Volltext Seite (XML)
^LKesberickt Kleines Metzrvörterbuch vlctlooarg kor slrsLgers Für die Meßfremden bearbeitet von I*anl»»r1 Ausstellungsgelände: Z. w. d., janz weit draußen. Krupp, Borsig, Mannesmann. Nichts für Detaillisten aus der Provinz. Keine Galanterie waren zum Mitnehmen. Bar: Abendliche Erholung»- und Eektstation für Erschöpfte. Zarte Bedienung. Eleganter Betrieb. Tu' Geld in deinen Beutel. Bugra: Deutschlands Buchzentrale. Von oben bis unten nichts als Geist. Sehenswert. E (siehe unter Z oder K). Denkmäler: Aus Sicherheitsgründen so gut wie nicht mehr vorhanden. Dollar: Das, worin fakturiert wird. Das Zahlungsmittel der Messe. Der ruhende Pol in der Erscheinungen Flucht. Gegenstand der ständigen „Wirtschaftskrise", ganz gleich, ob er steigt oder fällt. Elektrische: Teuerstes Vergnügen in Leipzig. Dalutariern sind Luftfahrten zu empfehlen. Freibleibend (alles freibleibend): Der stille Schmerz aller Einkäufer. Frische: Beliebter Treffpunkt. Trifft man sie nicht, trifft man doch eine andere. Gewandhaus: Kein Meßpalast, in dem Tuch verkauft wird, sondern seriöses Kunstinstitut für solide Meßfremde. Grimmsche. Hauptverkehrsader Leipzigs, die der Einheimische nur unter diesem Namen kennt. Halbwelt: Gutassortiertes Lager aus dem gesamten Zn- und Ausland. Kredit: Es war einmal. Kunstgewerblerin: In so ziemlich allen Meßhäusern vertreten. Trägt abgeschnittenes Haar und nährt sich von Batik und Stickereien. Sehr harmlos und bescheiden. 54. 54. (wichtigster, alles beherrschender Buchstabe des Meßalphabets). Meßabzeichen: Es ist zu empfehlen, es abends abzulegen, um sich unkenntlich zu machen, da man sonst mit den Preisen leicht .hochgenommen" wird. Messadreßbuch: Drockhaus der Messe. Meß amt: Der große Dcneralstab. Messepreise: (siehe unter N). Meßhausprojekt: Luftschloß. Meßalliance: Flüchtige, aber vergnügte, Verbindung zweier Personen verschiedenen De- schlechte Mies: Das, was die Messe niemals ist, auch wenn sie es ist. Zm offiziellen Meßwörterbuch fehlt dieses Wort. Missa solemnis: Keine exotische Nackt tänzerin, sondern erhebende musikalische Veranstal- tung. Meßoukel: Fossiler Begriff; sehr provinziell; kommt nur ganz vereinzelt und auf sogenannten humoristischen Meßpostkarten vor. Muster: Das Unverkäufliche. Zuwiderhan delnde werden streng bestraft. Nur am letzten Messetag nimmt man es nicht so genau. Nepp: Preisabbau, der regelmäßig zur Messe eintritt. On pari« kr»nx«!s: Die gestörte Inter nationale, oder: Bis auf weiteres nicht mehr. Aofel: Garantiert Qualität. Qualität: (siehe oben). Reklamezug: Sehenswertes Verkehrshinder nis, das sich durch die City windet. Im Bädeker mit einem Sternchen versehen. Rekord: Das, was jede Messe vor der anderen voraus hat. Sehleute: Unangenehmes Insekt, das nur aus zwei großen Augen besteht. Es nährt sich häufig vom geistigen Diebstahl der Meßmuster und wird besonders von den Kunstgewerblern sehr ge- fürchtet. Line Abart ist harmlos, schleich! sich ohne Einlaßkarte in die Meßhäuser, nur um zu sehen. Man verscheuche es. Schaufenster der deutschen Indu ¬ strie: Da» diesjährige Schlagwort der Messe. Treffpunkt: (siehe Frische). Werkstudent: Der Musensohn al» Meß führer und Gepäckträger. gahlungsmodalität: Nur in Valuta und per Kasse. Einäscherung Les Geheimrates Hugo Licht Von dem Ansehen und der Beliebtheit des ver- storbenen Geh. Baurats Professor Dr.-Ing. h. c. Hugo Licht zeugte die große Schar der Leidtragen den, die sich am Sonnabend um I Uhr mittag in der Kapelle des Südfriedhofs zur Einäscherung des Verstorbenen versammelt hatten. Außer den Mit gliedern des Rates der Stadt Leipzig mit Ober bürgermeister Dr. Rothe an der Spitze und des Stadtbauamtcs haften sich u. a. auch Kreishaupt mann Lange und Polizeipräsident Dr. Kubitz eingefunden. Hofprediger Schmidt von der Nikolaigemeinde gab in empfundenen Worten der Trauer um den Heimgang des edlen Menschen Ausdruck und spen dete den Hinterbliebenen, zumal den Töchtern, Trost in ihrem Leide. Oberbürgermeister Dr. Rothe pries die Verdienste des Verblichenen um die Stadt Leipzig, der er unvergängliche Werke der Baukunst geschenkt hat, die seinen Namen unsterblich zu machen berufen