sich unter der Wucht der schweren Fruchtgehänge überlasteter Stuck decken. Schwerfällig und riesig, als sollten Herkulesse auf ihnen Platz nehmen, spreizen sich überreich gezierte Möbel an düsteren Wänden. Wandelnden Pyramiden gleich wogen die Menschen einher. Ihre großen Gesichter, gedunsen von allzuguter Kost, quellen mühsam und doch höchst wichtig aus dem Lockenmeer noch größerer Perücken hervor. Schwer, wie aus Holz geschnitten, bauscht sich die dicke Gewandung von Samt. Barock, schwerfällig, überladen und fremdartig, ungenieß bar in ihrer Mehrzahl sind auch die Literaturwerke dieser Zeit. Die Sprache ein grelles Flickwerk aus fremden Fetzen lateinischer, französischer, italienischer und spanischer Her kunft, gewunden, verschnörkelt, kraus und bleiern. Kraus und schwerfällig die Gedanken, die sich den verbildeten Hirnen entringen: fremd — dem grauen Altertum entlehnt — die Stoffe, an denen sie sich betätigen. Nach außen übererhaben, innen hohl. Weise hätte ein Genie ersten Ranges sein müssen, hätte er unter der Herrschaft eines solchen Zeitgeistes Endgültiges geschaffen. Daß es ihm in seinen Lustspielen gelang, auch heute noch lesenswert zu sein, im großen ganzen einfach, volkstümlich,deutsch und humorvoll zuschreiben.rechnetihm die deutsche Literaturgeschichte hoch an, zumal er gar nicht die Absicht hatte, für öffentliche Bühnen zu arbeiten. Er schrieb fürdieSchülerseinesGymnasiums.Diese Schul Komödien, eine Einrichtung, die Weise bei seinem Amtsantritt schon vorfand, sind die Enkel einer ehedem recht angesehenen Familie: der Fastnachtsspiele. Was noch zu Hans Sachsens Zeiten als öffentliche Angelegenheit die ganze Gemeinde be geistert hatte, fristete jetzt, ein bescheidenes Veilchen, im stillen Winkel der Schule: war Iugendspiel geworden. Das regel rechte, öffentliche Schauspiel war in Deutschland zur Null geworden. Die Schauspieler waren wenig angesehen, ja fast verachtet. Fahrende Truppen aus England und Frankreich traten als Lückenbüßer auf. Unserem ehrsamen Rektor war es ein wenig unheimlich bei dem Gedanken, auf Grund inneren Triebes und äußerer Überlieferung dem verachteten Komödiantentum Vorschub leisten zu müssen. Es gibt kaum ein Spiel, in dessen Vorrede er nicht versucht, sich von der Schändlichkeit seines Gebührens rein zu waschen. Die Spiele sind ihm „Eitelkeiten". Aber es geht nun einmal nicht anders; er weiß, daß „vor diesem dem Rectori gleichsam ein Defekt zugezogen worden, wenn er sich zu solchen exercitiis etwas beschweret habe finden lassen." Und schließlich ist es ihm in „reZarci" seiner „Profession keine Schande", wenn die Leute sprechen, er könne Komödien „machen": denn sie geben ihm Zeugnis, daß er sich „in den Stylum, in den Unterschied der Gemüther, in die Affekten, und in die politischen Oratorien finden kann". Das eine vor allem tröstet ihn: »Es ist Gott nicht zuwider, daß wir eine