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heißen Tee und flößte ihn dem Kranken ein. Bald darauf fiel der Ohnmächtige in einen tiefen Schlaf. Am andern Morgen stand meine Mutter am Herde und machte sich daselbst zu schaffen. Da sagte eine heisere Stimme: „Frau Richter, kennt Ihr mich nicht mehr?" — Erschrocken blickte sich meine Mutter um, da saß der Kranke aufgerichtet in seinem Bett und starrte sie an. „Ich war schon einmal in diesem Haus —im Quartier — letztes Jahr und hab damals Frevel getrieben mit Eurem Brot. Könnt Ihr mir verzeihen? — Gott hat mich genug gestraft!" Die Mutter schickte mich schnell zum Vater. Wie staunte der, als er vernahm, wer unser Gast war. Mein Vater trat an des Kranken Lager, reichte ihm die Hand und sprach: „Es ist eine wunderbare Fügung Gottes! Wir verzeihen Dir!" Der Soldat schluchzte laut. Er weinte. Meine Eltern pflegten ihn gut. Nach einigen Wochen war der Krieger soweit hergestellt, daß er eines Tages unter Dankestränen uns verließ. Ober sein weiteres Schicksal haben wir aber nichts gehört. — Aus dem Oachsenlande — Naturschutz in Iagdpachtverträgen. Der Landes verein Sächsischer Heimatschutz hat, wie uns aus Dresden gemeldet wird, eine Eingabe ans Ministerium des Innern über den Natur schutz in Iagdpachtverträgen gerichtet, worin die Erhaltung der heimischen Tierwelt in ihrer Gesamtheit verlangt und Maßnahmen fordert, um der in erschreckender Weise fortschreitenden Verödung der heimailichen Landschaft Einbalt zu tun. Viele Vögel kommen als Brutvöqel für Sachsen überhaupt nicht mehr in Betracht, so alle Adler, Fischreiher, Waudersaike, Uhu usw. Zwar sind schon eine ganze Anzahl Tiere durch Verordnungen des sächsischen Finanzmini steriums geschützt, aber die bisherigen Bestimmungen reichen nicht aus. D.er Verein Sächsischer Heimatschuß wünscht daher, daß in die Iagdpachlverträge Bestimmungen aufacnommen werden, wonach sich die Pächter verpflichten, auf den Abschuß oder Fang folgender Tier arten zu verzichten: Edelmarder. Hausmarder, Dachs, Fischotter, Igel, alle Adler und Bussarde, alle Eulen mit Einschluß des Uhu, Kolk rabe, Kranich, Hajelbuhn, Wachtel, weißer und schwarzer Storch, Kiebitz, Fischreiber, Robrdommel, Haubentaucher, alle Möven und Eisvogel. In der Begründung wird noch erwähnt, daß der weiße Storch in Sachsen nur noch in etwa einem Dutzend Paaren horstet. — Die alten Stein kreuze in Sachsen sind sämtlich ausgezeichnet und durch den Steinkreuzfoischer Dr. Kuh fahl in einem Sonderbeste des Landcsvereins Sächsischer Heimatschutz ncr- öffemlicht Rund 400 solcher K euze wurden bisher festgestellt. Eine Anzahl solcher Kreuze befindet sich auch in der Lausitz. Vereinzelt tauchen noch neue aus, die den Bestand weiter vervollständigen. Der Heimaischutz bittet alle Bevölkerungskreise um Schonung dieser unserer ältesten Denkmäler sowie um Mitteilung, wo sie gefährdet sind. Oybin. A.ns'demBurgfriedhofezur letztenRuhe bestattet wurde am 30 November ein 84 jähriger Greis aus Hain, der Handweber Fritz Birnbaum. Er war einer j-ner biederen Lausitzer Gestalten, die als der Typus eines Lausitzer Haus webers angesprochen werden können. Als solcher ist der verblichene Alte an die 70 Jahre unverdrossen und jahrzehntelang für einen watzren Hungerlohn tätig gewesen. Uber ihn entnehmen wir dem Gotlschaichschen „Dresdner Kalender 1914, Jahrbuch und Chronik", solgenve Zeilen: „Hat er sein Tagewerk beendet, so be ginnt der Nachtdienst bei ihm, denn der alte Birnbaum ist Nacht wächter von Hain. Klug ist dieser alte Lvckenkopf wie selten einer, und nimmt man ihn nachts von seinem Posten weg in die Schenke, dann packt er aus seinem inhaltreichen Leben aus und erzählt schier endlos, aber interessant. Und wenn man ihm von den Errungen- schasien der Technik spricht, von den Erfolgen der Wissenschaften, dann leuchtet sein klares Auge jung und frisch, und sichtlich gespannt folgt er allen Ausführungen. König Albert und der spätere König Georg interessierten sich außerordentlich sür die Webindustric und für die alten Häusel. Den alten Weber Birnbaum besuchten König Albert und Königin Carola des öfteren. Auch die damaligen Prinzen Johann Georg und Max suchten ihn auf. Die Fürstlichkeiten ver ließen das kleine Haus nie, ohne irgendeine Geldsumme hinterlassen zu haben. Die Königin Carola halte die Gewohnheit, unbemerkt ein Zivanzigmarkstück unter die nie fehlende schnurrende Katze zu legen." Biele Touristen habe,, auf ihren Bergwanderungen den trotz seines hohen Alters geistig regen Birnbaum in seinem schlichten Heim besucht und sich gern mit ihm unterhalten. Bautzen. Vom Landesverein Sächsischer Heimatschutz wird geschrieben: Nordöstlich von Bautzen durchsetzt den Lau sitzer Granit eine etwa 40 Kilometer large Spalte, die mit weißem Quarzfels ausgefüllt ist. Auf weite