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schränktheit, einen Mangel an Verstand bei Dingen, deren Kenntniß in erster Linie nöthig ist, um sein Leben richtig führen zu können. Die alten Spartaner zwangen bei ihren Festen die Heloten, eine Maste starken Weins zu trinken, und brachten sie dann in diesem Zustande zu ihren Gelagen herein, um an ihnen der Jugend recht deutlich zu zeigen, was es für ein Ding sei um die Betrunkenheit. Wir können freilich eine auf der Verschlechterung anderer Menschen beruhende Besterung und Belehrung keineswegs für human und zart fühlend erachten. Demungeachtet ist es vielleicht nicht unpassend, von all den Leuten, welche ein leichtsinniges Benehmen gezeigt und sich neben hoher Macht und bedeutender Stellung vorherrschend durch ihre Laster berühmt gemacht haben, wenigstens ein oder zwei Paare in die Reihe unserer Musterbiographieen einzuschalten. Wir thun dieß wahrhaftig nicht, um nur zur Belustigung und Unterhaltung unserer Leser der ganzen Schrift eine größere Abwechslung zu geben. Nein, wir thun es, wie Jsmenias aus Thebä, der seinen Schülern neben den guten auch schlechte Musiker zeigte und dabei zu sagen pflegte: „seht, so muß man spielen!" und dann wieder: „seht, so muß man nicht spielen!" Auch Antigenidas glaubte, die jungen Leute würden einen Virtuosen um so lieber und aufmerksamer an hören, wenn sie daneben von einem Stümper eine Probe erhielten. Ebenso werden auch wir ohne Zweifel das Leben besserer Männer mit größerer Liebe sowohl betrachten, als nachahmen, wenn uns da neben zugleich schlechte, tadelnswerthe Charaktere nicht unbekannt bleiben. Die vorliegende Schrift soll das Leben des Demetrius Polior- ketes *) und des Imperators Antonius enthalten, — zweier Männer, welche ganz besonders den platonischen Satz bestätigen, daß groß an gelegte Naturen ebensowohl große Laster, wie große Tugenden Her vorbringen können. In gleicher Weise der Wollust und dem Trunk ergeben, in gleicher Weise gute Generale, freigebige, verschwenderische, übermüthige Menschen, haben sie in Folge hievon auch ganz ähnliche Schicksale erfahren. Nachdem ihr ganzes Leben ein fortwährender PoliorketeS, b. h. der Stadteeroberer, erhielt diesen Beinamen haupt sächlich durch seine Eroberung «o» RhoduS.