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Sonntagsbeilage «les beipriger Tageblattes fikr IMS Sonntag, <1«n 2H. /nnl 8elte S S-SMS-ee'lE'S—ffv—-«--«-l-llllj > ... »..^1 UV. >ll1— : > . ..1... ü ——————> -l .»..,I > , > — .- ttindergedicht Don »an« Kstmann E« regnete ohne Unterlaß, Die Welt war klitschpitschmaden-naß. Da sprach -um Laubfrosch die Gan«: „Ich kann'»! Ich kann da» Wetter bester als du. Und glaubst du'« nicht, dann guck nur zu!" Mik diesen Worten kletterte sie auf eine Leiter Und bildete sich ein, das Wetter wird heiter. Sie stand auf der obersten der Sprossen, Aber der Regen hat unverdrossen weiter gegossen. Da hat die Gans zu sterben beschlossen. So wütend war sie auf den dummen Regen. Sie tat sich's auch nicht lang überlegen: Pon der Leiter stürzte sie alsogleich Und ersaufclte sich im nahen Teich. Der Laubfrosch hat ganz blöd geschaut Und bekam eine richtige Gänsehaut. Vie Stunde Don i.l»a »onrottH-I.o«Nf» Endlich hotten die Freunde sich von ihr getrennt. Und sie saß nun allein in der kleine» Seitenloge de» Konzertraume». Sie sah, wie der Saal sich füllte, sah die bunten Kleider der Frauen, da» Schwarz der Männer. Sie sah mit Zweifel und Angst in die Ge» sichter. Sie dachte ganz Sinnloses: Jener Herr dort mit der Glatze und dem asthmatischen Gesicht, sicher würde er irgendwie einen Hustenanfall bekommen, mitten im Adagio der Sonate, gerade an der Stelle, an der Victor» Geige den unwahrscheinlich süßen, stillen Ton hatte — und alles würde verloren sein. Und jener Mann dort mit der dicken Partitur, den höhnischen Mundwinkeln, sicher, er war ein Kritiker und würde die neue Musik, für die Viktor sich im zweiten Teil des Programms entschieden, ablehnen. Und jene Dame — aber da fuhr in ihre quälenden Vorstellungen scharf das Läutezeichen hinein, zer schnitt Gespräche, riß Nachzügler herein — schon gingen die weißen Türe« zu und Stille war; denn non der Podiumtrepp« her sah »an schon den Kops des Klavierspieler«. Und hinter ihm — fie krainpfte in einer eisigen Schwäche die Hände in die Stoff- bcspannung der Wand — hinter'dem Klavierspieler kam Victor. lind nun ganz nahe sah sie sein blasse« Gesicht, da« noch war wie das Gesicht eines Knicken, sab um seinen Mund die gespannte Unruhe dieser Stunde — er blickte hinüber zu ihr — oh, es war der Knaben blick noch, mit dem er stets ihre Hilfe, ihren Trost erbeten. Sie lächelte. Und sie vermocht« mit aller »Ltter- lichgst Kraft ihres Herzens die Angst zu unter drücke«; sie vermochte alles in die« Lächeln zu legen, was er in diesem Augenblick von ihr brauchte — Sicherheit, Vertrauen und Stille. — Und als sie ihn so anzusehen vermochte — wie durch ein Wunder mit ihm verbunden — wich die jagende Gespanntheit um Augen und Mund bei ihm. Er warf den Kopf, den dunklen, leidenschaftlichen Zünglinqskovf zurück, mit jener schnellen, freien Bewegung, di« fie so sehr an ihm liebte — hob die Geig« — ein leise« Zeichen — der Begleiter setzte mit dem Thema ein. Und schon nahm Diotors Geige di« Melodie auf, stark, führend, in prächtig beflügeltem Allegro. Die Mutter saß sehr still. Oh, sie kannte jeden Ton, wie er ihn spielte, aufnahm, führte. Und sie fühlte — dem Spielenden da oben war alle» ver gangen, was Welt, Unruhe, erste Scheu hieß. Er war nur noch in seinem Werk. Und dies Werk schuf er neu, glühend und rein. Line tiefe, dankbare Ruhe wuchs in der lauschen den Frau. Die Geige tonte in klarer Helligkeit üb« den Wellen des Klavier» — sie trug aus ihren leuch tenden Tönen Erinnerung, Vergangenheit bi« zu diesem Tage. Die lauschend« Frau sah wie