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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.09.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-09-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192309210
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230921
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230921
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-09
- Tag 1923-09-21
-
Monat
1923-09
-
Jahr
1923
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Bretts-, üen -1. S«pt»m1»«r Geldentwertung und Prozetz vr. RH. Ein Gesetzentwurf, der nunmebr dem Reichstag zur Verabschiedung unterbreitet wird, stellt die Frage der Berücksichtigung der Geld« entwertung ohne besonderen Nachweis auf den Fett« punkt der Rechtshängigkeit ab. Die Mehr« zahl der Handelskammern hat sich seinerzeit in ihrer Kritik dafür eingesetzt, daß zweckmäßiger der Eintritt des Verzuges maßgebend zu sein hatte, zumal da auch im anderen Falle schneller al» notwendig Klagen anhängig gemacht würden. Demgegenüber hält sedoch der Reichsjustizminister — wie der Industrie« und Handelstag mitteilt — an seiner Auffassung fest, mit der Begründung, daß die Geld« entwertung in vielen Fällen mit dem Verzüge gar nichts zu tun habe (z. B. Rückgabe eines Darlekn», ohne daß der Schuldner bei Fälligkeit oder später gemahnt wurde). 8 23 des Entwurfes soll jedoch einen Zusatz erhalten, in dem die Gerichte an« gewiesen werden, in Anwendung des ß 287 Z. P. O. auf Grund eigener Sachkunde nach freier lieber« zeugung zu entscheiden und so auch die Aufwertung der Geldschulden für die Zeit vor der Rechts hängigkeit zu erleichtern. Al» Entwertungsmaßstab soll nach dem Entwurf die innere Kaufkraft de» Gelde» dienen. Die bisherige Praxis der Rechtsprechung g'ng hierin bereits weiter und nahm auf die jeweilige Verschiedenheit der einzelnen Fälle gebührend Rück« sicht. Mit dem letztwöchentlichen allgemeinen Ueb:r« gang zur Goldmarkrechnung im Inlandsverkehr dürfte die Anwendung des Goldankaufspretse» der Neichsbank al» Entwertungsmaßstab recht üblich werden. Die Reichsbank-Anstalten legen bekanntlich ihren Goldankaufspreisen den zuletzt festgestellten Mittelkur» für Auszahlung New Park an der Ber« liner Börse zugrunde, und zwar bei Mengen bi« »u !4 Milogramm fein zum Preise von 646 Dollar für dar^Kilogramm. Daß übrigens auch mit Erfolg der Entwertung», schaden geltend gemacht werden kann, der sich'zwischen dem Tage der Urteilsverkündung und der Vollstreckung ergibt, beweist das Urteil des Kammergerichts vom 11. Januar d. Z. In diesem Zusammenhang verdient eine in der letzten Zeit immer dringender erhobene Forderung Berücksichtigung, nämlich: die Aufhebung der Gerichtsferien. Ihre Einrichtung gehört einer Zeit an, wo Deutschland noch Agrarstaat war. In unserer Zeit beschleunigter wirtschaftlicher Zirkula- tion und besonders rasender Geldentwertung kommt jedoch dem Sprichwort erhöhte Bedeutung zu, daß Zeit Geld bedeute! 46jährige» Dienstjnbiläum. In seltener Frische konnte am Donnerstag der Prokurist der Leipziger Derlagsdruckerei Carl Göhler die Feier feines 40jährigen Dienstjubiläums begehen. Al» er 1883 bei der Firma Fischer L Kürsten al» kaufmännischer Beamter eintrat, ahnte er gewiß nicht, daß er den damals erscheinenden „Stadt- und Dorfanzciger", dem er zuerst seine Kräfte widmete, an Lebensdauer übertreffen werde. Praktische Erfahrung und Wissen verschafften Herrn Göhler bald Ansehen bei seinem Verlag, so daß er schon 1881 in die Vertrauens stellung eines Kassierers und Prokuristen aufrückte, zwei Aemter, di« er