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604 L. Die letzten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts. 30-Aug, Nach wenigen Wochen konnte Karl X., der mit einem neuen Heere deni Feld- ' marschall nachgefolgt war. in Warschau cinziehen; bald ergab sich auch Krakau; Ott. der König Johann Casimir flüchtete nach Oppeln, das ihin vom Kaiser ver pfändet war; die Starosten, die Edelleute, die Truppen huldigten dem neuen Herrn; ein Heer von 11.000 Mann unter Potocki, das Krakau entsetzen wollte, streckte die Waffen; die „Quartianer", die stehenden Truppen (sogenannt von dem vierten Theil der Kroneinkünfte. zu dem ihr Unterhalt veranschlagt war) verstärkten die schwedische Macht. Ein zweites Heer unter Magnus de la Gardie war zu gleicher Zeit von Livland aus in Litthauen eingefallen; allein hier hatten die Russen, welche die günstige Gelegenheit zur Gebietserweiterung sich nicht ent gehen ließen, bereits siegreiche Fortschritte gemacht und Wilna erobert, zum nicht geringen Verdruß der Schweden, die von dem Umsichgreifen der moscovitischcn Macht Gefahr für ihre Besitzungen an der Ostsee fürchteten; denn schon richteten die Russen ihr Auge auf diese für eine europäische Stellung und für den Han delsverkehr so überaus wichtigen Seegegenden. Doch aber wagten die Schweden noch nicht, sich mit diesem zweifelhaften Bundesgenossen zu Überwerfen. Fast gleichzeitig mit Karl X. langten russische Truppen in unmittelbarster Nähe von Warschau an. Nach einem Feldzug von wenigen Wochen, fast ohne Widerstand schien das polnische Reich vernichtet und aufgelöst, und nian konnte schon die Frage aufwerfen, ob der kühne Schwedenkönig die polnische Krone an sich zu nehmen oder nur die besten Landestheile an der Ostsee sich anzueignen und den Rest an befreundete Fürsten und Mächte zu verthcilen gedenke. Die stolzesten Pläne erfüllten seinen hochstrebendcn Geist; allein die glänzenden Erfolge ruhten auf schwacher Grundlage. Der Kömzs- Durch den unerwartet raschen Siegcszug des Schwedenkönigs gerieth der Kur- "^"trags fürst von Brandenburg in nicht geringe Verlegenheit; er stimmte jetzt seine Forderungen wesentlich herab, aber auch Karl Gustav seine Anerbietungen. Die Unterhandlungen wurden schließlich ganz abgebrochen; der Kurfürst betrieb seine Rüstungen mit größter Anstrengung, rückte in das polnische Preußen ein und bewog die dortigen Stände, sich mit ihm zur Landesvertheidigung zu verbünden; in Großpolen, Litthauen, Masovien zeigte man Neigung, sich unter brandenburgischem Schutz von der schwedischen Herrschaft loszumachen. Um der Gefahr im Rücken zu begegnen, wandte sich der Schwedenkönig ebenfalls in das polnische Preußen und begann die Feindseligkeiten gegen die Branden de". Burger. Städte Thorn, Elbing u. a. ergaben sich nach der Reihe der überlegenen ' schwedischen Heeresmacht; nur Danzig leistete kräftigen und erfolgreichen Widerstand. Die brandcnburgischen Truppen wichen überall zurück; bald überschritt der rasche D-cbr. Schwedenkönig die Grenze des herzoglichen Preußens und stand in den letzten Tagen des Jahres wenige Stunden vor Königsberg. Der Kurfürst hatte sich verrechnet und mußte jetzt eine Uebcreinkunft schließen, die gegen seine früheren Forderungen ungünstig n. Jan. gmug abstach. In dem Königsberger Vertrag erkannte er für das Hcrzogthum ^'Preußen die schwedische Lehnsherrlichkeit an, verpflichtete sich, den Schweden 1500 Mann zu stellen, freien Durchzug, den Gebrauch der Seehäfen und einen Antheil an den Seezöllcn zu gestatten, das polnische Preußen vollständig zu räumen; dafür erhielt