Volltext Seite (XML)
II. Italien und Ticilicn. 327 Vorüber. Schon war es da und dort zu Gcwallthätigkcitcn und Excessen ge kommen', es war Gefahr vorhanden, daß sich die unteren Volksklasscn in Stadt und Land des Regiments bemächtigen, daß sich die Semen der Sclavcnaufstände des Altcrthmns wiederholen möchten. Adel und Geistlichkeit waren ohnmächtig und in ihren Besitzungen nicht minder bedroht als der Beamtcnstand. Bald wurden auch die bürgerlichen Elemente in Bewegung gesetzt; die Zünfte der Handwerker schlossen sich der aufständischen Menge an, theils fortgcrissen von der revolutionären Sturmfluth, theils in der Absicht, die aufgeregten Kräfte vor Ueberschreitungen zu bewahren, die gährenden Massen zu zügeln, die Leiden schaften und gemeinen Triebe auf höhere Ziele zu lenken. Mit den unteren Volks klasscn verbunden wollten die Bürger und Gewerbtreibenden eine Reform in der Verwaltung durchsetzen, in Folge deren auch die populären Stände einen Anthcil am Regimcnte erhalten sollten. So griff der revolutionäre Zustand immer weiter um sich und dauerte den ganzen Sommer fort. Unter der Leitung eines ent schlossenen Demagogen, des Golddrathzichcrs Giuseppe da Lesi machten sich die Insurgenten zu Herren der Stadt. Die höheren Stände geriethcn in Schrecken; sie bewogen den Statthalter zwei Zunftmeister in das Regierungsgebäude zu berufen, um mit ihnen die zu treffenden Maßregeln zu überlegen. Unterdessen blieben die Aufständischen auf den Straßen und Plätzen versammelt. Als nun die Abgeordneten lange nicht zum Vorschein kamen, argwohnte die aufgeregte Menge Verrätherei: sie erstürmte und plünderte das Zeughaus, richtete Kanonen gegen den königlichen Palast und rief Giuseppe zum Befehlshaber aus. Erschreckt js.,August durch die drohende Gefahr flüchtete sich der Vicekönig mit seiner Gemahlin zu Schiffe nach Castelamare und überließ die Stadt ihrem Schicksale. Dieses wäre unter den Händen der Räuber und Banditen, die einen wesentlichen Thcil der Insurgenten bildeten, schlimm genug ausgefallen, hätte nicht Giuseppe da Lesi selbst den Ausschweifungen Schranken gesetzt und die wilden Gesellen durch die gemäßigtere Partei der Bürgerwehr von Gewaltthaten abgehalten. Darüber gewann der Adel und die Ritterschaft Zeit, zum Schutze ihres Lebens und Eigen- thums und zur Erhaltung der öffentlichen Autorität zu den Waffen zu greifen und militärisch geordnet wider die aufrührerischen Schaaren auszuzichen. Sic 22. Aug. sprengten zu Pferde in die dichtgedrängten Haufen und trieben sie auseinander: Biele erlagen ihren Schwertern und Karabinern, unter ihnen Giuseppe da Lest und sein Bruder; andere wurden gefangen genommen und dreizehn davon hiu- gcrichtet. Nun suchte der Vicekönig, seiner milden Natur folgend, durch Amnestie Und Stcuernachlaß der revolutionären Erhebung vollends Meister zu werden. Dieses Verfahren wurde jedoch in Madrid nicht gutgehcißcn, daher das auf rührerische Treiben seinen Fortgang hatte. Dem Marques de los Velos ging dies so zu Herzen, daß er vor Kummer starb. Sein Nachfolger war der Cardinal No». Theodors de' Triulzi, ein eben so kluger als entschlossener Staatsmann. Diesem gelang es, indem er durch sein unerschrockenes Auftreten in Palermo selbst den