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4 Gberlauflher Heimatzeitung -Nr. 1 will mer schonn a paar Troamvsn oa d' Pfutn ziehn, ond wenn'ch zwee Betticher oas Stieflloappn neisteckn muß." „Ond iech will dr oh woas soin: Hier mit denner Horcherei uf! Wörscht vurtn oh wieder de Uhrn o dr Tir ghoat hoan." „Mer will doach o a brinkl wössn, woas e dr Walt virgieht," erklärte trotzig der Junge. Im selben Augenblicke erscholl lauter Lärm aus dem Hause. Die kräftige, fluchende Stimme des Bauers wetteiferte mit der schrillen, wider» sprechenden der Tochter. Schlohwenzel zeigte mit seiner Tabakspfeife nach dem Hause. „Hier ock hie! Doas kannst dribn ofn Wachbarg no hiern. Io woas'n mußtn do hinnern Tirn horchn?" Die Riegertochter trat aus dem Hause. „Poaßt ock uf!" flüsterte der Junge dem Alten zu, dar steck'ch ötz amo de Poatn." „Onnerstieh d'ch ock!" herrschte ihn Schlohwenzel ärgerlich an. Aber Fritz war schon im vollen Iuge. Er postierte sich vor Ruth auf, allerdings in vorsichtiger Entfernung, und zählte laut an den Fingern ab: „Ees, zwee, dreie..." Die großen, grauen Augen des Mädchens blickten ihn stahlhart an. „Woas hostn do wieder fer Onsinn zo treibn?" Es war eine Frage, aber sie klang so scharf, daß der Unterton einer Drohung sehr deutlich vernehmbar war. Dazu tat Ruth einen schnellen Schritt nach dem Knaben. Der aber schien mit seinen vierzehn Jahren die herrische Schönheit des Mädchens nur bedrohlich zu finden. Er sprang zurück und rief im Bewußtsein der Sicherheit, die ihm auf dem Hofe die Schnelligkeit seiner Beine verlieh: „Iech zähl mersch ock oab, wievill diese Weiber ofn Gutt sein." „Wievill seinser denn?" fragte Ruth mit unheil drohendem Gesichte und trat dem Kecken wieder einen Schritt näher. Er retirierte bis an die Scheunenwand und schrie: „Mit Sie seinser groad drei." Da wirbelte ihm das Mädchen entgegen. „Verdammter Teiflsjong!" Fritz flüchtete schreiend und ließ sich zu der zweifel haften Schwächung herab: „Nee nee, ich wollt soin: Ohn Sie seinser zwee." Dann hielt er es für geraten, durch das offene Hoftor ins Freie zu verschwinden, da er aus jüngster Erfahrung wußte, daß dem Blitze der Donnerschlag auf dem Fuße folgt. Ruth stand tiefaufatmend still, wandte ihr zorn gerötetes Antlitz dem alten Schlohwenzel zu und rief mit harter, lauter Stimme: „Hoatter schonn amol su an Hajgls- jong gsahn? Hoat dar an luse Gusch! Su a Nischtnutz, a ömfamchter! Wenn's lauter sötte Leut of dr Walt gäb, wär ock ebg Radau ond Spektakl." Das Sprichwort sog an seiner Tabakpfeife und sah mit Augen, aus denen listiger Humor lachte, auf das zornige Mädchen. „Do tutt ock wingstns 'n Schnoabl uf!" schrie sie weiter. „Mit Euch weeß mer oh nö, wie mer droa ös. Wie a Iaumspflook sötzter do. Määääh." In der Mitte des Hofes standen unter einer breiten Linde ein Tisch und um ihn etliche Bänke, deren Beine fest in die Erde gerammelt waren. Auf eine der Bänke setzte sich Ruth mit energischem Ruck, stemmte die Ellen bogen auf den Tisch und stützte das Gesicht in die Hände. Dabei schaute sie finster nach dem Alten. Schlohwenzel lachte leise vor sich hin, legte aber sein knochiges Gesicht