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Vie thüringische Dauerkrise Die thüringischen Sozialdemokraten sind in ihrem Regierungsprogramm, da» der thüringisch» Lande«' ausfchuß der VLPD. gestern aufgestellt hat, de» Forderungen der Kommunisten auf Haide« Weg« entgegengekommen. Statt der von den Kommunisten geforderten Anerkennung der proletarischen Hundert schaften haben sie allerding« dir Schaffung einer republikanischen Notwehr vorgeschlagen. Die Kontrollausschüffe sollen nur „moralisch' aner kannt werden und „im Rahmen der Rttchsbestim- mungen* Rechte etngeriiumt erhalten, «ährend die Kommunisten staatliche Anerkennung der Kontroll ausschüsse und ihre Ausstattung mit Exekutivgewalt verlangen. Nur die Einberufung de» Betriebsriite- kvngreffee für Thüringen wird von den Sozialdemo kraten rundweg abgelehnt, weil der Allgemeine Deutsche Gercerkschaftsbund die Abhaltung de» Kon gresses abgelehnt habe und die VSPD. sich al» Mit» trägerin der Gewerkschaften deshalb außerstande sähe, die Einberufung de» Kongresse» zu fordern. Di« übrigen Forderungen der thüringischen So zialdemokraten zielen auf die Ueberleitung der be- stehenden Staatsform in den rein sozialisti schen Staat hin. Beteiligung des Reiches bi» Hu öl Prozent an dem Gesamtvermögen der deutschen Wirtschaft, Schaffung eine« Außenmonopol» nach russische« Muster, da« sind Forderungen, die den neuen russischen Staatslehren entlehnt find, und ihre Durchführung dürste zu genau de» gleichen schweren Konflikt« führ«, wie in Rußland. E« fragt sich außerdem, ob eine» der Länder im Deutschen Reich überhaupt praktisch in der Lage sein würde, ein der artige» Experiment i« augenblicklichen Zeitpunkt durchzuführen. E» müßt« naturgemäß zu einem schweren Konflikt mit dem Reich und mit seinen Nachbarländern kommen, und die Gefahr eines inner deutsche« Kampfe« wäre in diesem Fall noch weit näher gerückt, al» wenn der thüringische Landtag aufgelöst würde und Neuwahlen vorgenommen würden. Immerhin scheint da» recht radikale Programm der thüringischen Sozialdemokraten den Kommunisten «och nicht zu genügen. Der Führer der thü ringischen KPD., der Landtagsabgeordnete Tenner, soll sich bereit» gestern in einer Versammlung in Jena gegen das sozialdemokratische Programm und für die Landtagsauflösung ausgesprochen haben. Di« bürgerlichen Parteien glauben ihre Zeit noch nicht für gekommen. Nachdem die Sozialdemokraten sich auf ein so radikale« Programm festgelegt haben, scheint di» Aussicht auf da» Zustandekommen der großen Koalition sehr fraglich geworden zu sein. Die bürgerlichen Parteien scheinen auch zu der An sicht gelangt zu sein, daß in der augenblicklichen Si- tuation ein Entgegenkommen den Sozialdemokraten gegenüber keineswegs am Platze wäre, sondern daß ddr Weg zur großen Koalition setzt von den So zialdemokraten zuerst betreten werden müsse. Einer sozialdemokratisch-kommunistischen Koalition werd« die bürgerlich« Parteien jedenfalls nicht un- tätig zusehen, sondern dann mit aller Energie auf ssfteftösuna de» Landtage» und Neuwahlen bestehe». Man kann den bürgerlichen Parteien für diesen Fall nicht da« Recht auf Hoffnung abstreiten. Anderseits darf aber auch nicht verkannt werden, daß ein Wahl- dampf in diesem Zeitpunkt da« Land in sehr beträcht liche Bedrängni« bringen würde, und daß es gerade setzt darauf ankommt, alles zu vermeiden, wo» Un ruhen