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»M»II!!II!l!l«I!!W!I!!M st Fremdenhof zum Webers Kirschau z E^W Erbaut 1921—1923 Hais seine bestens ein))fohien Neuzeitlich eingerichtet M^W Fremdenzimmer - Zentralheizung - Kalt- und Warmwasjsrlsitung - Gediegene Bier- und Weinstuben - Gejslljchaftssaal Wein-und Disrterrajjen - Gartenrestaurant (4006itzplätze) - Dundsskegelbahn - Autohalle - Ausspannung - Angenehmer M» Familienaufenthalt - Fernruf Wilthen Nr. 50 - Anerkannt gute Küche - Max N l b r i ch. »WWWIM»»» Das letzte Lichterbrennen Eine Nach-Weihnachtsgeschichte von Otto Flösset wei Festtage hat Weihnachten. So steht es im Ka- lender, und für die großen Leute mag das auch Geltung haben, für die kleinen nimmermehr. Wenig- stens feierten wir Kinder das Weihnachtsfest monate- lang. Schon die Wochen der Vorbereitungen waren uns ein Fest, und mit den beiden Feiertagen ging es noch nicht zu Ende. Es strahlte noch wochen- und monatelang nach, je nachdem, wie lange die Spielsachen hielten, die uns das Christkind gebracht hatte. Wie am Wagen ein Rad nach dem andern zerbrach und die Zinnsoldaten Arme, Beine und Kopf verloren und all die Herrlichkeiten in tausend Stücken in Winkeln und Ecken Herumlagen, daß die Magd beim Aus fegen ihren Arger damit hatte: so verblich für uns Kinder mählich der Glanz der Weihnacht. Und noch auf dem zer- beulten Rohr der Festungskanone lag ein fernes Leuchten vom Lichterbaum. Dieser stille Ausklang des Festes erreichte noch einmal einen Höhepunkt an dem Tage, an dem die Lichter des Weih nachtsbaumes zum letzten Male angezündet wurden. Sie wurden bei uns nicht allzuhäufig angesteckt: am Heiligabend, Neujahr, Drei Könige, wenn die Großeltern zu uns herüber kamen, und dann eben jenes letzte Mal. Dafür war kein be sonderer Tag bestimmt. Vielmehr richtete es sich ganz nach der Haltbarkeit des Baumes. Wenn sein Kleid anfing, grau und unscheinbar zu werden, daß die Nadeln ausfielen, dann, meinte die Mutter, sei es Zeit, daß er herauskäme. Er sah dann aber auch wirklich dürftig genug aus. Denn mit den Nadeln schwanden auch die Zuckerringe und Pfefferkuchen an den Ästen. Dafür sorgten wir Kinder. Wenn der letzte Lichterbaum angesteckt wurde, das war immer sehr feierlich, und wir Kinder freuten uns regelmäßig darauf, schon deswegen, weil wir an diesem Abend nicht so früh zu Bett zu gehen brauchten wie sonst. Wir saßen in der Stube alle beisammen. Es war auch ein heiliger Abend, frei lich anderer Art als der vor dem Christfeste, an dem wir herz lich wenig Zeit für den Christbaum selber hatten, weil wir mehr darauf sahen, was darunter lag. Was war da die Stube voll Lärmens! Hier wurde die Eisenbahn aufgezogen, dort die Trompete probiert, und die Eltern wurden mit Bilder büchern bestürmt. Jetzt aber saßen wir allesamt stumm um den Baum und sahen verträumt in die herabbrennenden Lichte. Es war ganz still in der Stube. Niemand sprach etwas. Nur das Ticken der Wanduhr war zu hören. Ich saß mit gefalteten Händen andächtig da. Als kleiner Junge mag mich dabei wohl mitunter die Müdigkeit übermannt haben, denn ich fand mich nicht selten in meinem Bettchen wieder, wohin mich die Mutter gebracht hatte, wenn ich auf meinem Stuhle eingenickt war. Aber später hielt ich doch tapfer durch. Es lag ein eigener Zauber über jenen Abenden. Die Mutter saß