erhellt den Weg, den sie mit ihrem Knaben gegangen, den langen, schweren Weg, der dennoch zum Ziel« geführt hatte. Sie sah sich — sah ihre sehnsüchtig«, stolze, hochfliegende Seele zermürbt werden im grauen Gleichmaß einer engen Ehe. Sie sah den zähen, unablässigen Kampf, den ein eigenwilliger, unbeschwingter Mann gegen die Neigungen ihrer Mädchenjahre führte — gegen ihre Musik, in die sie vor dem Leben flüchtete. Sie sah. wie sie matt wurde, alles au« den Händen gleiten ließ. Sie sah sich gehen mit dem Unqeborenen unter ihrem Herzen, mit der bebenden Zärtlichkeit; der Hoffnung, daß die» Kind ihre Träume, ihre Glut und ihre Erwartungen erfüllen würde. — Sie sah sich im Kampfe um dos Kind gegen den Mann, der in dem Kinde alles ertöten wollte, was er schon in der Seele der Frau als fremd und feindlich empfunden. In diesem Kampf stand sie fest: ihre Weichheit wurde unbiegsame Kraft; denn sie konnte sich nicht zum zweitenmal töten lassen in ihrem Kinde. Sie wich nicht, sie stand vor ihrem Kinde, vor feinen Träu men, seinen Spielen, seinem Werden. — Und mitten aus dem letzten entscheidenden Kampfe um den Beruf des Kindes war der Mann fortgenommen worden. Die Geige sang süß und unbeschwert ihr Adagio. Sie trug nichts von der Not, in der man gegangen, jahrelang, nur um den Sohn den Weg zu beretten, der sein Weg war. Die Geige sang süß; fie sprach nicht von den verzweifelten Stunden, in denen der Knabe um seine Kunst gerungen, in denen Mut und Kraft ihn verlassen wollte; in denen sie, die Mutter, ihn hielt. Die Geige eilte in hellschimmernder, verschlunge ner Melodie dem Thema wieder zu — da» Klavier antwortet rauschend, voller schimmerte die Geige auf, das Presto befeuerte die geschwisterlichen Instrumente — der Gipfel war nahe — mit lang hinhallendem Akkord endete die Musik. Brausender Beifall riß sie empor — fie iah den Saal — ein bewegte» Meer — sie sah plötzlich neben Victor, der verwirrt lächelte, da» Gesicht seine» Lehrers auftauchen, des berühmten Geig«». Sie sah Victors ziellose ungelenke Verbeugungen in den tosenden Gaal hinebä — jetzt umormte ihn der Lehree. wiederum brandete Beaeiste-ung bach — dickt vor ihr stand der Herr mit den höhnischen Mund winkeln, aber er sah gar nicht höhnisch au«, sondern durchaus begeistert. Und er schlug mit seiner Hand auf dir Partitur wie auf «ine Trommel und rief Victor zu. Und wird« suchte der Sohn mit den Augen die Mutter. Sie lächelt« ihm zu — sehen konnte sie ihn nicht — die Tränen verhüllten ihren Blick. Sie stand in der Tür de» Künstlerzimmers. Line Menschcnwoge warf fie immer wieder zurück. Aber cs war ihr auch so recht. Es war gut so, einen Augenblick still zu stehen und still zu werden, ehe man in diese Menschenflut hineinging. Aber km hatte Victor sie schon gesehen. „Mutter," sagte er leise — und er küßte ihre Hände. Sie stand neben ihm — „ihn nur jetzt allein haben," dachte sie, „nur allein für mich — nicht sprechen, nichts offenbaren müssen vor all denen hier." Aber Menschen drängten neu heran, sie Härte Namen, Konzertagenten, Musiker, immer neue Men schen brachte der berühmte Lehrer heran, Frauen mit entblößten, lockenden Schultern beugten sich zu Victor hinüber, er hatte Blumen im Arm — sein Gesicht war heiß und durstig. Angst stieg hoch in ihr. „Wollen wir nicht gehen?" fragte sie leise. Victor sah sie an — verwirrt, fern. „Gehen — aber du siehst doch, es beginnt erst —" sagte er; und sein Kopf war nahe bei den lockenden Frauen. Die Mutt« stand da, und ihr Lächeln wurde müh same Qual. Jetzt war die Stunde, die ihn von ihr nahm, die sie zurückließ einsam, einsam. Alle Ge meinsamkeit von Mutter und Kind — was war sie, wenn das Leben lockte. — Die« war der Gipfel — aber er brachte den Absturz in Einsamkeit und Alter. — Die Mutter stand still und in ihrem Lächeln war der Schmerz aller Mütter. Aber niemand sah es — auch nicht der Sohn. Vas Limonadengift Don «an» vauar Wir saßen ihrer drei bei ein« guten Flasche Wein und erzählten uns merkwürdige Erlebnisse. Das vom Apotheker war das Seltsamste. „Als ich 1914 eingezogen wurde," Hub er an, „ging ich mit der kleinen Lore." Wir hatten sie gekannt, wohl bemerkt, daß der Apotheker fie von irgendeinem Tage an nicht mehr in unsere Gesellschaft mitgebracht hatte und rückten, in der Erwartung, daß er auch auf die Gründe dafür zu sprechen kommen werde, un» auf den Stühle« zurecht. „Diese kleine Lore war damals ganz verrückt in mich." Wir lächelten ein wenig. D« Apotheker winkte ab: „Kinders, als ob ich eitel wäre! Nee, nee: mit kleinen Maüelsgeschichten habe ich doch wahrhaftig noch nicht geprotzt. Also nur, um euch den Tatverhalt besser verstehen zu lasten und nicht um mich herauszustreichen, erwähne ich das. Alle möglichen Dinge bewiesen mir, daß sie mich viel lieb« hatte, als es mir angenehm war; denn ich war niemals im unklaren darüber, daß unser Ver hältnis nur eine Episode sein werde. Kurzum: Diese kleine Lore kam ein paar Tage, bevor ich ins Feld rücken mußte, zu mir, und machte eine große Szene: Trennen solle sie sich von mir! Für lange Zeit! Diel- leicht für immer! Da« ertrüge sie nicht. Dos gehe auf keinen Fall. Ich solle doch desertieren. Ich dürfe nicht weg von ihr. Ich fttich ihr die Wangen. Was sie denn daher rede. Freilich, e« sei bitter, daß wir nun für einige Zett auseinandergerissen würden, aber ewig daure ja so ein Krieg nicht, und «a» sie ertrage, das müßten Millionen anderer Frauen auch ertragen. Sie solle also ein beherzte», tapfere» Frauchen sein. Ich tröstete fie, wie ich nur konnte und glaubte, sie auch einigermaßen beruhigt zu haben, als sie sich plötzlich vor meine Füße stürzt und am ganzen Leibe zittert und herausschluchzt: Aber wenn ich nun fiele, wenn sie eine« Tages nun einen Brief bekäme, der ihr mitteilte, daß alles für immer vorüber sei ... . Ich zwang mich zu Lächeln: Du lieber Gott, nicht jede Kugel trifft. Warum sollte fie gerade mich treffen?" „Du!", schluchzte sie da heraus, „nicht wahr: Du gibst mir für alle Fälle ein kleines Fläschchen mit ganz starkem Gift. Da« tröstet mich. Dann will ich auch nicht mehr weinen. Dann weiß ich, was ich zu tun habe, wenn das Aeußerste geschieht. Ich muß litten Halt haben. Eine letzte Zuflucht. Es wird ja nicht» geschehen. Nein, nein, du wirst wiederkommen." „Na, ihr wißt, daß ich von solch« Backfisch romantik nicht viel halte und deshalb wollte ich sie schon fragen, welcher Schauerroman ihr denn den Kopf verdreht habe, daß sie auf solche Gedanken komme. Aber da schaue ich in ihre nassen Augen und Hobe da« Gefühl, daß dieser aufgelösten Frauenseele mit männlicher Skepsis jetzt nicht beizukommen ist, und e» liegt überhaupt zwischen uns eine Stimmung, so weihevoll und durchbebt von Abschiedsweh, daß Kitsch und eckte Seelenzerristenheit in eines rinnen... Und fie bleibt dabei, daß ich ihr meine Liebe nur da durch beweisen könne, wenn ich ein Giftfläschchen herrichte." Der Apotheker tut einen herzhaften Schluck und schmunzelt dann: „Schön. Da gehe ich also in den Laden, nehme eine Glaskapsel, fülle Kimbeerlimonad« hinein, löte die Kapsel zu, gehe zu Lore zurück, sag« feierlich und schlicht: Blausaure und überreiche ihr weihevoll da» Flacon. Na, der