in da« Reich und seine Länder hineintragen kann. . „, K». „Rerchrkoinmissariat für Reparationslieferungen" V»rli», 20. September. Durch Verordnungen de« Reichspräsidenten vom 30. Juni und vom 2S. August 1923 sind die Reich.rückllef«- rungskommtssion und der Reich»«»»« schuß für Schiffsbau und Schisfsab- liefe rung mit Wirkung vom 1. Oktober auf gelöst worden. Die Arbeiten dieser beiden Dienst stellen sind soweit vorgeschritten, daß ihre Unter haltung al» selbständige Behörden nicht mehr not wendig erscheint. Dadurch wirb der schwierigen Finanzlage de» Reiche» au» dem Gesichtspunkt außerster Sparsamkeit und dem weitergehenden Ab- bau der Behörden Rechnung getragen. Don 1. Ok tober ab werden die Restarbeiten der Reichsrück- lieferung»kommission und de» Reichsausfchuffes kür Schiffsbau und Schiffeablieferung von dem Reichs kommissariat zur Ausführung der Ausbauarbeiten in den zerstörten Gebieten übernommen. Der hierdurch bedingten Erweiterung de» Ausgabenkreis»« de» Reichskommissariats, dem bisher nur rein« Wieder- aufbaultefrrungen oblagen, wird durch Aenderung seiner Amtsbezeichnung Rechnung getragen. Durch eine Verordnung des Reichspräsident« vom 13. Sep tember erhält da» Reich»kommissariat von» 1. Oktober ah die Bezeichnung „Reichskommisfariat für Reparationslieferungen*. Zn ihm wird der deutsche Nestitutionsdienft ein« besondere Abteilung (Restitutioneabteilung) bilden, bi« in den Geschäftsräumen des Reichskommissariat», Berlin V v, Potsdamer Straße 10/11, untergebracht ist. Teuerungrkunbgebungen in verttn Berlin, ig. September. Auf de« Berliner Lebens- mittelmarkt« haben die Preise heute allgemeine eine Verdoppelung erfahren. Zn den Marktballen und auf den Märkten bemächtigte sich der Käufer, be sonders der Hauefrauen, über die unberechtigten groß« Preissteigerungen große Erregung. Es kam verschiedentlich zu tumultua rische» Szenen. Don der Zentralmarkthalle au» zogen einige hundert Frauen zum Rathaus». Si« schickt«» eine Deputation zum Magistrat, die verlangte, daß die Stadt Gemüse und Kartoffeln von ihr« Gütern verkaufen solle. Beamte der Schutzpolizei zerstreute schließlich die Mena« vor dem Rathaus«. In Berlin ist der Preis für markenfreie« Brot auf zwölf Millionen Mark herauf gesetzt worden. Der Reichstagsausschuß für soziale Angelegen heit« beschloß, um einer Verzögerung in der Zahlung der Krankenkassenbeiträa« uorzubeugen, d« Reichsarbeitsminister um «- «Züchtigung der Kassenvorstände « einer Satzung- äuderung »u ersuche», damtt die Beiträge nach einer für die Zablungswoch« maßgebend« Reich, richt« zahl zu leisten sind. * Der Verband Deutscher. Reichsangehöriger in Mexiko richtete an den Reichstag ein« Kabelpetition mit dem Antrag, der Reichstag möge beschließen, daß der IS. Ianuar al» der Tag der Begründung der deutschen Reichseinheit gesetzlich zu einem natto- aalen Feiertag« erklärt werd«. Rußlands Staatsbudget Auf dem Wege zur Sesuuduug Der russische Volkskommissar für den Handel, Sokolnikow, der vorübergehend dieser Tage in Berlin weilte, um u. a. mit dem Reichsfinanz minister über die Notierung des neuen russischen Geldes an den deutschen Börsen zu sprechen, gab dabet einen Einblick in die jüngste Entwickelung d«r russischen Etaatsfinanzrn und der Wirtschaftspolitik. Verminderung de» Defizit«. Abbau dex Bureaukrati«, der Armee und der Staatsbetriebe und die Her stellung eine» ausgeglichenen Etat» sind die Leitsätze der sowjetistischen Innenpolitik. Nach Sokolnikow» Angaben ist die Armee seit 1922 von 1L Millionen auf KOO 000 Mann, da« Eisenbahnpersonal und die Marinetruppe von ID Millionen auf 780 000 Mann und die Zahl der Staatsangestellten von 2 Millionen auf 900000 Mann vermindert worden. Da die Ge hälter erhöbt werden mußten, wurden Ersparnisse nicht gemacht. Während unter dem ursprünglichen bolschewistischen Regime 30 Millionen Menschen un mittelbar vom Staat ernährt wurden, find die Ar beiter jetzt vollständig unabhängig von Staat»- löhnen und Staatoernahrung. Der Staat als Ak- tionär leistete der Industrie bisher Subventionen, ersetzte diese jetzt durch einen Staatskredit. Auch die Gemeinden find von den Staatskassen unabhängig geworden. Die Steuern — vor zwei Jahren noch reine Naturalsteuern — find auf dem Lande durch die Landwirtschastssteuer, die mit drei Fünftel in Geld, zwei Fünftel in Naturalien entrichtet werden, ab gelöst. In den Städten ist jetzt eine einzige Ein- kommen», und Vermögenssteuer geplant. Di« in direkten Steuern lauf Zucker, Salz) find hoch. Höher al» im zaristischen Rußland. Die Währungsreform wird mit sehr gewaltsamen Mitteln durchqeführt, so durch eine Einfuhrbeschrän kung selbst lebenswichtiger Waren, durch industriel len Protrktionismu» und Gewährung von Gold krediten zur Förderung der Ausfuhr. Bi»her sind für 7S Millionen Goldrubel Lherwonetz ausgegeben worden. Die Umlaufsmittel bestehen dem Kurs wert« nach zu zwei Drittel au» wertbeständigem Geld, zu einem Drittel au» dem gewissermaßeu al» Schoidemünz« geltenden Papierrubel. Die Emission von Papiergeld wird mit Rücksicht auf di« Unsicher heit der Wirtschaftslage noch etwa 9 Monare fort- gesetzt. Der Export wird für da» laufende Rechnung», fahr (1. Oktober bi» 30. September) auf 226 Mil lionen Goldrubel geschätzt und hat einen lieber» schuß ergeben, der sich in der Ansammlung eine» Valutafonds von 50 Millionen Goldrubrla aus drückt. Die Inbetriebnahme der Platin- und Goldminen kam dem Budget mit 18—20000 Gold- rubil zustatten. Seit Mat 1022 find alle Steuer« wertbeständig gemacht. Di« Preise sind noch annoc- mal, da industrielle Güter zu teuer und landwirt schaftlich« zu billig im Vergleich zu den Vorkrieqs- preisen sind. Im ganzen wird die Kaufkraft de« Goldes bzw. des Eherwon«tz auf 78—80 Prozent der Dorkriegekaufkraft bemessen. Sokolnikow glaubt mit allen Vorbehalten der Weiterentwicklung, daß di« Ansprüche an den Geldmarkt der Welt für Ruß land immer weniaer Bedeutung bekommen und daß deshalb auch in der Gewährung von Konzessionen größere Zurückhaltung geübt «erden könne. Nach Meldungen an» Athen ist dort der früher« Ministerpräsident Draqumis i« 82. L'b-nsjahre gestorben. Seine Ministerprofidentschaft fiel in da» Jahr 1909 während der Kretakrise. Außerdem war er »»ehrfach Außenminister. Während des Krieg«, hat er »in Jahr lang den Posten als Finanzminist« verwaltet. . Rorfantq, vosel, Stinnes Zur Befestigung des franrösisch-polai- schen Einflusses in der oberschlesischen Großindustrie wurde die „Skarboferm" gegründet. Derselben unterstehen die ehemals preußischen, jetzt polnischen staatlichen Gruben, sowie der größte Teil der übrigen Hüttenindustrie. Noch ehe diese Gesellschaft, welche staatlichen Charakter trägt, gegründet wurde, ge lang es Stinne», di« ansehnlichen Kohlenlager der Kattowitzer A.