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v X 2 81 ? l. 6 K. 1813. Das soll bedeuten: Des König!. Amtes zu Stolpen wendischer Pflege Landgericht. Das heute nicht mehr bestehende Amt Stolpen, einst Sommer« restdenz der Meißner Bischöfe, wurde eingeteilt in eine deutsche und wendische Pflege. Der Gebirgszug des Hohwaldes (Balten berges) trennte sie. Die Pflege reichte vom Meißner Hochland bis hin nach Neusalza-Spremberg. Uber jener Inschrift sehen wir noch ein großes, altes Wand« gemälde. Es stellt die Justitia dar und erinnert somit eben falls an die einstige Bedeutung des Ortes und des Gebäudes, das auch noch von der Hausinschrift geziert wird: Dieses Haus steht in Gottes Hand, zum Landgericht wird es genannt. Steil führt uns die Dorsstraße aus dem Tale des Langen Wassers oder Gödaer Baches hinauf zu der hochragen« den Kirche, dem Wahrzeichen des Landes. Bei ihrem Bau soll man Grundmauern des ältesten Bethauses mit verwendet haben. In der Borhalle ein Weihwasserbecken aus katho- Uscher Zeit. Weiterhin eine uralte Kanzel. Der Überlieferung nach soll noch Bischof Benno selbst von ihr gepredigt haben. An eine Säule gestützt, ist sie heute so baufällig und morsch, daß sie nicht mehr bestiegen werden kann. Die Erhaltung dieser Bennokanzel ist Gödas berühm« testem Pfarrherrn zu danken, dem alten Immisch, der vor einem Menschenalter hier segensreich wirkte und den das Volk ob seines Ansehens und seiner Verdienste in der ganzen Lausitz nur den „wendischen Papst" nannte. Immisch hatte u. a. in Göda ein Seminar für zukünftige evangelisch. wendischeGei st liche eingerichtet, das weit« hin einen guten Ruf hatte. Zahlreiche Pfarrer der Lausitz haben hier eine gute Ausbildung erhalten. Die Gödaer Psarre selbst soll früher eine „Kirchen« bürg" gewesen sein und als solche Mauern, Tore, Ecktürme, Schießscharten, Gräben und Wälle besessen haben. Noch heute sind Reste davon erhallen. Möglich, daß die Pfarre einst auf den Türmen der Burgwarte errichtet worden ist. Das Kirchspiel Göda umfaßte einst 70 Dörfer und Ritter« güter. Noch vor der Reformation zählte es „5000 wendische Seelen", daneben aber auch zahlreiche deutsche Familien, be sonders Adelsgeschlechter, die als Herren aus den Höfen und Schlössern ringsum saßen. So wundert es uns nicht, wenn wir bei einem Besuche des Gotteshauses und des Kirchhofes hier alte Wappenschilde, Epitaphe von hohem Kunstwert, Familiengrüfte, Erbbegräbnisse und Kapellen finden, auf denen wir die Namen altberühmter Adelshäuser lesen, wie beispiels« weise die Grafen zur Lippe-Biesterseld-Weißenfeld, die Familien von Tümpling, von der Gabelentz, von Schönberg, von Brescius. Zahlreiche Grabinschriften sind wendisch. Oder man liest aus der Vorderseite des Leichensteins eine deutsche Aufschrift, auf der Rückseite einen frommen wendischen Spruch. Noch heute weist das Kirchspiel überwiegend wendische Bevölke rung auf, wie ja auch noch jetzt hier in dieser Sprache ge- predigt wird. Aus die Zweisprachigkeit der Bewohner deutet die Formel hin, die ich hie und da auf alten Grabmalen fand: „ ... Sein Leichnam ward hierauf mit deutscher Standrede und wendischer Leichenpredigt beerdigt .. Bon der Gödaer Kirche erzählt sich das Volk allerhand Spukgeschichten. So von dem schwarzen Ritter, einer Figur auf einem der Epitaphe. Der Geharnischte hat neben sich einen vergoldeten Helm stehen, dessen Spitze sich jedoch ob eines von dem Rittersmann