auch heute noch mit Umsicht und Tatkraft bekleidet, obwohl der Kreis seiner Aufgaben durch den Hinzutritt der „Neuen Leipziger Zeitung* und des „Leipziger Tageblatts* in den Geschäfts bereich seines Verlags wesentlich vergrößert ist. Don echtem Schrot und Korn war Herr Göhler den jüngsten seiner Kollegen und Untergebenen stets ein leuchtendes Vorbild für treue Pflichterfüllung und gute Arbeit. Mit seinem schlichten Wesen bahnte er sich den Weg zu den Herzen der Angestelltenschaft des Hauses, die ihm an seinem gestrigen Ehrentage den Arbeitstisch mit Blumen schmückte. Nach einer kurzen Ansprache der Direktion unter Worten ehren- der Anerkennung, di« dem Jubilar im Namen des Verlags eine Adresse nebst Geldgeschenk überreichte, ergriff ein Vertreter der kaufmönnischen Beamten das Wort. Er erinnert« an den Geleitspruch, der am Eingang des früheren Geschäftslokals hing: „Hut ab vor ehrlicher Arbeit!* Dasselbe könne man von dem Jubilar saoen. Auch di« kaufmänni schen Angestellten hatten es sich nicht nehmen lassen, Herrn Göhler mit einem praktischen Geschenk zu er» freuen. Seit« S und Sparmaßnahmen der Verwaltung, sondern am tier Hilfe einer Reihe Firmen außerhalb Sachsen» zu danken. Sie stellten nicht nur Geldmitel zur Ver- sügung, sondern vervollkommneten auch di« Zahl der Ausstellungsgegenstände durch Schenkungen. Be- zeiä^ttnd ist, daß man in Leipzig nur wenig tat, um dem Institut über die wirtschaftlichen Schwierigkeiten hinwegzuhelfen. Besonder» der Rat der Stadt Leipzig hat in dieser Hinsicht eine bedauerliche Zurückhaltung ausgeübt und dem Museum erst in neuerer Zeit durch di« Gewährung eines zinslosen Darlehen» einige Mittel zugeführt. Erfreulich ist, daß es die Leipziger Handelskammer und der sächsische Staat seit der 1920 erfolgten Gründung de» RWM. an tatkräftiger Unter- stützung nicht fehlen ließen. Vei dieser Gelegenheit dürften einige Aus« führungen über die Reichs- , .. Schon vor wenigen Monaten wurde die Oeffentlichkeit von dem bevorstehenden Abbau de» Instituts überrascht. Die einzige Möglichkeit für die Erhaltung des Mu- seums sah man in der Verlegung nach Dresden, die, nach dem Abschluß der mit der Stadt Dresden gepflogenen Verhandlungen, nunmehr erfolgt. Wie alle Institute, die nicht im Privatbesitz sind, so hat auch das RWM. seit längerer Zeit mit erheb lichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Wenn es trotzdem gelang, das Museum zu seiner jetzigen Größe auszubauen, so ist das nicht nur den Einschränkung»- Oie Geschichte des Museums Die Mitteilung über die Verlegung des Wirtschaftsmuseums kommt nicht unerwartet. den technisch« und wirtschaftlich« Texte geliefert. Außerdem ist der Aluminiumleyrkasten durch den Lehrmittelhandel zu beziehen. Die Eisen- und Kupferkarte find auf der Lehrmittelausstellung der Deutschen Botschaft in Rom 1822/23 ausgestellt war- den. Don dem Vortragsdienst find die volkswirt schaftlichen Vorträge im April 1922 und 1823 ver anstaltet worden. Die Auekunstestelle wird vom In- und Ausland in nicht unerheblichem Umfang« in Anspruch genommen. itzksitsr Stslnftsuwr. Taschendiebe im v-3uge Sehr häufig werden Reisende in O-Zügen wü Geld und ^Wertsachen bestohlen. Auf größeren Sta tionen, besonders auch hier in Leipzig, vergeht keine Woche, in der nicht mehrere Anzeigen über solche Diebstähle erstattet werden. Meist wird durch die Langfinger und ihre Helfer in den Gängen des Wagens künstlich ein Gedränge hervorgerufen, bei welcher Gelegenheit die Diebstähle verübt werden. Die Reisenden haben meist die Hände voll Gepäck', und ihr Augenmerk ist auf