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schied ist belanglos. Das um 1,1 Kilometer kürzere Nieder- oderwitz hat dieselbe Husenzahl wie Lberoderwitz. Es liegt klar zutage, daß hier zwei verschiedene Hufenmaße vorliegen, für Niederoderwitz ein wesentlich kleineres als für Oberoderwitz. Die Länge der Hufen ist in beiden Orten fast dieselbe. Wir haben es also mit zwei verschiedenen Dörfern zu tun, und das bereits von der Zeil der Aussetzung oder Gründung her. Damit fällt die gegenteilige Meinung, die nur ein einziges Dorf anfänglich annimmt und nur auf Vermutung fußt. Milteloderwitz, das später ein Ort für sich war, gehörte bei der Aussetzung zum Dorfe Niederoderwitz. Damit ist nicht gesagt, daß es nicht älter sein kann als die beiden deutschen Wald- husenstedelungen Ober- und Niederoderwitz. Es kann sehr wohl der älteste besiedelte Teil von ganz Oderwitz sein, zumal die Fluren dieses Rittergutes die besten sind. Äußerst bedenklich erscheint es aber, Mttteloderwitz als ehemalige slavische Siede- lung anzusprechen, da bis jetzt absolut keine Anhaltepunkte, außer dem Namen etwa, vorhanden sind. Letzterer kann aber auch deutschen Ursprungs sein, und diese Auffassung ringt sich immer mehr durch. Oderwitz (Udrwitz) wird als der Hof, Tiecken, die Wohn-, Heimstätte eines Odo (Uoo) gedeutet. Der Ortssusfix „witz" ist die alte suebische Lrlsvezeichnung „wicti" — Hof, Wohn-, Heimstätte, mittelniederdeutsch xvic, lateinisch vicus, (Nordb. Lxk.-Kl. Iyrg. 38, S. 196.) 3n einer tschechischen Handschrift aus der Zeit des Königs Wenzel (1363 — 1419) wird der Name Oürawic? geschrieben. Der Weiße Kretscham erscheint als Gericht Woärawic^. Ocirovice ist die gegenwärtige tschechische Schreibweise für Oderwitz. Mehr Interesse werden anläßlich des Jubiläums die Kirch- lichen Verhältnisse finden. Auch hier sind Ansichten verbreitet, die nicht mehr haltbar sind. Aus der Tatsache, daß viele Jahr hunderte hindurch bis zur Ablösung im Jahre 1856 der Zittauer Anteil von Lberoderwitz jährlich 1 Malter (— 12 Schefjel) Korn und l Malter Hafer Dezem an den Niederoderwitzer Pfarrer zu liefern hatte, schließt Korschelt in seiner Geschichte von Oder witz, daß dieser Dezem dem Pfarrer zu Ntederoderwitz als Entschädigung überlassen wurde, als sich Oderwitz in zwei Kirchspiele schied. Das soll nach ihm Ende des 15. Jahrhunderts geschehen sein. Streit über diesen Dezem gab es bereits 1553 zwischen dem Verwalter der Oybiner Güter, dem Hauptmann Hag, und Margarethe, Witwe des Dr. Ulrich von Nostitz auf Ruppersdorf als Patronin von Oberoderwitz, die diesen Dezem dem Oberoderwttzer Pfarrer zueignen wollte. Bei den Ehedingen zwischen 1619 bis 1758 rügte die Gemeinde Oberoderwitz hin sichtlich dieses Dezems: „Welches der Gemeinde beschwerlich vorkommt und unrecht dunkel". 1775 führte dieser Umstand zu einem langwierigen Prozeße zwischen den Pfarrern Böricke in Ober- und Ientsch in Niederoberwitz, der zugunsten des Nieder- oderwitzer Pfarrers endete. Halten wir uns an die Quellen. 1515 verkaufte Heinrich von Schleinitz umfänglichen Besitz in Over- und Niederoderwitz, im ganzen 41 Mausen und 8 Ruten (1 Manse — Bauerngut), samt der Scheibenmühle in Niederherwlgsdorf an die Lölestiner auf dem Oybin für 3000 ungarische Gulden. 1555 erhielten die Jesuiten das Kloster St. Clemens in Prag als Wohnung und die Einkünfte des infolge der Reformation eingegangenenKlosters Oybin als Unterhalt. Die Iefuiten mochten jedoch die Güter nicht selbst verwalten, sondern überließen sie oer Stadl Zittau gegen eine jährliche Pacht von 1400 Taler (nach Sauppe). 