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110-Gberlausitzer Helmatzettung Nr. s sich uns ein schöner Blick aus das Städtchen, das im Kranze grüner Höhenzüge eingebettet liegt. Zwei Kirchen überthronen es, die größere, zweitürmige der Katholiken, tm Stile der Gotik; die kleinere evangelische, ein roter Bau mit blauem Schieferdach wie aus Richters Anker- steinbaukasten errichtet. Rechts drüben zieht sich ein Häufergewlrr hin; Lausitzer Weberhäuschen, von deren wertzer Wandtünche das schwarze Gebälk des Oberstocks absticht, und neue, nette Landhäuser mit blaßroten Ziegel- dächern. Da umarmt uns der Wald. Amseln flöten. Finken schmettern. Ein.wundersames Konzert! Fn das melodische Pfeifen gellt kecker Schlag, wie greller Blechton die Musik von Holzinstrumenlen zerreitzt. Die Ftchtenwipsel spalten den Schein der Morgensonne in tausend, splnne- webdunne Goldfäden, die zwischen dem Gezweig hin- und hertanzen, das lenzessroy dem knospenden Maiwuchs enlgegenharrt. Hier und da eine Lichtung mit einem kurzen Blick aus Waldeshöhen und in Laigründe! Wunderliche Steingebilde schauen aus dem braunen Nadelpolster des Waldvodens; runde Rücken versteinerter Riejenschildkröten, langgewölvte Leiber steinerner Wale- Lausiger Granit! Oven aus der Höhe hocken zwei stei nerne Ungetüme, von denen uns das eine erlaubt, seinen Rücken zu besteigen, damit wir eine zwar engvegrenzte, aber dennoch reizvolle Aussicht aus sanft geschwungene Waldzüge gemetzen. Die Külbersteine nennt man sie. GranilwUtfel türmen sich zu kleinen Pyramiden. Gar eine steinerne Sphinx schaut unser Auge, während wir weilergehen. Das rascheloürre Laub junger Steineichen schwirrt im Hauche des Windes. Bor uns winkt der Turm des Bieleboh, verschwindet aber schnell wieder unseren Blicken. Ein schmaler Pfad nimmt uns aus. Dann kreuzt ihn das jonnenllbersluieie Band einer breiten Fahrstratze, das uns über eine weile Ftache geschlagenen Waldes führt. Hölzerne Riejensplnnen hocken hier tückisch am Boden mit weitausgreifenden Beinen, gerodete, wurzelreiche Kiefernstöcke. Irgendwo erdröhnt ein Sprengjchutz. Das Pulver mit seiner Kraft ist an die Stelle von Spitzhacke und Winde getreten. Mil seiner Explosionskrast zwingt es den Wurzelftock aus dem zähen Beroanoe mit dem steinigten Waldboden. Durch eine Fichtenanpflanzung fchlängelt sich unser Pfad. Links und rechts stehen sunge Lärchen Spalter, denen der Winter das Nadelkleid geraubt hat. Aber schon sind ihre Zweige von einem Perlengewande beworfen, den unzähligen Knospen, welche sich zu weichen Nadel- büscheln öffnen wollen. Da tritt rechts der Wald zurück und gewährt uns einen Ausblick in das Land. Ein Schleier von Sonnenglast liegt darauf, aus dem glitzernde Dächer stechen, hinter dem in unbestimmtem Grau waldige Höhenrücken schwer aus dem Lande wuchten und sich am Horizonte wie dunstige Wolkengebilde am Himmel verlieren. Auch vor uns öffnet sich der Wald. Ein weites Halbrund liegt vor uns, wieder von Sonnenglast mit grauem Schleier zugedeckt. Die Landstrichen winden sich gleich gelben Schlangen zwischen grünen Saaten und braunen Ackern hin. Fn lockerem Gefüge, weit über Tal und Hänge verstreut, liegen die Häuser der Menschen. Fast alle tragen sie eine Kappe aus blauem Schiefer. Selten nur sticht hier und da ein rotes Ziegeldach heraus. Jetzt steht der Bieleboh wieder vor uns, aus dessen geschwungener Rückenlinie der steinerne Turm starrt. Auf der weiten Waldblöße um uns sonnt sich ein Heer von Granitblöcken, aber nicht mehr in dunkler, basalt ähnlicher Farbe wie drin im Fichtenwalds. In Hellem Grau leuchten sie uns entgegen. Anbruchstellen lassen das körnige Schwarzweißgefüge zu Tage treten. Am Rande des Waldes kurz vor dem Dorfe erschallt der Hammerschlag emsiger Steinklopser, die aus dem granitnen Würfel Straßenschotter schlagen. Nun tritt unser Fuß auf die Wege menschlicher Siedelung. Picka, ein kleines Dörslein mit zerstreut liegenden Häusern, nimmt uns auf. Linkerhand liegt ein kleines Iagdhäuschen, Gräflich Nostitz-Wallwitzscher Besitz. Rechts träumt ein netter Bau durch sechs Wochen tage dahin, um Sonntags zu frisch-fromm-fröhlich-freiem Leben zu erwachen, das Landheim des Bautzner Turn vereins. Wieder windet sich unser Pfad am Waldrande dahin. Rechts weitet sich der Talzug mit Wiesen, Feldern und Dörfern. Überall ist der Landmann tätig, dem sonnigen Frühlingstag den Stempel segensreichen Werktums auf zudrücken. Hier sät einer Sommerkorn. Der Rhythmus der Arbeit singt aus den gleichmäßigen Bewegungen des Armes. Dort wirft einer den schwarzen Staub des Stick stoffdüngers über das Feld. Kühe schleppen die Egge über die Scholle. Nicht lange währt es, da treten wir in den Wald des Bielebohs. Eine Elster sitzt auf dem Wipfel einer jungen Fichte, fliegt ein Stück weiter, schimpft dann ärgerlich „schack schack schock" ob des Störenfriedes, der in ihre Waldesstille gedrungen ist. Sie wippt mit der stahlblauen Spitze ihres Schwanzes, läßt schnell noch ein paar Laute hören, die garnicht zum Elsterrufe gehören; es klingt wie das Gackern von Hühnern, daß sie wohl in Picka aufgeschnappt hat, dann streicht sie von neuem schimpfend über den Wald hin. Vor dem jungen Fichtenwalde strecken weiße Birken stämme ein Heer von braun-roten Reisern empört Bon der Ferne gesehen, malen sie einen violetten, dünnen Schleier vor den lichtgrünen Fichtenwall, aus dem das Gold der Sonne ruht. Der Kühle Hauch des Waldes umspült den sonnen- durchglühten Körper des Wandrers mit erfrischendem Odem. Da stockt der Fuß. Ein Trauermantel sitzt mitten im Sande des Weges und wippt mit den hermelingerän derten, schwarzen Flügeln. Sonnentrunken gaukelt er weiter. Ein letzter Kampf mit steilem, glattem Nadelieppich! Die Höhe ist erreicht. Durch die Bäume schimmern der Turm und das Gasthaus des Bielebohgipfels. Herrlich ist der Ausblick vom Turme. Ein waldiger Hügelkranz umschlingt den Berg. Ringsum ein Band von Dörfern! Sie strecken die Arme nacheinander aus und reichen sich die Hände zum Reigen um den alten Götterberg. Und alles das über flutet die Sonne mit Lenzgold. Steil fällt der Weg aus der andern Seite zu Tal. Das Auge hängt an den Wellenlinien der Czorneboh- kette. Der Talsohle geht es rasch entgegen, und unser Blick wägt kritisch die gegenüberliegende Höhe, die es dann wieder zu ersteigen gilt.