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- 402 Gberlauflher Helmatzsttung Nr. SS " I, . > > — ständig in Bewegung sind und von denen jede glaubt, Mittelpunkt dieser Welt zu sein. So meinen die Mütter, daß all das nur geschieht, damit sie möglichst bald Schwiegermütter werden. Den Mädchen ist alles ein Für und Wider, ein Mehr oder Weniger in der Geschichte ihrer Liebe. Für die Studenten sind die anderen nur Förderer oder Gegner ihres einträglichen Abenteuers. Der Kirch schreiber hält seine gelehrte Würde für den Brennpunkt des Glückes. Dem praktischen Richter kommt es bei dem Liebeshandel nur darauf an, daß lateinische Briefe nicht unenträtselt bleibeai. Und die Schornsteinfeger glauben sicherlich, daß das verzwickte Intrigenspiel vom Schicksal nur deshalb geflochten morden ist, damit sie für ein paar Groschen ein gescheites Abendbrot bekommen. Dabei hat der Hörer fortwährend das Gefühl, daß irgendwelche dieser Erden im nächsten Augenblick zusammenstoßen müssen, daß es ohne Brand, leuchtende Glut und ohne Zischen nicht abgehen wird — er hat das Gefühl der Spannung. Letzten Endes ist der verfolgte Lateiner ein Umguß des Machiavell, angeregt durch Maliers. Worauf beruht die Komik der behandelten Lustspiele? Welchen Ranges ist sie? Lassen sich Gemeinschaften auch in dieser Beziehung heraussinden? Soll ich eine anschauliche Erklärung vom allgemeinen Wesen der Komik geben, so nenne ich die Geschichte vom kleinen Gernegroß, von jenem Dreikäsehoch, der mit Vaters Stock und Hut erhobenen Hauptes auszieht und der sich getrost unter die Erwachsenen zählen dürfte, hätte er nicht vergessen, seines Leibes Länge eine Elle zuzusetzen und den Hemdenzipfel einzuziehen, der ihm hinten herausschaut. Das Zipfelchen schmerzt ihn nicht, denn er sieht es nicht. Sähe er es, so wäre es Tragik. So ist es Komik. Das Komische beruht auf der nichtempfundenen und harmlosen Differenz zwischen Sein und Schein, Wollen und Können, eben auf jenem fatalen Zipfelchen. Freund Gernegroß kommt es darauf an, seine gewaltige Größe vorzuführen. Das kann er auf zweierlei Weise tun: Er mißt sich entweder an der Kleinheit oder an der Größe eines Hindernisses. Im ersten Falle erscheint ihm die Mauer von Türschwellenhöhe; er verschmäht es, Anlauf zu nehmen und füllt auf die Nase. Im zweiten Falle dünkt ihm die Türschwelle mauerhoch; er nimmt einen Riesenanlaus und kommt schwitzend und glücklich wieder auf die Beine. Dieser Fall ist der komischere. Er bringt die Prahlsucht gewürzt mit der Schätzung des Gegners. Alle Lustspiele Weises haben es mit dem Fall I zu tun. Eine weitere Differenzierung tritt ein, sobald wir die Art des Hindernisses und den Standort dessen beobachten, vor dem sich Gernegroß produziert. Die niederste Komik liegt vor, wenn das Hindernis eine Sache, vielleicht ein Stein ist, und sich auf menschenleerer Straße befindet, sodaß wir die einzigen sind, die ihn vom Fenster, soll heißen vom Zuschauerraum aus, bewundern. Der Clown im Varietä ist Beispiel für diesen Fall. Auf der nächst höhern Stufe steht der Tobias, die Poeten zunft und der Niederländische Bauer. Das Hindernis ist das nämliche, zwar kein Stein, sondern Theateraufführung, Sprachreinigung, fürstliches Gebühren. Doch Gernegroß produziert sich hier nicht direkt vor uns, sondern vor einem Herrn N., der zufällig des Weges kommt, und merkt nicht, daß sich N. fast die Lippe durchbeißt, um sein Lachen nicht sehen zu lassen. Wir haben das Vergnügen, vom Fenster aus beide zu beobachten. Es ist das alte Motiv des Schau spieles im Schauspiele. Noch größer wird die Komik, sobald das Hindernis eine Person, und zwar ein zweiter Gernegroß ist, der von der anderen Seite herannaht. Keiner will ausweichen. So kommt es zu einem Kampfe, bei dem einer den andern mit der Spitze des Spazierstockes zu durchbohren sucht — doch von hinten. Denn einer fürchtet sich vor dem andern, ob gleich jeder der Größere zu sein glaubt. Aber da wir das Harmlose der stumpfen Spitze ebensowohl kennen wie die Feigheit der harmlosen Burschen, fließen unsere Tränen, nicht, weil wir keine Leiche sehen können, sondern weil es unmöglich ist, auf andere Weise des Lachens Herr zu werden, Mit diesem Falle hat es der Bäurische Machiavell, sowie der Betrogene Betrug und der Verfolgte Lateiner zu tun. Gott auserkoren. Lag im Unstern Kämmerlein, And da kam ein Lichterjchsin Au dem Schlüsselloch herein. Ward zum Hosfnungssternslein, Hell und freundlich, mild und rein, Mir, der schien verloren. Ging allein in dunkler Welt, Durch der Hirten stilles Feld, Blickt' ein Stern am Himmelszelt, Sah ein Kripplein, sanft erhellt, And darinnen lag der Held, Den " And ich ging zum Himmslslicht, Kannte Furcht noch Schrecken nicht, Hört' die heilige Geschicht', Sah des Kindlsins Angesicht, Ward erlöst vom Weltgericht, Christus war geboren. P. S. Ein Weihnachtsmärchen MMr lieben Kinder, insbesondere ihr ganz /MHz Kleinen! Märchen erdenken, Märchen HDO lesen, Märchen erzählen ist eine feine " Sache. Märchen zu Weihnachten sind doppelt schön, hört heute ein neues. Ich kenne in eurer Heimat einen Berg, Tanne und Birke krönen ihn und es liegen große, feste Steine auf seinem Rücken. Den Berg hat die Sonne besonders gern, jeden Morgen lacht sie ihn mit freudigem Gesicht an und am Abend vergoldet sie seins Kuppe mit den letzten Strah len. Darum wachsen die Fichten so lustig grün und die hohen Buchen rauschen beim starken Südwinde eigen. Amsel und Fink singen die schönsten Lieder, wenn der Lenz naht, und das Rotkehlchen läßt sein Sümmchen oft hören, das klingt fein wie geschliffenes Glas. Die grauen Felsen liegen moos- und flechtenbewachsen aus dem Gipfel, sie reden von alter Zeit und haben viel, viel erlebt. Der Berg ist nicht wie andere Berge, er hat sür euch viel zu bedeuten. Er ist ein steinern Haus. In seinem Innern gibt es weite Säle und allerlei Stuben. Aber glaubt nicht, daß es darin finster sei. Jeden Tag werden lausend Son nenstrahlen eingefangen und hinabgebracht, dann leuchtet immer dar magisches Licht in allen Farben, grün, rot, blau, gelb, violett, das ist wundersam anzusehen. An den Decken glitzern Edelsteine, aufs feinste geschliffen, die strahlen schöner als im Sommer der