-G. sowie die Bismarckhütte mit ihren großen Stahlgießereien zu gewinnen. Seit dieser Zeit gilt Stinnes als der gefährlichste Gegner des polnischen Nationalisten führer» Korfanty, welcher mit der Leitung der Skarboferm al» Vertreter der polnischen Nationa listen betraut wurde. Dem Wirken von Stinnes in Polnisch-Ober- schlesien stellen die polnischen Behörden die größten Schwierigkeiten entgegen. Unter anderem wird gegenwärtig im Sejm über ein Gesetz beraten, dem- zufolge die Aktien-Gesellschaften ihren Hauptsttz im Lande haben müssen und an den General-Der- sammlungen nur jene Aktionär« teilnehmen dürfen, welch« ihre Aktien im Lande hinter legt haben. Trotz der Machtstellung, welche di« „Skarboferm* durch deren französische Hintermänner «innimmt, war dieselbe bisher nicht imstande, die Aktien-Majorität der größten Gesellschaften zu erwerben. Die« gilt insbesondere für die Petroleum^Sruben und für die oberschlesischen Eisen-Werk«. Diesem Umstande ist es daher zuzuschreiben, daß der Präsident der Depositenbank in Wien, Basel, di« sukzessive erstandenen Aktien-Pakete an Korfanty »er- kaufte. So hat Dosel bereits vor längerer Zeit di« Aktien-Majoritat der Dombrovaer Petroleum-Gesell- schäft an sich gerissen. Die Depositenbank in Wien nimmt durch deren Einfluß auf di« Raphtha-Industri« «ine führende Stellung ein, und es war daher kein besondere» Kunststück, Aktien-Pakete au» eigenem Bestand« den Polen zu übergeben. Dies« Handlungsweise, welche gegen di«d«utsche Industrie gerichtetes) und von österreichischen Finanzleuten in einem Airgenblick besorgt wird, in welchem Deutschland» Aktien zusamm«nschmelz«n, zeigt, in welchem Maße das Abrücken de» ehemaligen Bundesgenossen erfolgt, und in welchem Maß« die Anlehnung an Frankreich vorgeschritten ist. Seit einigen Tagen weilt Korfanty in Wien, um mit Basel über di« „weiteren Transaktionen* zu beraten. Gin Ziume-Rompromiß Belgrad, Utz Septemdor. (Gig. Tel.) Bezüg lich der Lösnng der Fftrmrfvag, verlautet ft» gut- informierten Kreisen, daß, wie es scheint, von ita lienischer Seite eine Teilung der Stadt Fiume vorgeschlagen wird, und zwar derart, daß da» gesamte Hinterland an Zug«slawie» angeglie- dert wird, während Italien läng» des Meeresufer» einen Korridor einschließlich d«r Stadt Fiume er hält. Durch weitere Verhandlungen soll Jugo slawien die vollkommen« Benutzung de« Hafen» von Fiume garantiert werden. Die Antwort auf diese Vorschläge Italiens wurde in der vorgestrigen Sitzung de« Ministvrrate», wie verlautet, festgesetzt. Gestern abend ist ein höherer Beamter des Außen ministeriums nach Rom abgereist, um heute den Be- schluß des Ministerrat» dem jugoslawischen Ge sandten in Nom zur Uebormittlung an die italient- sch« Regierung auszuhändigen. E» verlautet, daß die italienischen Vorschläge mit gewissen unbedeuten- den Abänderungen angenommen ^mürben. Pari», 20. September. (Eig. T e ll) TkV Horte- spondent de« „Mattn* meldet au» Belgrad, eine gut unterrichtete politische Persönlichkeit Jugoslawien», die nicht dem Kabinett angehört, habe ihm gestern abend folgende wichtige Erklärungen über die italienisch-jugoslawischen Verhandlungen in der Adriafvage gemacht, di« kein Dementi zu fürchten hatten: Seit fünf Tagen werden zwischen Rom und Bel- grab Roten gewechselt, die folgende Verhandlungs grundlage hätten: 1. Annexion von Fiume und seiner Um gebung durch Italien. Dagegen würde Italien die jugoslawische Souveränität über den kleinen Hafen von Baro» und da» Delta anerkennen. 