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Der Heiratsteufel Ein lustiger Roman aus der Oberlausitz von Richard Blasius 111 (Fortsetzung) Der Esser lachte zwischen zwei Schinkenbissen, die er einschob, lustig auf und sagte, man lebe eben auf dem Riegergute zu gut, sodaß zuletzt auch alle Leckerbissen nicht mehr munden wollten. Aber der Onkel Eduard begann nun nach Art alter Leute davon zu reden, wie nur allein das Alter schuld sei, daß nichts mehr so richtig schmecken wolle, und wie das ein Zeichen sei, daß es zu Ende mit einem Menschen gehe. Appetit sei Gesundheit, und das Gegenteil sei eben auch das Gegenteil von Gesundheit. Um ihn zu trösten, meinte Leo, so sähe er doch noch garnicht aus, als ob er auf dem letzten Loche pfiffe. Doch der Alte wollte durchaus nicht getröstet sein, viel mehr kam es ihm darauf an, recht zu behalten, wes wegen er gar kein Ende mit diesem Thema fand. Dem Burschen schoß plötzlich ein Gedanke durch den Kopf. Er bemühte sich, dem Gespräche eine andere Wendung zu geben, wobei er allerdings bei der dem Alter besonders eigentümlichen Hartnäckigkeit anfangs nicht viel Glück hatte. Da sprang er endlich einfach von dem Diskur ab und meinte so recht ernst und bedachtsam; „Jähr kennt egntlich ufn Riegergutt moanches Gute stöftn, abn groad, weiter su ahlt sedd. Us a ahls hiert der Mensch doch moanchmol iher." Eduard horchte auf. „Nanu, woas host'n Du? Doas klingt ju rajcht feierlich." Leo zupfte nachdenklich an seinem Schnurrbarte und bestätigte, daß es auch nichts Unwichtiges sei. Des Alten Kopf vergaß fast das Schütteln. Eduard war doch gespannt, was der junge Bursche da von ihm wollte. „Nu, do riäd ock!" forderte er ihn auf. Langsam, als überlege er sich jedes Wort, sagte Leo: „Iiähr wärd amend der Eenzge ofn Riegergutt, dar an grüße Dommheet hinnertreibn kennt." „Nu ja, nu nee." Der Alte schüttelte den Kopf nun in verstärktem Maße. „Woas soll denn doas heeßn?" fragte er neugierig. „Iech meen de Huchst," entgegnete Leo und dachte natürlich an die zwischen Toni und Ruth, die er ja für kurz bevorstehend hielt. Der Alte aber dachte natürlich an die beabsichtigte Wiederverehelichung seines Bruders. Was das den Adam- Leo wohl anginge? Aber laut sagte er, er sei nicht der erste, der dies als eine Dummheit bezeichne. Leo ballte vor Erregung die Fäuste. Es war also doch Tatsache. Noch hatte er leise Zweifel gehegt. Eduard meinte bedächtig, wenn es der Leo schon wisse, dann könne er es ihm gegenüber ja ruhig zugeben, ob wohl es vorderhand noch geheim bleiben solle. „Doas hält 'ch wer wörklch nö treem lossn," entfuhr es dem Burschen. Eduard nickte. „Ja, miär poaßt's oh nö. Aber woas soll ees denn dergegn machn?" Da wurde Leo eifrig und redete, was er nur konnte, auf den Alten ein, daß es dessen unzweideutige Pflicht sei, dagegen zu reden, was das Zeug halte. ^Abwehrend schüttelte Eduard den Kopf stärker. „Nee nee, doas verstiehst Du nö. An hoartn Koop koan ees nischt ausriädn, und mei Bruder Hot an hoartn Koop." So so, der Vater also steckte auch dahinter. Das hätte er sich eigentlich sagen müssen, dachte Leo, daß es des Riegerbauers Machwerk sei, Geld zu Geld zu bringen. Nur eins wollte ihm nicht in den Kopf. Wie er die Zustände auf dem Gute kannte, mußte es ihn entschieden wundernehmen, in Ruth plötzlich in diesem Falle eine so gehorsame Tochter erblicken zu müssen. Sonst war sie doch durchaus nicht aus weichem Holze, das sich nach Gefallen biegen ließ. Eduard war wieder in Sinnen versunken. Ja, der Bruder hätte allerdings vernünftiger getan, das Heiraten in seinen Jahren sein zu lassen. Da kam ihm wieder das Wunder an, weswegen der junge Adam gerade seine Nase in diese Angelegenheit steckte. Er fragte ihn denn auch nach dem Grund seiner Teilnahme. „Nu su a Paar," fuhr da Leo entrüstet auf, „der Tonl, su a Poappstiefl, ond de Ruth, die oulcher Rasch steckt, doas koan doach nischt Richtges gähn." Der Alte sah ihn verblüfft an. „Ja, woas hoan denn die minanner zo tun?" Da war die Verblüffung an Leo. „Nu, vo woas'n hott'n Fähr gredt? Die zwee wolln doach ananner hei- roatn," sagte er rasch. War denn der Alte garnicht mehr recht bei Sinnen, oder waltete hier ein Mißverständnis ob." Da lachte Eduard leise mit meckernder Lustigkeit auf. „Böst wühl narrsch! Do denkt doach kee Mensch droa." Aber Leo wollte sicher gehen. Des Alten Geschwätz war wohl schließlich nicht ganz ernst zu nehmen. „Iech hoa's doach vurtn falber gsyhn, wie se minanner tun," warf er ein und biß sich in der Erinnerung an das Er lebte wieder die Lippen blutig. Eduard schüttelte den Kopf. Was er da hörte, konnte er nicht fassen. „Doas ös mersch Neuste. Ob se dermit nö ock hoat 'n Voater ärgern wolln?" brummte er vor sich hin, doch so laut, daß ihn Leo verstehen konnte. Der Zimmermann ereiferte sich immer mehr und redete weiter auf den Alten ein, daß da nichts daraus werden dürfe, daß er dahinter her sein müsse, es zu vereiteln. Er gab ihm den guten Rat, der Ruth doch den Tonl so zu malen, wie der auch in Wirklichkeit sei. Es sei doch ganz ausgeschlossen, daß Ruth so verhagelt sei, in'vollem Ernste den Kraut-Tonl heiraten zu wollen. Eduard wehrte müde ab und sagte schließlich, um den unbequemen Dränger loszuwerden: „Ieija, iech hiersch schonn. Brauchtst nö goar su sehr lamentiern. Nu ja, nu nee, iech war mei Miglchstes tun." Damit mußte sich Leo vorläufig begnügen. Zwar schien es ihm, als sei das Versprechen nicht eb^n aus dem Herzen gekommen, aber weiter konnte er jetzt nichts erreichen, denn der Alte ging knickebeinig in das Haus. Dort stand er dann in der Hinteren Tür, die in den Gemüsegarten führte und sann vor sich hin Daß doch die Leute gerade alle ausgerechnet an ihn sich wenden mußten, an einen alten Mann, der nur seine Ruhe haben wollte. Er hielt die Linke in die Höhe und bog mit der Rechten den Daumen zusammen. „Doas ös dr Bauer," sagte er, „ond doas heeßt, iech will heiroatn." Dann bog er den linken Zeigefinger zusammen und sagte: „Doas ös de Ruth, ond doas heeßt, der Bauer doarf nö* heiroatn." Er bog den linken Mittelfinger zusammen