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II. Oesterreich, Ungarn, die Türkei. 437 an den Siebmbürgischen Fürsten, sondern gewährte auch den Evangelischen mehr Zuge ständnisse als sie in irgend einem der früheren Verträge zu erlangen vermocht. Nicht allein daß den Religionsvcrwandten Augsburger und helvetischer Confession aufs Neue volle Religionsfreiheit zugesichcrt ward, alle unrechtmäßig entrissenen Kirchen, mehr als neunzig an Zahl, mußten ihnen sammt den dazu gehörigen Einkünften zurückgcgebcn werden. Nach dem Abschluß des westfälische» Friedens, als bei dem Tode Rakoczy's I. Ungarn, sein Sohn Georg Rakoczy II. den Fürstenstuhl in Siebenbürgen unter Os- nianischer Zinspflicht und Schuhherrschaft bestieg, gedachten die österreichischen Herrscher die ini Reiche verminderte Macht durch festere Vereinigung ihrer Erb- slaaten zu stärken, die durch die Friedensartikel von Münster und Osnabrück ge bundene kaiserliche Autorität in den Königreichen und Territorien der öster reichischen Monarchie zu einer mehr einheitlichen Entwickelung zu führen. Zu dem Zweck wurde noch bei Ferdinands III. Lebzeiten an den ungarischen Reichs tag in Prcßburg das Ansuchen gestellt, die Stände möchten dem bisherigen Wahl- isss. Mein entsagen und das Gesetz ausstcllen, daß der König in Zukunft kraft des Erbrechtes zum Thron gelange. Allein obwohl von einer freien Königswahl nur noch ein Schatten übrig geblieben war; so sahen doch die Ungarn in dem Wahl recht und der damit verbundenen Capitulationsurkunde das Fundament ihrer nationalen Freiheiten, die Magnaten die Hauptstütze ihrer Privilegien gegenüber dem Throne wie gegenüber den Untergebenen. Der Reichstag wies daher den Antrag mit Entschiedenheit zurück. Leopold wurde auf Grund der herkömmlichen Formen und Gelöbnisse zum König gewühlt und am 27. Juni gekrönt. ZweUsss. Jahre nachher folgte er seinem Vater in allen übrigen Ländern des Hauses Oesterreich. Die lange Regierung dieses Habsburgers war für alle seine Reiche eine i. Kette von Unfällen und Mißgeschicken. Nicht nur daß im Westen der französische Machtherrscher die Reichsgrenzcn bedrängte und deutsche Städte und Land schaften in räuberischer Weise an sich riß; auch im Osten erhob sich die Macht der Osmanen zu neuem Leben und wiederholte die Schreckenstage früherer Jahr hunderte, und in Ungarn und Siebenbürgen erzeugten die rechtsvcrachtenden Ge- waltthütigkeiten der eigenen Regierung und der brennende Ehrgeiz und Waffen drang des Fürsten Georg Rakoczy II. kriegerische Bewegungen und Aufstände, welche Jahrzehnte hindurch die größten Erschütterungen und Wcchsclfälle im Staats- und Volksleben hervorbrachten. Leopold, der ursprünglich für die Kirche bestimmt und als Geistlicher erzogen, durch den frühen Tod seines älteren Bruders Ferdinand zur Herrschaft gelangte, behielt auch auf dem Throne eine Vorliebe für kirchliche Angelegenheiten. Die Unterdrückung ketzerischer Doctrinen galt ihm stets als die erste Pflicht; seine ganze Politik wurde lediglich von dyna stischen und katholischen Interessen geleitet. Da hatten denn die Jesuiten einen weiten Spielraum zu Zwangsbekehrungen und Verführungen, uni die Sünde