begangenen Frevels immer wieder verschwärzt, so sehr sie auch geputzt wird. Östlich vom Kirchhofe, wo der Weg nach Seitschen abzwetgt, steht in einer Hecke verborgen ein alter Mordstein. Die Überlieferung berichtet, hier sei einst ein Brautpaar aus Rache und verschmähter Liebe niedergestochen worden. Der Täter habe zur Sühne das Steinkreuz errichten müssen. Wenn ich vorhin des Pfarrers Immisch rühmend gedachte, so mutz Ich noch einen anderen berühmtenIGödaer nennen, den wendischen Häusler Ian (Johann) Gelansky, der hier 1767 starb. Das Volk nannte ihn nur „der gelehrte Bauer". Gelansky war ein Sprachgenie, wie man es mit derartigen Kenntnissen kaum wieder finden dürste. Man erzählt von ihm, er habe 38 Sprachen ziemlich verstanden nnd sieben vollständig in Wort und Schrift beherrscht und zwar Deutsch, Wendisch, Tschechisch. Lateinisch, Hebräisch, Französisch und Italienisch. Dieser Wundermann erinnert an andere berühmte Landleute, so an Johann Georg Palitzsch, den Sterngucker von Prohlis, der den Halleyschen Kometen wieder entdeckte, oder an Johann Ludewig, den gelehrten Bauern von Cossebaude, Philosoph, Mathematiker und Astronom, weiter an Christian Gärtner, Zwirnhändler in Tolkewitz, der sich eine eigene Sternwarte baute. — Wer zum 850 jährigen Kirchenjubiläum Göda besucht, ver- säume nicht, sich die alte Gödaer Schanze anzusehen. Sie liegt wenige Minuten südöstlich des Ortes hart an der Seit- schener Straße. Wald bedeckt ihre Krone, während die Hänge steil nach dem Wiesental des Langen Wassers und zur Straße abfallen. Die uralte Grenzwarte und Kultusstätte ist Besitzung des Gödaer Stiftsgutes. Schon vor 100 Jahren hat hier der Ortspfarrer Rade mehrfach Ausgrabungen veranstaltet, die in neuester Zeit von der Gesellschaft für Anthropologie und Ur« geschichte der Oberlausitz wiederholt worden sind, wobei man u. a. 16 Skelette sand. Mauerreste sollen noch von einer kleinen Kapelle herrühren, die die ersten Sendboten des Christentums hier errichteten. Den Besuchern Gödas ist auck eine Wanderung durch das Tal des Langen Wassers sehr zu empfehlen. Es bietet so liebliche Bilder, daß auch der an Naturschönheiten Verwöhnte es nicht bereuen wird, seine Schritte einer Gegend unseres Vaterlandes zugelenkt zu haben, die abseits der vielbesuchten Reiseziele liegt. Hartgesotten Von Äudolf Gärtner - Hellerau Liebchen sollte Lier sieden, Lier für das Abendbrot, Aber weich, nur fünf Minuten, Also Mütterchens Gebot. Liebchen nahm der Lier zwölfe, Schritt zur Küche an den Herd, Hab ihr sechse mitgetragsn, Aus dass keines werd versehrt. Horch, das Wasser kocht im Topse — Nun die Lier frisch hinein — Fünf Minuten, fünf Minuten Dürfen sie nur drinnen sein! Las) uns die Sekunden zählen, Liebchen, leih' mir deinen Mund! Sieh, dis Küsse sind Sekunden, Also wird die Seit uns kund l Eins, zwei, drei und viere, fünfe, — Fünf Sekunden sind schon um — Del solch neßtarsüsiem Ticktack Lebt ich gern ein Säkulum l Wasjsrwallsn — Küsse schallen — Liebchen will zum Topse sehn — Nimmt die Lier aus dem Wasser, Nnd die muntre Nhr blieb stehn. Liebchen sollte Eier sieden, Lier für das Abendbrot, Aber weich, nur fünf Minuten, Also Mütterleins Gebot. Lier wurden aufgetragsn, Lier, hart wie Marmelstein — „Hobt such wohl verzählt, ihr Leiden?" Fragt uns drohend Mütterlein. Dleib alleine in der Küche, Sollst du Lier sieden gehn. Denn, wenn zweie fünfe zählen, Machines.in der Äsgel zshn^—