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Weiter konnte sie nichts mehr Hervorbringen, sondern sank auf der Stelle, hart neben dem Ruhebette, nieder. 86. Man sagt nun: mir jenen Feigen sei ihr eine Natter zu getragen worden, oben wohl zugedeckt mit Feigen; denn so hatte es Kleopatra selbst befohlen; und das Thier sollte sie stechen, ohne daß sie selbst es ahnte. Wie sie nun einige Blätter von den Feigen weg nahm und die Natter sah, sagte sie: „nun, da ist's ja!" legte den Arm bloß und hielt ihn zum Beißen hin. Andere erzählen, die Natter sei in einem Wasserkruge eingesperrt gewesen und Kleopatra habe sie mit einer goldenen Spindel herausgelockt und wild gemacht, bis sie herausfuhr und sich ihr an den Arm hängte. Den wahren Hergang kennt Niemand. Denn es wurde auch schon behauptet: „sie habe Gift in einer hohlen Haarnadel, die sie in ihren Locken versteckte, bei sich getragen." Uebrigens zeigte sich an ihrem Körper weder ein brandiger Ausschlag, noch sonst ein Zeichen von Gift. Selbst nicht einmal das Thier konnte man im Zimmer bemerken; nur auf der Meerseite, wohin die Aussicht gieng und Fenster lagen, behauptete man einige Spuren seines Fortkriechens gesehen zu haben. Ebenso soll man nach Einigen an dem Arme der Kleopatra zwei feine, kaum bemerk bare Stiche wahrgenommen haben, welche auch Cäsar, wie es scheint, für sicher annahm. Denn beim Triumph ließ er eine Abbildung der Kleopatra selbst mittragen, wobei die Natter an ihrem Arm hieng. Soweit die Nachrichten hievon. So sehr sich nun auch Cäsar über das Ende dieser hohen Frau ärgerte: er mußte dennoch ihre edle Gesinnung bewundern und gab daher Befehl, sie glänzend und königlich neben Antonius beizusetzen. Auch die beiden Frauen niedrigeren Standes erhielten nach seiner Anordnung eine ehrenvolle Bestattung. Kleopatra war bei ihrem Tode neununddreißig Jahre alt, wovon sie zweiundzwanzig Jahre auf dem Throne saß und mehr als vierzehn Jahre gemeinschaftlich mit Antonius das Regiment führte. Antonius dagegen zählte sechs-, nach Andern nur dreiundfünfzig Lebensjahre. Sämmtliche Bildsäulen des Antonius wurden nun umgeworfen,