die Erlangung eines guten Sitzplatzes gerichtet, so daß sic gar nicht merken, wenn die Spitzbuben ihre diebischen Finger in ihren Taschen haben. So ist am 5. September einem Griechen, mut maßlich auf die geschilderte Weise, seine schwarz lederne Brieftasche beim Einsteizen in den hier gegen 12 Uhr vormittags abgehenden V-Zug gestohlen wor den. In der Brieftasche befanden sich 8 englische Schecks über 4 und 2,04 Pfd.St. der Böhmischen Union- Dank in Prag, gezogen auf die National Provincial und Union Bank of England, ferner tschechische Kro nen, deutsches Geld und Ausweise. Al» am 8. Februar 1821 da» Reich»wirtschaft»- museum in Leipzig eröffnet wurde, erbat sein Leiter, Major a. D. Hedler, in seiner Ansprache neben der ideellen auch di« materiell« und finanzielle Unterstützung der interessierten Kreise, da nur auf diese Weis« da» Institut ausgebaut und lebensfähig erhalten werden könnte. Industrie, Technik und Handel haben seither ihre Gunst dem Museum auch in reichem Maße zugewandt und bis in die letzten Wochen ist am Ausbau dieses in seiner Art wohl einzig in Deutschland bestehenden Institut» ständig gearbeitet worden. Die furchtbare Geldentwertung der vergangenen Monat« hat aber das Museum trotz sparsamster Verwaltung in schwerste Bedrängnis ge- bracht. All die Bemühungen, die zu seiner Erhaltung und Wetterführung gemacht wurden, ließen zuletzt nur zwei Wege offen: Verkauf an da» Ausland, au» dem ein sehr günstige» Angebot vorlag, oder Uebercignung an Generalkonsul Kaufmann in Dresden, der da» Museum der Dresdner Tech nischen Hochschule überlassen will. Di« Entscheidung ist am Mittwoch gefallen: Vorstand und Verwaltungsrat des Museum» haben den letztgenannten Ausweg eingeschlagen und da» Museum wird nach Dresden verlegt. So be- dauerlich e» ist, daß Leipzig damit eine Bildungs stätte von großem Werte verliert, so ist es doch wenigsten» erfreulich, daß da» Museum Deutschland erhalten bleibt, und da» gemeinnützige Anerbieten Les Generalkonsuls Kaufmann in Dresden ist um so höher anzuerkennen. Nach dem abgeschlossenen Vertrage geht zunächst das Museum mit all seinen Sammlungen, seiner um- fangreick-cn Bibliothek, seinem Archiv usw. in den Besitz des Generalkonsuls Kaufmann über, der dafür sämtliche Verpflichtungen de» Institut» übernimmt. Er trägt besonders di« Kosten der liebersiedluna nach Dresden, die sich wohl auf viele Milliarden stellen werden, denn zur Uebersiedlung werden etwa 25 bis 30 große Möbelwagen gebraucht werden. General- konsul Kaufmann hat sich verpflichtet, da» Museum ohne Abnahmen der Gesellschaft der Freunde und Förderer der Technischen Hochschule in Dresden zu überlassen, di« ihrerseits wieder da« Museum der Technischen Hochschule in Dresden dau- ernd zu gemeinnützigen, besonder» Unterrichts zwecken leihweise zur Verfügung stellt. Auch seinen Charakter al» Bildungsstätte für alle Schichten der Bevölkerung soll e» nicht verlieren, denn General- konsul Kaufmann wird bei der Stiftung des Mu seum« ausdrücklich den Wunsch äußern, daß e» ganz oder teilweise der Dolksbelehrung erhol- ten und zugänglich gemacht wird. Der gemein nützige Zweck der Sammlung bleibt unter allen Um ständen dauernd durch einen besonderen Passus de» Ucbernahmevertrage» gewährt. Mit der Verlegung des Museum» wird be reits in den nächsten Tagen begonnen werden. Direktor Hedler, der bisherige verdienstvoll« Leiter, scheidet aus der Verwaltung de» Museum» aus und auch vom übrigen Verwaltunqspersonal, das mit vier Damen und einem Aufseher so knapp als möglich bemessen war, wird nur eine Dame mit nach Dresden