schweigsam im Lehnstuhl. Wie sie so in den Lichterglanz sah, mochten ihre Gedanken wohl eigene Wege gehen. Ihre Augen waren groß und tief, daß man ihr hätte mögen bis auf den Grund der Seele hinab sehen. Sie feuchteten sich still, und wie sich der Glanz der Kerzen in ihnen spiegelte, leuchteten sie gleich lieben Sternen. Zuweilen ruhten sie auf mir, lange und unbeweglich, und es war mir, als leuchtete der Himmel über mir. Ich entsinne mich noch deutlich eines solchen Abends: ich mochte damals wohl sechs Jahre alt sein. Wir saßen wieder um den Baum. Niemand sagte ein Wort. Alle sahen in die Lichterprachl hinein und bemerkten, wie ein Licht um das andere erlosch. Schließlich brannten nur noch wenige Stümpfe, und in der Stube war es schon ziemlich dunkel geworden. Da fiel mein Blick auf eine Tülle, in der hielt sich noch ein Nestchen Docht. Man sah nur noch den Schein in dem kleinen Tüllentellerchen, so weit war es schon heruntergebrannt. Aber es hielt sich ungewöhnlich lange, viel länger als die anderen, die schon verblaßt waren. Es flackerte von Zeit zu Zeit auf, ging zwischendurch zurück, daß man hätte wetten mögen, nun sei es zu Ende mit ihm. Immer aber lebte es von neuem auf, daß man glauben konnte, es habe das ewige Leben. Mein Vater mochte es auch beobachtet haben, denn er sagte: „Das da ist ein kleines Seelchen, das nicht sterben will — oder nicht sterben kann. Wer weiß warum!" Er schwieg und sah zur Mutter hinüber. Wie aber das tapfere Lichtseelchen endlich dennoch erlöschte, begann die Mutter still zu weinen. Dann aber trocknete sie ihre Tränen und begann zu erzählen: „Als du noch ein ganz, ganz kleiner Knabe warst, da wurdest du krank. Es war wenige Tage vor deinem dritten Geburtstag. Gewiß, du warst auch vorher schon manchmal erkrankt, und obgleich diesmal nichts darauf schließen ließ, daß es schlimmer gewesen wäre als sonst, fühlte ich doch, es würde etwas Ernstes werden. Vater suchte mich zu trösten, und meinte, es wäre nichts, was zu Besorgnissen Anlaß gäbe, und auch der Arzt sagte so. Aber keiner vermochte sich davon zu überzeugen. Ich sah, daß du jeden Tag elender wurdest. Tu aßt nichts und trankst nichts; und wenn du sonst ein Wildfang warst, daß man dich nicht zu bändigen wußte, lagst du nun still und regungslos in deinen Kiffen und sahst mich an. In einem fort sahst du mich an, als wolltest du mir etwas sagen. Du weintest nicht und klagtest nicht, standhaft still hieltst du aus. Da eines Morgens kam der Arzt. Er kam täglich. Aber wenn er sonst dein Körperchen befühlte, so tat er's diesmal nicht. Er saß an deinem Bettchen und sah unverwandt nach dir hin. Ich forschte in seinen Zügen und sah ihm fragend in's Gesicht, und wie sich unsere Blicke trafen, da nickte er mitleidig zu mir herüber. Kein Wort hat er gesprochen, ich hatte ihn auch so verstanden. Bange Tage und Nächte kamen und gingen, und täglich war der Arzt Gast in unserm Hause. Immer saß er so bei dir wie an jenem Morgen. Ich sah es in seinen Augen: Er war erstaunt, wie tapfer du kleines Seelchen dich hieltest. Aber Hoffnung hat er wohl keine gehabt. Du selbst sprachst kein Wort, hattest wochenlang keins gesprochen. Da eines Abends ging ich von deinem Lager. Ich hatte lange Stunden daran gewacht, und meinte, du möchtest schon schlafen. Da sagtest du mit müdem Stimmchen: „Gut Nacht,