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IV. Frankreich und die neue europäische Coalition. 583 Nachgeben von Seiten Frankreichs als eine Dcmüthigung, als ein Zurückweichen aus der bisherigen Präpondcranz erscheinen. Würde Ludwig damit nicht zugestehen, daß, wie die Gegner behaupteten, der wider die Hugenotten geführte Schlag seine Macht geschwächt habe? Die Ehre Frankreichs und das Ansehen des Königs verlangten, daß eine solche Ansicht durch neue Siege im Felde niedergeschlagen werde. Politische und religiöse Motive wirkten zusammen. Mit der Festsetzung des französischen Einflusses im Kölner Erzstist sollte zugleich den protestantischen Nachbarstaaten ein drohendes Gegengewicht ausgestellt und den ehrgeizigen Plänen des Oranicrs der Beistand der Gencralstaaten entzogen werden. Aber wir wissen bereits, daß diese Berechnung nicht eintraf. Die religiöse Bedrohung schärfte auch das rcformatorischc Bewußtsein. Die Niederlande unterstützten das Unternehmen ihres Statthalters, und damit nicht während der englischen Expedition des Oranicrs Holland von den französischen Kriegsherren an gegriffen werden und die Katastrophe von 1672 sich wiederholen möchte, hatte Wilhelm durch seinen Vertrauten Bentinck mit dem Kurfürsten Friedrich III. von Brandenburg und mit Hessen und Hannover einen Vertrag geschlossen, kraft dessen deutsche Truppen die Grenzen der Republik hüten und jedem Versuch einer französischen Invasion cnt- gegmtretcn sollten. Es ist uns bekannt, welchen wichtigen Antheii die deutschen Hülfs- iruppcn und die flüchtigen Hugenotten an dem Gelingen der englischen Revolution und an der Bewältigung der irischen Empörung genommen haben. Und als bei dem Aus bruch des contincntalen Krieges Frankreich seine Angriffe nicht gegen Holland, sondern gegen die Gebiete des Mittelrheins richtete, wendeten die deutschen Reichsfürstcn, denen auch noch Sachsen beitrat, ihre Waffen dorthin, um zunächst Köln und Koblenz zu sichern. „So bildete sich eine Bereinigung derselben Fürstenhäuser, die einst die Refor mation der Kirche durchgcfochten hatten, zu ihrer Rettung in Europa". Der Marschall Schömberg, den bei dieser Gelegenheit der Brandenburger Kurfürst dem Oranicr abtrat, hat, wie wir wissen, sowohl durch seine Kricgserfahrnng als durch seine Bekanntschaft mit der englischen Nation und Sprache wesentlich zu den Erfolgen Wilhelms III. bei getragen. 3. Der Ürleans'sche Rrieg in der Pfalz. Als im Kriegsrath der neue Waffengang bcrathcn wurde, war Louvois der Ansicht, man solle wieder wie im Jahre 1672 gegen den Niederrhcin und-»» Rim». Hofland ziehen. Allein der König meinte, es liege dem Interesse Frankreichs näher, die Waffen zunächst zum Schuhe der Ansprüche des Herzogs von Orleans auf die Pfälzer Erbschaft zu ergreifen. So wurde der Feldzug gegen die Rhein- Es« Sem. Pfalz unternommen, ohne daß zuvor eine Kriegserklärung vorausgeschickt worden wäre. Als in Versailles ein Manifest ausgegeben ward, worin es hieß: der?«. S-m. Kaiser hege schon lange die Absicht, nach Beendigung des Tnrkenkricgs Frankreich anzugreife», zu dem Zweck sei der Waffenbund in Augsburg geschlossen worden, Zu dein Zweck suche man die Besitznahme der durch das Ableben des Kurfürsten Karl der Herzogin von Orleans zugefallcnen Güter und Länder zu verhindern und den Cardinal von Fürstenberg aus dem Erzbisthum Köln zu verdrängen, waren bereits zwei französische Heere ins Feld gerückt, das eine, bei dem sich der Dauphin selbst befand, unter dem Marschall von Duras und de» Generalen Vauban und Catinat gegen die Festung Philippsburg, das andere unter Bouff-