gehen. ss. versuchter Landesverrat Leider gehört es heute zu den Alltäglichkeiten, daß vor dem Reichsgericht Landesvcrratsdelikte zur Ab urteilung kommen. Insbesondere di« Abtrennung einzelner Landesteile vom Deutschen Reiche bat eine Unzahl dunkler Elemente, die schon von jeher nur mit halbem Herzen zum Vaterlande gestanden hatten, Spionagebureaus im Auslande in die Arme ge trieben. Der 5. Strafsenat hatte am Donnerstag gegen den 24jährigen gebürtigen deutschen und jetzigen polnischen Staatsangehörigen Maschinenschlosser Albert Poplonyk und gegen den 22jährigen Kauf mann Ptok aus Berlin wegen versuchten Ver rate» militärischer Geheimnisse, wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt und verbotenen Waffentragens zu verhandeln. Dem Angeklagten Poplonyk wurde zur Last gelegt, mit einem polnischen Offensivbureau in Kattowitz, das nur Spionage zwecke verfolgt, in Verbindung gestanden zu haben, um diesem deutsche militärische Schriften und Papiere in die Hände zu spielen- P. hat von dem polnischen Bur«au ein monatliches Gehalt von 100 000 Mark bezogen und ist stets auf Kosten des Bureaus von Kattowitz nach Berlin gereist. Sein Berliner Helfers helfer sollte der Kaufmann Ptock aus der Kleinen Hamburger Straße in Berlin sein, ein junger Mann, der nichts rechtes gelernt und niemals was rechte« mit seiner Zeit anzufangen gewußt hatte. Diesem Ptok hatte Poplonyk den Auftrag gegeben, ihm in Berlin für einen polnischen Offizier in Kattowitz militärische Schriften zu besorgen. Angeblich nur zu Studienzwecken für diesen Offizier und angeblich nur, um selbst Geld in die Hand zu bekommen. (Das sind bekanntlich die gewöhnlichen Ausreden aller Landesverräter!) Das polnische Bureau sollte nur versorgt werden, ob mich echten oder machten Pa pieren, das war Poplonyt völlig gleichgültig, wie er aussagt. Beide Angeklagte spielen die gekränkten Engel. Poplonyk wäre es nur darauf angekommen, sich Geld für eine Reise von Polen nach Deutschland zu verschaffen, und Ptok fühlt auch nicht die geringste Schuld, erglaubte nur harmlose militärische Bücher und Schriften einkaufen zu müssen. Der Senat dachte anders: er erkannte gegen Poplonyk wegen versuchten Verrates militärischer Geheimnisse und wegen Wider standes, den er bei seiner Verhaftung geleistet hat, auf 2 Jahre 7 Monate Zuchthaus und gegen Ptok wegen derselben Delikte mit mildernden Um ständen auf 2 Jahre 6Monate Gefängnis. Beiden Angeklagten wurden 6 Monate Unter suchungshaft angerechnet. .. Dedeut««g des Institutes von Interesse jein. E» ist au» dem Deutschen Kriegs- wtrtschaftsmuseum hervorgegangen. 1919 wurde es in da» Allgemeine Wirtschafts-Museum umgewandelt. Die Sammlungen waren damals natürlich noch lückenhaft, zumal da sie sich teilweise auf da» Mate- rial beschränkten, da» während de» Kriege» an den amtlichen und halbamtlichen Stellen gesammelt war- den war. Unermüdliche Arbeit war notwendig, um die Sammlungen zu ihrem jetzigen Umfange auszu bauen. Vertreter der Wissenschaft und der Wirtschaft leisteten dabei tatkräftige Mithilfe. Bereits im Fe bruar 1921 konnte das Institut der Oeffentlichkeit übergeben werden. Auch nach der Eröffnung wurde rüstig am weiteren Ausbau gearbeitet. Heute stellt das RWM. nicht nur da« beste wirtschaftlich-techno- logische Institut Deutschlands, sondern auch des Aus landes dar. E» ist nicht nur das erste Wirtschafts museum, da» überhaupt errichtet worden ist, sondern auch das Institut der deutschen Volkswirtschaft Im wesentlichen besteht das Museum aus folgen den Abteilungen: Studiensammlung, Volkswirtschaft- liche