2. Line Grenzberichtigung zwischen Italien und Jugoslawien in Slowenien würde zugunsten Jugo slawiens vorgenommen und eine freie Zone für Jugoslawien im Hafen von Fiume geschaffen. 3. Der sofortig« Abschluß eines Handels vertrages, der die wirtschaftlichen und Handel»- beziehrmgen zwischen Italien und Jugoslawien regelt und enger gestalten soll. 4. Der Abschluß eines politischen und militä- rischen Vertrages, der eine enge Zusammen arbeit -wischen Italien und Jugoslawien auf dem Balkan und in Mitteleuropa begründen würde. Dieser Vertrag, der geheim bleiben soll, würde jedoch festsetzen, daß Jugoslawien keinerlei Kriegs- flotte in der Adria unterhalten darf. Kabinettskrise in Sofia Sofft», 2V. September. (Gig. Tel. ) Die schon lang« bestehende latente Kabinettskrise droht jetzt offen auszubrechen. Die Sozialisten verlangen den Austritt de» nationalliberalen Minister» Smiloff und «ollen von einer Verständigung nicht» wissen. Sie drohen sogar, ihren Minister Kasasoff au» der Regierung zurückzuziehen, falls ihrem Verlangen nicht entsprochen wird. Die Entscheidung drängt, da Neuwahlen auszuschreibrn sind und die Sozialisten die Frage der Wahllisten solange nicht behandeln wollen, al» Emiloff sich im Kabinett befindet. Line weitere Verzögerung der Wahlen wäre unerwünscht. Ministerpräsident gankoff befindet sich deshalb in der Zwickmühle, da verschiedene, besonder» außen politisch« Grunde mehr al« je die Einheit im Kabi nett erfordern und anderseits die Rationalliberalen erklären, au» dem Kabinett nur dann auszuscheiden, wenn Aankoff die Demission de« Gesamtkabinetts ein- reicht und der König ihn mit der Bildung eines neuen Kabinett« ohne ihre Beteiligung beauftragt. Vie bulgarischen Nevolutionsgerüchte Pari», 20. September. (E l g. Te l.) Der „Matin* veröffentlicht unter allem Vorbehalt ein Telegramm seines Korrespondenten au» Belgrad, nach welchem eine kommunistische Bauernrevolte in Nordbulgarien ausgebrochen sei. Mitglieder der Bauernpartei, unterstützt von den Kommunisten, hätten sich in Iaribrod und in anderen Bezirken Nordbulgariens erhoben. In der Gegend von Tirnovo hab« die Umsturzbswegung den Charakter einer Revolution angenommen. Truppen seien nach diesen Städten entsandt worden, über die der Be lagerungszustand verhängt wurde. Rach anderen Telegrammen, die von der bul garischen Grenz« aufgegeben wurden, und di« der „Matta* ebenfalls unter allem Vorbehalt wider gibt, hätten die Aufständischen die Stadt Sliven »m Sturm genommen. Auch in Sofia sei der Belagerungszustand verhängt worden. Ver VSlkerbundpaKt Senf, 20. September. (Eig. Tel.) Die für heut« vormittag 10H Uhr angesetzt« Sitzung des völkerbundsrat«», in der man ein» Antwort von Lord Robert Leril auf di« Ausführungen Salandra» in d«r vorgestrig«« Sitzung des Rakes angekündigt batte, begann mit einer Verspätung um 1)j Stun den erst gegen Mittag. Zunächst wurde die W-tterberatu« der Tagesordnung fortgesetzt und über den tschechisch-polnischen Grenzstreit bet Iavorina verhandelt. Dann kam ine Inter pretation de» V ö lke r b unvpakt es an di« Reihe, wozu Präsident Ishii folgend- schriftlich flpterte ErkUirung vorlas: „Gewiss» Interpreta tionen verschiedener Artikel de« Pattes bezüalich der Befugnisse d«s Rates