Strecken ist dieser Gesteinsgang in der Landschaft kaum zu erkennen: an anderen Stellen wird das horte Gestein in Brüchen als Schotter gewonnen. Nur ein ganz kurzes Stück ragt wegen der schweren Verwitterbar keit des Quarzes in Form eines zackigen Riffes aus der Fcldland- schaft hervor. Es ist die Z s ch emelschka (wendisch, Krem — Quarz) bei Doberschütz, ein kleines Abbild des bayrischen Pfahls, der in emer Länge von 100 Kilometern den Westkang des Böhmerwaldes begleitet. Nachdem vor kurzem Professor Dr. Stäbler-Bautzen auf die Schutzbedürstigkeit der Zschemelschka in der Presse hingewiesen hatte, hat sich der Sächsische Heimaischutz des Felsens angenommen und einen Vertreter der Naturschutzabteilung an Ort und Stelle ge sandt. Er fand bei den beiden Besitzern des Grundstückes, Gemeinde vorstand Zieschang und Gutsbesitzer Kunath in Doberschütz freund liches und opferwilliges Verständnis für die Heimatschutzbestrebunqen, so daß die Zschemelschka nunmehr als Naturschutzbezirk gelten kann. BadSchandau Ein Talsperrenbau im Kirnitzsch- tal. In aller Stille ist ein Projekt der Verwirklichung nahegebracht, das dem romantischen, vielbesuchten Kirnitzlchtal ein ganz verändertes, neues Aussehen geben und zu den vielen Naturschönbeiten der Säch sischen Schweiz eine weitere von ganz besonderer Anziehungskraft fügen wird. Im Hinteren Kirnitzschtal soll eine Talsperre ge schaffen werden, die derart geplant ist, daß bei der Abzweigung der Straße nach der Kirnitzschenke eine Borsperre entsteht, um der Busch, und Felsenmühle gleichmäßig regulierten Wasserzufluß zu sichern. Weiter unterhalb wird das Staubecken verlaufen, das hinter der Einmündung des Dorfbaches beim Lichten Hainer Wasser fall durch eine gewaltige Sperrmauer abgeschlossen wird. Bei dem Wasserreichtum der Kirnitzsch, den die jetzige Trockenperiade erneut gezeigt hat,, kann damit gerechnet werden, daß der viele Millionen Kubikmeter umfassende Stausee einen stets glcichbleibenden starken Wasserabfluß ermöglicht, der den vorhandenen und zweifellos neu entstehenden industriellen Unternehmungen an dem bis Schandau noch 9 Kilometer langen Wasserlauf eine sichere Betriebskraft liefern und vor allem der vermehrten Erzeugung elektrischer Energie dienen wird. Außerdem wird durch die Talsperre jede Hochwasserskatastrophe ausgeschlossen. Die Ausführungen der Bauarbeiten wird dadu-ch erleichtert, daß sich fast sämtliches Baumaterial an Ort und Stelle befindet. Selbstverständlich würde die Erbauung der Talsperre die Umleitung des Verkehrs' im Hinteren Kirnitzschtale bedingen, der über Lichtenhain und die im Bau begriffene neue Straße von Her- tigswaide nach Ottendorf, wohl auch Uber die zur Staatsstraße aus- zubauendc Hohe Straße geführt werden dürfte. Anstelle der Gebäude des Lnhtenhainer Wasserfalls soll oben auf der Berqeshöhe ein neues Hotel erstehen, von dem aus sich eine prächtige Fernsicht auf den, durch das Stauwasser gebildeten Gebirgssee bieten wird. Motor boote werden die Verbindung mit dem Kuhstall Herstellen. Am ver gangenen Montag war zur Besichtigung des Geländes ein Finanzrat von der Regierung in Dresden erschienen, der die zu den Vorarbeiten nötigen Vermessungen ausführen ließ. An alle Turn- und TOanderfreunde * Von der Insel Rügen Tausende von jungen Leuten, Turner, Sportanhänger, Studenten, Schüler und Wandervögel können allsommerlich anf Rügen bei ihren Turn- und Wanderfahrten für mäßigen Preis kein Unterkommen finden, außer in den teuren Hotels. Der Turn- und Sportverein Saßnitz e. V. will hierin Ab hilfe schaffen. Der Verein hat in bester Gegend von Saßnitz, am Wege von Stubbenkammer, ein Gelände non 13500 qm Größe für 50000 Mark käuflich erworben. Eine Fläche von 9000 qm wird als Turn- und Sportplatz angelegt: auf dem übrigen Teil soll ein Turnerheim, verbunden mit einer Turnhalle und einem Aussichts turm, „Jahn-Turm", erbaut werden. Der Turnverein richtet an alle Freunde und Gönner für Jugenderziehung und Bolkswohlsahrt die herzlichste Bitte, zu diesen seyr hohen Baukosten mit größeren und kleineren Beträgen beizusteuern. Gleich wie in schwerer Zeit Turn vater Jahn 1811 seine Jugend um sich versammelte, so soll dieser Jahn-Turm mit seinem Tmnerheim jederzeit eine Sammelstätte frischen fröhlichen Turner- und Wanderlebens werden, zur Förde rung vaterländischer Gesinnung, Kräftigung der Jugend für jetzige und kommende Geschlechter. Dieser Aufruf wird im ganzen Vater lande verbreitet mit der Bitte, daß die verehr'. Stadtverwaltungen, Vereinsvorstände, Private und Gönner Spenden auf Postscheck konto 27 823 Stettin, Konto Saßnitzer Bank Turn- und Sport verein e. B. einzahlen wollen. Je schneller der Baufonds zusammen getragen ist, um so früher kann mit dem Bau begonnen werde». Der Dank der Jugend ist allen freundlichen Gebern gesichert.