Bibliothek, Wirtschaftsarchio, Filmarchiv, stati stische Abteilung, Vortragsdienst und Auskunftsstelle. In der Schausammlung ist die deutsche Volkswirt schaft in den Einzelheiten allzemeinverständlich dar gestellt. Die Studiensammlung ist nur für den deut schen Fachmann bestimmt. Dre Wirtschaftsbibliothek verfügt über mehr al» 6000 wirtschaftliche Veröffent lichungen. Das Wirtschaftsarchio besteht aus ») der Sammlung der Verfügungen, Erlasse usw. des Rei che», der Staaten, Gemeinden usw., d) einer sehr vollkommenen Kartothek der wirtschaftlichen Erschei nungen der Kriegszeit in allen Ländern, c) der Lebensmittelkartensammlung, 6) der Notgeldsamm lung mit Krieargefangenlagergeld und Feldspar marken, e) vielen Tausenden von Photographien, Negativen, Diapositiven usw. Das Filmarchiv besitzt zwei Filmvorführungsapparate und zurzeit bereits 18 Filme. In einer großen Zahl von Städten sind Film oorträge veranstaltet worden. Die statistische Abteilung Kat bereits 60 Wirtschaftskarten für alle Rohstoffe, deren unsere Wirtschaft bedarf, angefertigt. Außerdem ist eine statistische Abteilung im Reichswirtschaftsministerium eingerichtet. Endlich sind wirtschafts-statistische Ab- tetlungen geliefert worden für die Ausstellungen de« Deutschen Auslandsinstitutes, die in Stuttgart, Frankfurt a. M., Dresden, Nürnberg, Chemnitz, Magdeburg usw. gezeigt wurden, für die Lehrmittel ausstellung de» Sächsischen Lehrervereine in Dresden, für die Torfausstellung in Hannover, für die Aus stellung „Die Wärme* in Essen usw. Don der Lehrmittelabteilung sind bisher im Lehrmittelhandel erschienen die Gewinnungskarte über Eisen, Aluminium, Kupfer. Für die Heraus gabe fertiggestellt sind die Karten über Zink gewinnung, Braunkohlebrikettierung, Braunkohle. Verarbeitung. In Bearbeitung ist die Karte über Draunkohleteerverarbeitung. Zu diesen Karten wer Das Reichswirffchaftsmusemn kommt nach Dresden ver deutsche Hinkemann Alte« Theater Die Revolutionsstücke von 1823 sehen anders al» di« von 1818 aus. Da» kommt wahrscheinlich daher, daß es gar kein« Revolutionsstück« mehr find — sondern Stücke der Resignation. Im letzten Krieg», fahre, in dem sich der deutsche Umsturz vorbereitet«, yat Ernst Toller in di« „Wandlung* sein«» Friedrich «stellt, der für den Dichter al» Stellver- treter zu seinem Volke spricht. Zn di« letzte groß« Rede Friedrich«, de» Propheten, hinein blasen di« Fanfaren der Revolution. Im Stück vom „deutschen Hinkemann* wird nicht mehr Fanfare geblasen. Im Stück vom „deutschen Hinkemann* stürzt «an sich au» dem Fenster oder man hängt sich auf. Nicht al» ob etwa an alle di« Aufforderung gerichtet würde: -Hängt euch auf!* E» wird nur festgestellt, daß e» für Eugen Hinkemann und seinesgleichen kein andere» Auskunsts- mittel mehr gibt al» den Strick. Denn: „D«r keine Kraft zum Traum hat, hat kein« Kraft zum Leben.* Die Kraft zum Traum ist dem deutschen Hink«, mann auf ein« recht peinliche Weise verloren ge- gangen. Er ist nämlich «in Kviegsinvalide, dem ein unglücklicher Schuß oder di« nachfolgende Operation gerade da» genommen hat, was den Mann zum Manne im Gattungssinne macht und es ihm erlaubt, zur Erhaltung der Gattung auch sein Teil beizutragen. Der deutsche Hinkemann also ist unproduktiv ge- worden, und daran muß er zugrunde gehen. Auch sein« Seel« hat ihren Kredit verloren. E» bleibt ein« genial« Intuition, eine» Volke, dem in Krieg», und Nachkriegsbedrängni» seine schöpfe rischen Kräfte eingeschlafen find, da» vom eigenen Safte -ehrt, sich selbst nicht mehr und den anderen schon gar nicht vertraut, «ine» solchen Volke