Krieg ging hin. Frontmonate wechselten mit ein paar Urlaubstogen ab. Einmal hieß e« dann: Sckert euch nach Hause! Wir scherten un». Daheim: Großer Empfang. Auch durch Lore, deren Limonadenkapsel ich lange vergessen hatte. In der Folge kühlte sich meine Begeisterung für Lore immer mehr ob. Diese» Mädchen war jo ein ganz nettes Dingel, hatte allerhand gute Eigen- schäften und war hübsch; aber sie war doch nicht für die Dauer. Ich knüpfte andere Bekanntschaften an. Lore erfuhr davon, schlug Krawall. Ließ sich wieder beruhigen. Allmählich wurde die Gespanntheit aber unerträglich, und ich sagte ihr eine« Tages klipp und klar, daß es zwischen uns zwar nicht ein für allemal vorbei sein solle, daß ich mir aber unbedingt jede Freiheit Vorbehalte. Sie sah mich entgeistert an. Weinte dann: Das ist dos Ende! Das ist da« Ende! Ueberdrüssig all der Empfindlichkeiten und der An- sprüch«, die Lore an meine Zeit und an mein Unab hängigkeitsgefühl stellte, ließ ich mich zu harten Worten hinreißen. Nach ein paar Minuten, während deren ich fie aus den Augen verloren hatte, überfällt mich eine Unruhe. Ich stehe auf. Lore ist nicht im Zimmer. Sie ist wohl ins Nebenzimmer gegangen. Ich reiße die Tür auf. Sie steht vor dem Spiegel, schrickt zu- sammen, wie sie mich kommen hört, zerbricht etwa«, das sie in der Hand hält, führt es zum Mund, schluckt, dreht sich mir zu, schreit mit verzerrt« Miene: Nun hast du'» erreicht! Nun hast du mich so weit! Nun fall ich dir nicht mehr lästig! — Und sic schleppt sich ans Bett und wirft sich darauf. Ich bin maßlos erschrocken, rase auf sie zu. Sie hält in ihren Fingern —: die zerbrochene Gloskapsel von damals. Der Apotheker sieht uns mit überlegenem Lächeln an. Dann wird er ernst: Ihr nehmt das jetzt komisch. Ab« ich sage euch, daß mir in meinem ganzen Leben, einschließlich aller Felderlebniste, nie etwas furchtbarer gewesen ist, als diese Situation voll tragischer Seelenerschütterung und Exzentrik, voll Todcsnähe und Limonadenduft.... Gräßlichste Tragik in den Augen des einen, hahnebüchene Burleske in den Augen des anderen. Nie habe ich abgründige Lächerlichkeit und weihevolle Erhabenheit näher beieinander gesehen." Irgendeine Scham hielt uns davon ab, zu fragen, wie der unmittelbare Ausgang gewesen sei. Wir ahnten nur: sehr banal und abgeschmackt. Und wir ahnten auch, daß an dieser Banalität mittelbar das ganz« Verhältnis sanft entschlafen ist. Da prosteten wir dem Apotheker zu und sprachen von anderem. ? Der Zahltag Don Martin KnE»r»sn Droben auf den Hügeln steht der Wald im tiefen Winterschlaf«, weiß und unförmlich, über und über in den flaumigen weißen Winterschnee gehüllt; nur wo ein Vogel gerastet und den Schnee abgeschüttel* hat, guckt ein kahler schwarzer Ast unheimlich hervor. Auch die tiefen Schluchten, die ebene Heide und die kahlen Felswände sind zugeschneit. Der schlanke zypreffenähnliche Wacholder neigt sich unter einem Berg weißer Kristalle, und die Beeren des Schlehen strauches reifen langsam unter der gelinden Kälte ihrer Decke. In dem großen Steinbruch unterhalb des Hügels liegt hoher Schnee. Die Arbeiter müssen diesen erst wegschaufeln und fortschaffen, um zu den Felsen zu gelangen. Von den Wurzeln der Tannen, die über den oberen Rand des Steinbruches hinau»ragen, hängen lange Eiszapfen herab. Wohin der Blick auch schweift, an dem Gestrüpp vorbei, über die Wiesen hin, aus denen die Jungen Schlittschuh laufen, über die Feld« bi« zu dem eine halbe Meile entfernten mit Treckeis bedeckten Meere liegt Schnee, Schnee, Schn«. Und die Sonne scheint auf das Danze