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382 v. Das Zeitalter Ludwigs XIV. Regensburger Reichstag zu fürchten, von dem so manches Glied bereits in fran zösischem Sold und Dienst stand? Einen noch glänzenderen Sieg gewann Ludwig XIV. in England. Wir werden den leichtfertigen, charakterlosen König Karl II. und die Verhältnisse des englischen Staats nach dem Aachener Frieden bald näher kennen lernen. Es war keine schwere Arbeit, den Stuart, welcher die Holländer aus religiösen und per sönlichen Motiven von Grund des Herzens haßte, in die Netze des französischen Königs zu ziehen. Hatte jener sich doch gerade damals mit einem Ministerium um geben, das in der Geschichte als „Cabal-Ministerium" bezeichnet wird. Nachdem Colbert von Croissy, Bruder des Ministers, der an Ruvigny's Stelle als Ge ring. teer, sandter nach London geschickt ward, die Einleitung zu einer Allianz zwischen beiden Monarchen getroffen und die politische Lage des Jnsellandes erforscht; reiste die Schwester Karls, Henriette von Orleans, in Begleitung einer schönen Hofdame, Mademoiselle de Querouaille aus der Bretagne, in das Land ihrer Geburt, um ihren königlichen Bruder für Frankreich und für den Katholicismus, zu dem sie sich selbst bekehrt hatte, zu gewinnen. Während ihrer Anwesenheit r.Jumin», und unter ihrer Mitwirkung kam in Dover ein geheimer Vertrag zum Abschluß, in welchem sich die beiden Könige zur Bekricgung der Vereinigten Staaten der Niederlande verpflichteten. Frankreich sollte zu Lande. England zur Sec den Oberbefehl führen. Ludwig versprach dem verbündeten Monarchen zwei Millio nen Livres zu entrichten, damit er dem Parlamente gegenüber freiere Hand hätte, und während der Dauer des Krieges jährlich drei Millionen Subsidiengelder zu zahlen. Zugleich gab Karl II. die Zusicherung, sobald es geschehen könne, seine» ^ Ucbcrtritt zur katholischen Kirche zu erklären, wie kurz vorher sein Bruder, der ! Herzog von Vork gethan. Durch gemeinschaftliche Action sollten die zwei mäch- ! tigsten Potentaten des Westens den übermüthigen Freistaat, der sich das Schieds- j richteramt über andere Mächte angemaßt und gegen die beiden Nationen, denen i er sein Dasein verdanke, den schwärzesten Undank gezeigt habe, zu Wasser und i zu Land bekämpfen, seinen Stolz dcmüthigen, seine Präponderanz in der Colonic- und Handelswelt brechen. Auch über die Abtretungen, die nach siegreicher Be- ! endigung des Krieges an England fallen sollten, waren Verabredungen getroffen. ! Nach Abschluß dieses Vertrags kehrte Henriette von Orleans nach Frankreich ! 2o-Am ^rück; einige Wochen nachher starb sie plötzlich in St. Lloud. Die französische Hofdame aber, welche das Wohlgefallen des englischen Königs in hohem Grade ! erregt hatte, blieb auf den Wunsch Ludwigs XIV. in London, wo sie, zur Her- s zogin von Portsmouth erhoben, bald den größten Einfluß erlangte und im In- ^ tcresse Frankreichs und der katholischen Religion thätig wirkte. Aber war nicht ^ zu befürchten, daß das englische Ministerium diesem zwischen beiden Monarchen abgeschlossenen Vertrag sich widcrsctzcn würde? Nach der Verfassung hatte doch auch das Parlament ein Wort mitzurcden. Allein so sehr stand damals noch die Nation unter dem Bann der politischen und religiösen Reaction, daß selbst