al» tragische» Symbol «inen Kastraten vorzustellen. Ausgerechnet «inen, der sich die Liede seiner Frau wenigsten» al» Ernährer erhalten »ächte, und ver kalb, arbeitslos geworden, sich herbeiläßt, in einer Jahrmarktsbude lebendigen Ratten und Minsen di« Kehl« durchzubeißen. Ausgerechnet einen, der dem zahlenden PubUkum al» Sinnbild deutscher Manne», käst präsentiert wird. Weil er so dicke Arme und Vein« hat, gibt ihn «in Budenbesitzer al» Muskel- Menschen aus. Dieser arm« Eunuch, der doch nur auf geschwemmt wurde von den Säften, di« nach innen versickern, ist da» fleischgewordene Schreckbild der Inflation. Vielleicht ist dies« Verkörperung einer deutschen Kraftmeiertums, da« au» kläglichster Unkrast besteht, das Stärkste im Stück. Jedenfalls das, was sich ein- prägt. Da sind unsere Bolschewisten von recht» und von link», di« gegeneinander und manchmal auch mit- «inander schreien. Da sind dir nationalistischen und kommunistischen Radaubrüder, die über der Partei- phrase vergessen, daß, wenn die Menschen sterben, wenn das Land zerfällt, auch di« Parteien nicht leben können. Da steht auf den Brettern des Schaugerüste» die liebgeworden« Phrase: der deutsche Held. Wer ihn steht, muß fliehen! (Aber der Held ist gar kein Mann.) Das ist di« zvitsattrisch«, di« symbolische Hälfte des urausaefükrten Hinkemann. Die andere, die psychologische, ist — wie im Grunde doch auch die zeit, satirische — ein bißchen zck konstruiert, «in bißchen zu lehrhaft. Grete Hinkemann li«bt di« Seele ihr«, — entmannten — Manne». Jedoch der Arbeiter Groß- ^rhn ist, wie sein Name sagt, ein Frauenoerführer. Dem vertraut sich Grete an, und verfällt ihm in selbiger Stunde. Droßhahn schwatzt Hinkemann» De- hcimni» au» und behauptet zugleich, di« Grete hätte ihren Unmann, der den deutschen Helden spielt — um ihretwillen — ausgelacht. Aber im Elend ausgelacht zu werden, sagt Hinkemann, ist das Aergste. Er ver zweifelt an der Welt. an den Parteien, an sich und an der Grete. Erst will er sie umbringen, dann hat er Mitleid mit ihr, di« auch nur «in« gequält« Kreatur ist — und gar nicht gelacht hat —, und dann sterben sie all« beide. Der Fall ist, psychologisch und privatmenschlich be- trachtet, zu sehr peinlicher Unalück»fall. Er reicht zur Tragödie einfach nicht au». Der Eunuch und fern Weib, diese» Thema hat Knut Hamsun in den „Weibern am Brunnen*, seinem letzten Klein- stadtepos, aus d«r grotesken Linie herrlich durchgeführt. Toller, der sanft« Re volutionär, der i« Festungsgefängni» Nieder- schönenfrld in Bayern ein Refignattonsstück schrieb, ist leider in» Sentimental« «ingebogen, nachdem er di« satirischen MSglichkeiten einmal ausgenützt Katt«. Hamsvn» lächerlicher Roman ist di« Tra- gstdi« einer minderwertigen Welt. Hinkemann» sentimentales Privatschicksal bei Toller gewiß sehr traurig. Aber tragisch ist es nicht. Wie von der „Wandlung* nicht die Reden des Propheten Friedrich, sondern die grotesken Toten tänze auf dem Gräberfeld, im Drahtverhau und im Lazarett sich behaupten, so bleiben auch von Hinkemann die grotesken Visionen von der Straße und vom Iahrmarkstreiben übrig. Unvergeßlich die invaliden Leierkastenmönner, die futterneidisch auf einander losmarschieren „Rieder mit die Hunde von der Reaktion!* Und, wenn die Polizei kommt, wieder auseinander: „Siegreich wollen wir Frank reich schlagen!