gleich darauf in ernste Falten und sagte mit zurechtweisendem Tone: „Magst rajcht hoan, wie a Iaumspflook. Woas soll oh a ahler Moan grüß soin, wenn 'n ees oabröllt, oas wenn a schtooktaub wär!" Das zornig erregte Gesicht des Mädchens verwandelte sich im Augenblicke. Ein jähes Erschrecken zuckte darüber. Hatte sie da ihrem alten Freunde weh getau? Das Herz hatte nichts davon gewußt, was die Iunge mit ihrem scharfen Schlage gesagt hatte. Hatte Ruth den jäh auf- lodernden Iorn von ihrem Vater geerbt, so war sie doch wie alle Iornmütigen schnell zur Versöhnung bereit und empfand über ihre verletzende Art oft mehr Arger als der andere. Schnell sprang sie auf, fuhr wie ein jacher Wind stoß auf den Alten los und hing sich an seinen Hals. „Wenzl, hoatter mer woas ibl gnomm? Jähr wößt doch, doaß'ch Euch ne wiehtun will." Schlohwenzel löste sich sanft aus der Umarmung. „Eh'ch där woas ibl nahm, nahm'ch goar nischt," sagte er schmun- zelnd, „mär zwee kenn ju ananner. Hoast abn a bössl oill Maul, a bössl sehr vill Maul. Aber doderfir koannst nischt. Doas ös dr oagburn." Da straffte sich des Mädchens Körper. Sie richtete sich hoch auf, stemmte die Arme in die Seiten und begann mit scheltender Stimme: „Oach su, doas soll wuh heeßn, iech wär dies? Iasu, ötz kommter oh no dann verdoammtn Hajglsjong of de Spring. Nee, su an Schlajchtgkeet of dr Walt! Iech weeß schonn lang, doß'ch oas dies verschrien bien. Aber iech soll ock amo su a ahles Kloatschmaul der- wischn. Doas kanzl'ch oab, doß a Haglschlag 's schinnste Sonnwater dergegn ös." Das Sprichwort klappte den Deckel seiner Tabaks- pfeife auf, drückte mit dem Daumen umständlich die Asche tief und sagte dabei nachdenklich: „Wenn d' denkst, doß d' dodermit 's Gegnteel bweisn kannst, danno ock ömmerzu. Woas ös'n heut amo wieder lus, doß d' goar su kroatz- börschtg böst?" „Dr Boater will wieder heiroatn," knirschte das Mäd- chen wütend, während sich seine Hände zornig ballten. Der Alte vergaß an seiner Pfeife zu ziehen. „Woas?" fragte er und maß die vor ihm Stehende mit erstaunten Blicken. „Dr Boater will wieder heiroatn!" brüllte sie nun mit lauter Stimme und stampfte wütend auf den Boden. Schlohwenzel schüttelte den Kopf und erwiderte lang sam: „Hmhmhm, zweemol hoa'ch heiroatn oerstann." Schrill klang es von zusammengebissenen Mädchen lippen: „Iech war wuh'oh nischt annersch gsoit hoan. Na, woas soiter denn do derzu. Do bleibt Euch wuh oh dr Berschtand stiehn?" Der Alte kratzte sich hinter den Ohren. Was sollte er da groß dazu sagen? Es war nicht angenehm, sich in solche Angelegenheiten Fremder zu mischen. Er für seine Person war diesem Problem immer aus dem Wege gegangen und meinte, sich ganz gut dabei zu stehen. Iögernd sagte er vorsichtig: „Ja, woas soll'ch doderzu soin? Heiroatn ös a verbackt Assn." Ruth schürzte spöttisch die vollen, kirschroten Lippen. „Die Weisheet könnter fer Euch bhaln. War wölln doas wössn?" Schlohwenzel nahm die Pfeife aus dem Munde und strich sich nachdenklich über das stachlichte Kinn. „Mit den Boater ös groad su: Fliegn soll a gruppier Vogl nö iher wolln, bis 'n wieder Fadern gwachsn sein." (Sortsetzuag folgt.)