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O welche Wonne wohnt in meinem Freund, Daß mir der Himmel nun die Hölle scheint! Ly fand er. Dir, Helena, vertrau'n wir unfern Plan. Wenn Luna morgen Nacht auf ihrer Bahn Ihr silbern Bild im Wasserspiegel sieht Und Perlenschnüre durch die Wiesen zieht, (Die Zeit hüllt solche Flucht in dichten Flor): Dann stehlen wir uns beide aus dem Thor. Hermia. Und in dem Walde, wo so oft wir zwei Auf Primeln sanft uns betteten im Mai, Und süß Geplauder pflogen mit einander. Dort treffen wir uns, ich und mein Lysander. Dann meiden wir Athen und ziehen fort Zu neuen Freunden an den fremden Ort. Bet' für uns, Liebste: nimm den Abschiedskuß; Mög' es dir glücken mit Demetrius! — Halt' Wort, Lysander: ach, wir seh'n uns nimmer, Bis morgen Mitternacht beim Sternenschimmer. (Hermia ab.) Lysander. Ich halte Wort. — Nun, Helena, gut Glück! Geb' dir Demetrius deine Lieb' zurück! (Lysander ab.) Helena (allein). Wie doch das Glück dem will und jenem nicht! So viel als ihres lobt man mein Gesicht; Was hilft mir's? wenn Demetrius anders meint. Und was die Stadt weiß, nicht zu wissen scheint! Wie er in Hermia's Augen sich vergafft. Mißleitet mich Lei ihm die Leidenschaft. Was niedrig ist und formlos und gemein. Die Liebe kann ihm Form und Werth verleih'n; Sie nimmt mit Wünschen, nicht mit Augen wahr. Darum stellt man als blind Cupido dar; Beschwingt zugleich, was Uebereilung meint. Denn Liebeswunsch ist jedem Urtheil feind; Und weil er sich so oft zum Thoren macht In seiner Wahl, wird er als Kind gedacht. Wie Knabenmuthwill Schwüre bricht im Spiel, So schwört auch Amor falsch, wie oft und viel!