* Das ist die deutsche Einigkeit von heute, wie sie nicht sein soll: Jeder gilt dem andern al» innerer Feind, und nur den äußeren haben alle gemeinsam. Ein» noch wird bleiben von dem deutschen Hinke- mann und fortzeugen für die soziale Weisheit Toller», de» sanften Revolutionär« auf Nieder- schönenfrld. Sein Friedrich hat es schon gewußt und Hinkemann spricht es wieder aus: Auch die Reichen sind arme Kreaturen wie wir. Zertrüm- wert ihre Burgen, aber — seid gütig zu ihnen. Richt der Haß, sondern di« Liebe wird die Welt ändern. Und außerdem: es ist albern, so zu tun, al» ob die Armen lauter Engel und di« Reichen lauter Schurken wären. Man kommt auch keinen Schritt weiter damit. Die Neigung für den geistigen Menschen Ernst Toller und di« Freud« an den theatralischen Mög lichkeiten seines tragisch-untragischen Spiet» waren die zureichenden Gründe für dies« Uraufführung. Nicht nur die Wünsche des Arbeiterbildung», institut», da» ein sehr sympathische» jugendliches Publikum, wie man'» selten erlebt, ins Theater ge bracht hatte. Aber bl, Wirkung auch auf diese» Publikum ließ doch wohl in der zweiten Hälfte de« Stücke» nach, di« wenig Handlung und viele schwermütige Be- trachtungen über Hinkemann» Schicksal enthält. Toller hat «in« Neigung zum Lehrhaften und Paradigmatischen, die seine« Drama gefährlich wird. Die Szene mit Hinkemann» Mutter im letz- ten Akt «ar unbedingt zu streichen. Statt dessen wurde sie entsetzlich verschleppt. Gefährlich für di« Aufführung »ar auch di« Besetzung der Hauptrolle. SilhelW Gst-fi ist AI»» yvLI man immer durch. Er macht Hinkemanns tragisches Pathos mit großem Fleiß, er nimmt viele pathc- tische Stellungen ein. Aber es schlägt ein Ton von sächsischer Gemütlichkeit durch und sein Pathos überträgt sich nicht. Hübners Gegenspieler Großhahn war in seiner einfacheren Aufgabe stärker. Maria Lo renz, Hinkemanns Grete, ließ sich im Stil ihres Partners auch zum Stellen lebender Bilder ver leiten, war aber sehr warm im Ton, nur etwas zu gebildet im Ausdruck (wozu wieder Toller« mehr literarischer al» naturalistischer Text verleitet). Dor einfach-klaren, bunten Bilderbuchhinter gründen gelangen am besten die Iahrmarktsszenen. Zeise-Gött machte aus dem Budenbesitzer einen dämonisch-ekelhaften Schwadroneur. Den Leierkastenmännern fehlte es an Raum zum Aufmarsch: die Lxtrablattausrufcr, die in die dunkle Szene des letzten Aktes einbr^chen, wnr"n da» feinste Regiestückchen. »an« Swvrx Kleftwr. Tanzabend Wolfgang M. Schede. Unter dem an ziehenden Titel „Kultische und religiöse Tänze* ver birgt sich — das weiß man nun allgemach — das ewig alte Einerlei. Ein starkes tänzerisches Tempe rament wird sich auf keine solche Formel mehr fest- legen, die den Tanz zur Funktion des Gedanken» macht. Da» Programmatische, Gedankliche muß die Tanzgebärde ersticken. Schedes Tanz genügt sich in primitiver Raumgestaltung, ob es sich um einen Siegestanz, um einen ägyptischen Traucrmarsch oder Arabesken und Präludes handelt. Er lehnt sich müde an eine Fläche und läßt verschwommene Silhouetten darauf spielen. Man sieht einen Abend lang mono tone, streichelnde Bewegungen, aber keinen einzigen groß ausladenden improvisatorischen Tanzgestu». Die Charaktere der einzelnen Tanznummern waren durch Kostüme angedeutet, die zum Teil stark in» Weib lich« hinüberspielten und durchweg mit gutem Ge- schmackt von dem Tänzer selber entworfen waren, w Twa Dnritt« zieht sich vom Theater »»rück. Die wir erfahren, hat sich Tilla Durieux plötzlich entschlossen, ihre künstlerische Tätigkeit aufzugeben und sich in» Privatleben zurückzuziehen. Sie hat sich in Holland angekauft und sowohl ihren bereit« abgeschlossenen amerikanischen Vertrag al» auch ihr« anderen Verpflichtungen, darunter auch da» Diener Gastspiel, gelöst-
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