sowie andere Fragen des internationalen Rechtes haben di« Auf merksamkeit mehrerer von meinen Kollegen he- schäfttat. Ich halte es für notwendig, diese Frage zu lösen, um in Zukunft jede Meinungsverschieden heit darüber auszuschalten und die künftigen Auf gaben des Völkerbundes zu erleichtern. Deshalb glaub« ich vorschlagen zu können, daß d«r Rat unter Mitarbeit von Juristen di« wohlüberlegt» und gründ lich« Untersuchung dieser heiklen Frag« vornehme«, und daß er unverzüglich geeignet» Methoden für dieses Verfahren prüfen sollt«.* Da» Mitglied de» Rate» Lord Robert Cecil stimmte al« erster einfach diesem Vorgehen zu, dem auch Salandra gemäß feiner Ankündigung seine Einwilligung nicht verweigert«. Der Beschluß de» Rate», der für di« öffentlich« Meinung zweifellos eftte schwer» Enttäuschung bedeutet, weil «r auf rftzs abermalig» Hinaus sch s«bun> dieser eigentlich klar aenua Hauenden iöraae btnaiwtüuit. war doch wo« bkick mögliche Lösung. Vie Reparationrfrage vor dem Völkerbund Genf, 19. September. (Eia. Tel.) Via gestern in der -weiten Kommission der Völkerbundsver- sammlung begonnen« und heute fortgckführte Repa- vationsdebatt« blieb einstweilen ohne prak» tisch«, Ergebnis. Der südafrikanische Del»? gierte Strakosch hat sich in seinen Beratungen mit der französisch«» Delegation über die von ihm gewünschte Entschließung wohl davon überzeugt, daß jeder Versuch, das Neparationsprodlim in di» Arbeit des Völkerbundes einzubeziehen, einstweilen auf den unbesiegbaren Widerstand Frankreichs stößt. Er begnügt« sich deshalb mit einer Bemerwng, in dem der Dölkerknmbsversannm'zmg vorzulggeerden Bericht der Kommission über die Reparationsfrage, und zog seine Resolutton, die im Wortlaut i^ch nicht vorlag, zurück. Der Berichterstatter der Kommission, Fernandez y Medina aus Uru guay, sagte in der SchlußbemeNung wörtlich: „Der Präsident des Rate» hat bei der Eröffnung der vierten Versammlung daran erinnert, daß das be deutendste Problem auf wirtschaftlichem und finan- ziellem Gebiete noch außerhalb der Zuständigkeit des Völkerbundes und ohne Lösung geblieben sei. Er fügt« hinzu, daß, solange dieser große Konflikt unerledigt auf dem wirtschaftlichen Leben Europa» last«, di« Arbeit de» Völkerbünde» auch st» -er Sphäre seiner eigenen Tätigkeitsgebietes not wendigerweise enge Grenzen finde. Da» ist «in« Tatsache, deren Wichtigkeit für da» Finanztomitee besonder« anerkannt worden ist. Die DurchWhrung der Grundsätze der Brüsseler Finanzkonferei» be- gegnet in fast allen Ländern sehr großen, teilweise unüberwindlichen Schwierigkeiten infolge der Tatsache, daß die Unsicherheit über di« Regelung der internationalen Schulden noch fort dauert. Solang« aber diese Unsicherheit anhält, muß die Arbeit des Finanzkomitee» notwendiger- weise beschränkt und behindert werden. Alsbald nach ihrem Verschwinde« indessen wird die Trag weite und die Nützlichkeit der Ergebnisse der Arbei- ten des Komitee» sich wesentlich erhöhen. In der Debatte versuchte der schwedisch« Dele gierte Loftgrem abermals eine Entschließung zur Reparationsfrage etnzubringen, in der die Versamm lung bedauernd feststellt, daß die Arbeit des Finanz, komitees immer wieder durch da« Fehlen einer Regelung der Frage der interalliierten Schulden und der Reparationen erschwert wird. Dieft Resolution fiel aber unter den Tisch, nachdem Hanotaux do- gegen gesprochen hatte. Ihm