1574 kaufte die Stadl Zittau die gesamten oybinischen Besitzungen für 68000 Taler. Seitdem gab es je einen Zittauer Anteil in Ober- und Ntederoderwitz. Der Oberoderwitzer Anteil hatte eine Größe von 13'/« Husen. Er bildete kein zusammenhängendes Ganze, sondern er lag vielmehr innerhalb der zwei übrigen Anteile, durch den gesamten Ort bis hinauf an die Eibauer Grenze verstreut. Weil andere Oberoderwttzer Güter von diesem nach Niederoderwitz zu leistenden Dezem nicht betroffen wurden, sondern einzig und allein die von Schleinitz im Jahre 1515 ver- kauften Husen, muß diese Dezemregelung erst nach 1515 erfolgt sein. Am geeignetsten erscheint das Jahr 1530. In diesem Jahre wurde der Zittauer evangelische Pfarrer Kaspar Stölzlein wegen seiner scharfen Predigten gegen das Papsttum vom Comthur der Zittauer Iohanntterkommende, Martin Präs, abgesetzt. Der Zittauer Stadtrat, damals Patron von Oberoderwitz, verlieh ihm im Einverständnis mit den Oderwitzer Gutsherrschasten die Oberoderwitzer Pfarrstelle. Das Kloster Oybin aber entzog diesem Anhänger Luthers den Dezem von seinen in Oberoderwitz ge- legenen Gütern und überwies ihn dem Niederoderwitzer Pfarrer, der treu dem Papsttume verblieb. Zittau war seit 1516 Besitzer des Oberoderwitzer Kirchlehns und damit Patronatsherrschaft. Der hierfür in Frage kommende Beleg ist bei Pescheck (Handbuch), Korschelt und in der Neuen Kirchengalerie falsch. Richtig lautet er: „Die Herren des Raths haben auf die Stadt 4(0 un garische Gulden von Herrn Johann Mühlgräbern Baccal. Altaristen zu Görlitz genommen, der den Altar in Unser Pfahrr Kirche St. Johannis gestiftet hat, als die Fundation inne hält, solch Geld haben die Herren v. Zittau angelegt und etliche Bauern in Ober- und Niederoderwitz mit der Landgabe und aller Gerechtigkeit bey den Kirchen-Lehn erkauft." (Haupt A., S. 361.) Es ist nach damaligem Sprachgebrauch nur von einem Kirch lehn, gemeint ist das Oberoderwitzer, die Rede. Diese Besitzung Zittaus ging durch den Pönfall 1547 verloren und fiel durch Kauf an Dr. Ulrich von Nostitz aus Ruppersdorf. Seitdem gab es in Oberoderwitz einen Ruppersdorser Anteil. Oderwitz soll früher nur ein Kirchspiel gebildet haben. Diese Ansicht, gestützt auf Korschelts Geschichte von Oderwitz, von wo sie in die Neue Kirchengalerte gekommen, ist allgemein an erkannt. Prüsen wir diese Frage! Die alte im Jahre 1819 abgebrochene Oberoderwitzer Kirche wird auf Grund der überlteserttn Zeichnung (Nordseite) von Eschke in Zittau der Frühgotik zugeschrieben. Ihre Erbauung erfolgte um 1350. Doch weisen die vier romanischen Rundbogen fenster nach der in Görlitz befindlichen Schulzeschen Zeichnung (Südseite) auf eine noch frühere Zeit. Damit kommen wir bereits in die dunkle Vorgeschichte, die ohne urkundliche Belege ist. Oderwitz (Vcirvicri) wird erstmalig im päpstlichen Zehntregister zusammen mit 32 anderen Orten des Zittauer Dekanats im Jahre 1352 erwähnt. Es zahlt die höchste Summe, nämlich 28.gr. Papstzehnt. Das ist fast derselbe Betrag, den 1 Hufe halbjährlich an Erbzins zu leisten hatte. Im ganzen Archidia- konat Iungbunzlau wird Oderwitz hierin nur von Riemens (Nymans) mit 30 gr. übertroffen. Beiläufig sei bemerkt, daß zur Zeit Karls IV. die Diözese Prag aus zehn Archidiakonalen mit 53 Dekanaten bestand. Das Archidiakonat Iungbunzlau umfaßte folgende acht Dekanate (Ktrchenkreise): Iungbunzlau, Turnau, Melnik, (München)-Grätz, Nimburg, Kamnitz, Gabel und Zittau. Der Papstzeynt war eine Abgabe von den Ein- Künsten der Geistlichkeit. (Mitteilungen des Vereins für Heimat kunde, 6. Ihrg.) Oderwitz erscheint als die größte Dorspsründe. Das schließt nicht aus, daß damals bereits zwei getrennte Kirchen nebeneinander in Oderwitz bestanden. Nach Sauppe ist der päpst liche Zehnt eine Abgabe von den Einkünften des Kirchlehns. Sie wurde nach Knothe von der Gutsherrschast (Palronaisherrschast) gezahlt. Da die beiden Oderwitzer Patronate früher in einer Hand lagen, wurde der Zehnt von einer Stelle bezahlt und im Register nicht einzeln für jedes Kirchlehn, sondern summa- risch eingetragen: Vdrwicz (zahlt) 28 gr. Da das Niederoder witzer Kirchlehn nur in einem kleinen Waldbestande am Königs holze besteht — darüber, ob es früher einen andern Umfang gehabt hat, ist nichts bekannt (das Niederoderwitzer Pjarrlehn umfaßt 8,8 Hektar), das Oberoderwitzer Kirchlehn jedoch 11'/« Hektar groß ist (Pfarrlehn rund 15 Hektar) —, stammle wohl der päpstliche Zehnt in Höhe von 28 gr. in der Hauptsache von Overoderwitz. Eine reiche, leider sür Oderwitz dunkle Quelle bilden für die ältesten kirchlichen Verhältnisse die lidri conkirmat. (Bestäti gungsbücher) des Prager Konsistoriums. Die Besetzung einer