herab, so freundlich, so blaß, so matt und kraftlos wie da» Lächeln einer Großmutter. Am Strande drunten liegt ein kleiner Ort. Er verdankt sein Dasein den Felsen, und die Fenster der Häuschen wenden sich wie wachsam« Augen dem Steinbruch zu, wo die Ernährer tätig sind. Der Boden ist schlecht, er besteht fast nur aus Steinen. Aber sogar Steine werden zu Brot und geben einem von Woche zu Woche, was man zum Leben braucht, manchmal wenig«, niemals mehr. Doch in d:r Regel reicht es. Die Dächer des kleinen Orte» leuchten rot durch den weißen Schnee. Rot und weiß — man könnte fast meinen, es sei zu Ehren der Armut geflaggt worden. Jetzt geht die Sonne weit drüben im Westen unter, über dem weißen Land liegt ein leichter rosiger Schimmer. Und au» jedem Schornstein des Flecken» steigt Rauch — blauer Rauch — kerzen gerade in die Luft, al» würden die bescheidenen Drandopfer aus Tang, Rasenstücken und Kuhmist gnädigst von den launischen Göttern angenommen. Die Kuhfladen krümmen sich, der Tang knisterr und dos Sonnabendfeuer flammt auf, sehr bereit da» zuzubereiten, wo» der Ernährer auf dem Heimweg gekauft hat. Die Kinder beobachten erwartungsvoll da» Feuer, das sich in ihren großen Augen uns laufenden Näschen widerspiegelt. Die Mütter treten immer wieder unruhig an» Küchcnfenster. Jetzt ist die Sonne untergegangen: die Heimkehrenden sollten schon unterwegs sein! Man kann den Weg in seinen Zickzacklinien fast bis zum Steinbruch verfolgen. Do bleibt nur die sich bewegende Linie, die sonst um diese Tageszeit va herunterkommt? Sie werden doch nicht unterwegs irgendwo eingekehrt sein? Barmherzig« Himmel! Rur das nicht! Die eine und andere von den Frauen faltet von Sorge übermannt plötzlich die Hände oder stößt einen derben Fluch aus, da und dort weint ein Kind vor Hunger — man kann es weithin hören. Die Arbeiter haben die Sonne uptergehen und aus ihren Häuschen den Rauch aufsteigen sehen. Sie haben aufgeräumt und ihr Handwerkszeug beiseite gelegt; jetzt stehen sie in kleinen Gruppen beisammen und warten auf ihren Brotherrn. Am Fuße des Hügel« liegt das Herrenhaus, von dort her muß er kommen. Zum Kuckuck, warum erhält man feine sauer verdienten paar Groschen nicht zu rechten Zeit? Wenn er nur nicht wieder verreist ist wie letzten Sonnabend! Endlich erscheint er in Begleitung seines großen Hundes. Er hält einen Beuel aus Leder in der Hand, also gibt es heute Geld! In einer guten halben Stunde kann man mit dem Wochenlohn zu Hause sein; der Weg geht ja bergab, und mit acht Kronen in der Tasche läuft es sich leicht. Der Brotherr und seine Arbeiter messen die Arbeit der Woche nach: Pflastersteine, Schotter, Treppensteine. Und der hohe Herr schilt über einen Armwoll Schotter, der nicht gleichmäßig auf dem Erdboden ausgebreitet ist — das gäbe kein ehrliches Maß, sagt er. Der Schwede Anders laßt die Schelte gesenkten Haupte» über sich ergehen; er hofft auf diese Weise einigermaßen schadlos nach seinem unglück seligen Schlich davon zu kommen. Denn jetzt hat der Steinbruchbesitzer ja das Recht, statt des ehrlichen, redlichen Klaftermaßes das Augenmaß anzuwenden. Der Steinbruchbesitzer sieht Anders nachdenk lich an. „Nun ja — für diesmal mag es hingehen. Ich werde wegen der paar Groschen, um die du mich be trügen kannst, auch nicht gleich zugrunde gerichtet werden, Anders," sagt er gutmütig, indem er seinen Beutel öffnet. Plötzlich ertönt vom Hügel her Schellengeläute, und ein kleiner Schlitten mit einem kräftigen Pferd davor kommt in rascher Fahrt auf dem Weg vom Herrenhaus daher. Ein flotter junger Mann im Pelzmantel — der Sohn