schlossen sich di« Dele gierten England», Belgien«, Italiens, Polen«, Japans, Rumäniens und der Schwei- an. Rur Munck (Dänemark) wie» lebhaft darauf hin, daß es die öffentliche Meinung nicht verstehen Erde, wenn der Völkerbund die wichtigste aller Fragen von seinen Beratungen ausschließen und sich nicht einmal mit einer großen, sondern nur mit kleinen Fragen befasse. Er erklärte aber schließlich, da sonst keine Einstimmigkeit zu erzielen sei, sich der allgemeinen Auffassung anschließen zu wollen. Der Bericht über die Tätigkeit de« Finanz komitees wurde darauf einstimmig in der ur- sprünglichen Form angenommen, die immerhin den Hinweis enthält, daß erst nach der Lösung der Re- parotionsfrage das Finanzkomitee voll seine Aufgab» erfüllen könne. VieSpar-ttonferenz von Salzburg Wie», 20. September. (Lig. Tel.) Zu den Dera- tungen, die der österreichische Sparkommiffar Dr. Hornik mit dem Leiter des deutschen Sparbureaus Samischin Reichenhall hatte, waren auch Vertreter de» Reichsfinanzministerium», des preußischen und de» bayerischen Finanzministerium» und der Verwal tung der Reichseisenbahnen zugeaen. Die Der- Handlungen werden in nächster Zeit lnBerlia fortgesetzt werden. Entsprechend dem Wunsche de» deutschen Vertreters legte der österreichische Spar- kommiflar die Grundzüge des Beamtenabbaue« und die Sparmaßnahmen bei der Eisenbahn dar. Die Konferenz hat bisher ergeben, daß die zur Sanierung der öffentlichen Verwaltungen in Oesterreich getroffe nen Verordnungen vielfach auch auf deutsche Verhält- nisse anwendbar sind. pruc romKLK Wie«, 20. September. (Eig. Tel.) Gestern wurde in Salzburg die 13. international« Konferenz der l>rur romaa» eröffnet. Auf der Konferenz sind vertreten Amerika, Belgien, Deutsch- land, England, Frankreich, Italien, Litauen, Luxem burg, Oesterreich, Polen, die Schweiz, die Tschecho- slowakei und Ungarn. Inoffiziell ist auch ein Teil nehmer au» Venezuela erschienen. Zn der Begrü ßungsansprache legte der Obmann de» Salzburger vorbereitenden Komitee», Dr. Techethofer, Ziel und Zweck der p»x ronmas dar, in der die akade mischen Vereinigungen ganz Europa» eineAnnäkerung aneinander suchen. E» wurden auch Begrüßung»- schreiben verschiedener katholischer Würdenträger au» allen Ländern Europa» vorgelesen. Für die ver schiedenen Arbeitsgebiete wurde» Kommission«, ge bildet, die gestern schon mit den Beratungen be- gannrn. Düsseldorf, 20. September. (Eig. Tel.) Rach einem von General Denvigne» beim Regierungs präsidenten in Düsseldorf eingegangenen Schreiben vom 17. September ist da» unter dem 14. September erlassene Verbot des Zeichnens der Gold- an lei he im besetzten Gebiet als nicht ergangen anzusehrn. Das im Anschluß an eine Landung bei Werdau in Sachsen am verganaenen Sonnabend beschlagnahmte tschechischrMilitärflugeeu- wurd« wftder freigegeben. E» trat nach Einsetzuna eines neuen Propeller» den Rückfluo an, irrte sich aber in der Richtung und mußte bei Schönberg nochmal» auf deutschem Boden landen, von wo e» dann über die Grenze flog. * Die aus Kairogemelbet wird, hat ein königliches Dekret folgend« Manner zu il septischen Ge sandten in den Hauptstädten der Großmächte er nannt: in Paris Mahmud Fakbri Pascha, in London Azid Izzet Pascha, in Rom Ziver Pascha und in Washington Vousry Pascha. * °m-r»No, daß B«o» 3 j»inzu» japanisch« Mftttst« de» dmsSidostKM DMtiÄO worden ist.