des Steinbruchbesitzcrs — springt heraus und tritt zu dem Brotherrn hin. „Willst du nicht mit in die Stadt, Vater?" fragt er. „Im Gasthof findet eine große Lombrepartie statt." „Ich hab' kein Geld," antwortet der Steinbruch- befitzer. Der Sohn deutet mit der Spitze seines Stiefels auf den ledernen Deutel, aber der Pater schüttelt den Kopf und schaut seine Arbeiter der Reihe nach an. „Dummes Zeug, Alter! Die Arbeiter können bis Montag warten!" ruft der Sohn. „Heut' abend gibt cs sicher etwas zu verdienen: Der Metzgermeister ist schon ein wenig hoch, und dann haben wir einen ganz neuen Mitspieler — einen Großhändler. Du mußt deine Niederlage dem Metzgermeister gegenüber ent schieden auswetzen." Der Steinbruchbesitzer steht einen Augenblick zögernd da. Dann greift er in den Deutel, um dem ersten Arbeiter seinen Lohn auszuzahlen, aber plötz- lich fängt er einen der fast angstvoll drohenden Blicke auf, die auf ihm ruhen. Und mit einem Male be kommt sein Gesicht einen unfreundlichen Ausdruck. „Wir wollen mit der Auszahlung bis Montag warten, Leute," sagt er. Damit steigt er zu seinem Sohn in den Schlitten und fährt unter Schellengeläute zum Herrenhaus zurück. Die lange Reihe der Arbeiter bewegt sich in den Zickzacklinien der Landstraße abwärts den Häusern am Meer zu, in denen jetzt Licht brennt. Müde und gebückt schleicht eine Gestalt hinter der unseren her — eine traurige Illustration des Satzes, daß das Gehen ein fortgesetzt unterbochenes Fallen sei. Wieder ertönt hinter den Arbeitern Schlitten- grläute, da» rasch näherkommt; der große Hund ihres Brotherrn läuft bellend an ihnen vorbei. Einer nach dem anderen zieht stumpfsinnig und schwerfällig die Mütze, noch ehe der Schlitten an ihnen vorüberfährt — sie erkennen den Herrn an dem Hund. Und einer nach dem anderen richtet sich langsam in die Höhe, setzt die Mütze wieder auf und sendet dem Schlitten einen müden, gleichgültigen Blick nach, während dieser wie durch ein Spalier grauer, ge beugter Nacken fährt. Nur der Vorderste der Reihe macht keine Mienen, die Mütze abzunchmen. „Er ist ein Krakeeler," sagt der Steinbruchbesitzer zu seinem Sohn. „Er gehört zu diesen Sozialisten, wie sie so viele drüben haben. Aber er wird ent- lassen werden — sobald wir ihn nicht meyr brauchen." Der Sohn greift nach der Peitsche, knallt dannr lustig über dem Kopf des Arbeiters und streift ihm mit der Peitschenschnur die Mütze herunter, die in den Straßengraben rollt. (Aus den soeben bei Alben Langen, Mün- chen, erschienenen .Proleianernovellen'.s Wocheaspieltzla« »er Leipziger Theater. Dl« Ziffern bedeuten Ansang u. Schluß der Aussübr. re.s-i.7. «»«et«»« ««»taa Dtevöta« Mittwoch l ronnerSla« -«-»ad««» l Son«»«« Nevrr Ihtültk «.». Llefland. 7'd-'» Zar n. ZstÜMermanä S. v u. ». d. L«tp».Mtrstch-»«d Dtä tote Stadr SV. u. A.-V.f.d. »trtschorb.DLehrer 7-1» "LLL-v* jVLSikM?- t«. «..» i. A. ^chrlg «Ander. 7-M,. 'N. A.-V. 4. g. Meister «utdo. 7—,»^ Bet aufgehobenem Anrecht Dt« Meistersinger von Nürnberg. 6. «—t»»u Seiien halber di» «tnlchllehllch rl. Jnll ««schlossen. Preise. V. - «rmS-i^e »L-- -reu etnstudierr. v-v.-vereintvorstellüng. ll?. I«. Ld?. - Einbene-Preis«. Vpkktvkll' wLk " E-— , . . Ferien halber dt» elnschichhlUH «. San» ««schlosse». ff, Dt« Bafadere Vorst, lttr d. Gewerkoercin L.-Melt. »-6. Mab. Pompadour. 7>i, Schl» mA« ff. Schneider Mbdel. V..V. vee Naud dar «adinertnn«,. r>h «chnaldsr Wlddel. 71» Ker Rand d« »adinertnnen rz. Der Nret». 71, «chneider Wlbbel. 7'-, lUnsam« Mmchchen. «chwkmnmr. ff.ScheiberMtbbel. 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