seien. Im Namen des Rates der Stadt Leipzig und anderer Körperschaften fügte er den zalrcichen Blumen- und Kranzspenden zwei prächtige Palmen hinzu. Auch seitens des Sächsi schen Architekten- und Ingenieur-Vereins wurde mit anerkennenden Worten ein Kranz am Sarge nieder- gelegt. Mit dem Choral „So nimm denn meine Händel" schloß die erhebende Trauerfeier. Der Ankauf vou Gold für das Reich durch die Reichsbank und Post erfolgt bis auf weiteres unvsr- ändert zum Preise von 85 OVO Black für ein Zwanzig- markstück, 42 500 Mark für ein Zehnmarkstück. Für ausländische Goldmünzen entsprechende Preise. Das verlorene Möbelgeld. Erne Dresdener Ein wohnerin verlor auf der Straße einen Eamtbeutel mit 1 Million Mark. Das Geld gehörte der Tochter und war zum Kauf von Möbeln bestimmt. Reiche Spende für Eisenach. Der Kaufmann Ferdinand Cohn in New Dork, ein geborener Eisenacher, hat dem Oberbürgermeister von Eise« nach 22 Millionen Mark zu wohltätigen Stif tungen übergeben. Eine Million davon soll der Wartburg zugute kommen. Jugendliche« Opfer einer Erpressung. Einem Berliner Kaufmann waren im letzten Jahre zu verschiedenen Zeiten eine Kassette mit 300 000 Mark, eine Brieftasche mit Dollarnoten im Betrage von etwa 1 Million Mark, eine goldene Uhr und andere Wert gegenstände gestohlen worden, ohne daß es gelang, den ein Hausdieb sein mußte, zu ermitteln. Jetzt hat seine 13jährige Tochter nach einem mißglückten Selbstmordversuch gestanden, daß sie die Täterin ist. Sie war voü einer früheren Hausangestellten zu den Diebereien bei ihrem Vater verleitet worden. Da» Dienstmädchen hatte die Schülerin unterwegs ausge lauert und ihr erzählt, sie werde einen Diebstahl an zeigen, bei dem ikr die Tochter ihres Brotgebers an geblich geholfen gaben sollte, und brauche Geld, um die Kriminalbeamten zu bestehen. In ihrer Angst stahl das Mädchen jedesmal das Geld und brachte es der 18jährigen Erpresserin, die es mit ihrem 20jährigen Geliebten in Nachtlokalen durchbrachte. Dos Dienstmädchen wurde verhaftet, ihr Helfer ist flüchtig. Preisabbau und Lohnabbau Don allen Seiten ist in den letzten Tagen die betrübliche Tatsache festgestellt worden, daß dem Rückgang der Devisenkurse und der Besse rung der Mark, die eine erstaunliche Folge der Stützungsaktion der Reichsbank ist, keine ent sprechende Rückentwicklung der Preise gefolgt ist. Die Ministerien haben gemahnt und gedroht, haben sich an die Spitzenorganisationen von In- dustrie und Handel gewendet, aber es hat alles nicht viel geholfen. Außer den Einfuhrwaren und den Erzeugnissen des Inlands, die zu ihrer Herstellung fast ausschließlich ausländische Roh stoffe erfordern, ist fast nichts in Deutschland billiger geworden. Im günstigsten Falle kann man von einem Stillstand der Preitsentwicklung reden. Don seiten des Handels ist gegenüber den Mahnungen zur Preisherabsetzung mit Recht erwidert worden, daß die Reichsbetriebe und die kommunalen Betriebe, die Gas und Elektrizität Herstellen, ja selbst durch ihre Preispolitik dem Preisabbau entgegenarbeiten, und man hat be sonders auf das Beispiel der Eisenbahn und Post hingewiesen, die trotz der Markbesserung ihre Tarife weiter in die Höhe schrauben und dies auch am 1. März wieder getan haben. Der Reichsverkehrsminister hat bestritten, daß die Eisenbahntarife einen maßgebenden Einfluß auf die Preisbildung hätten, und hat seinerseits wieder auf die viel wichtigeren Preissteigerungen der Kohle hingewiesen. Einen Ausgleich durch Herabsetzung der Kohlensteuer zu schaffen, wei gert sich wieder der Reichsslnanzmintster, der in den Ertrügen der Kohlensteuer eine unentbehr liche Haupteinnahmequelle des Reiches erblickt. Allgemein aber weist man adrauf hin, daß die gegenwärtige Höhe der Löhne und Gehälter — z. B. auch im Bergbau — eine Verbilligung der Warenpreise verhindern, und daß ein Lohn abbau dem Preisabbau vorhergehen müßte. Das gegenseitige Verhältnis von Preisabbau und Lohnabbau ist zurzeit um so bedeutungs voller, als der Streit, welcher Teil zuerst ab gebaut werden müsse, zu schweren sozialen Streitigkeiten und Kümpfen zu führen droht. Zwar hat man noch nirgends einen Abbau der Löhne herbeizuführen versucht, wohl aber wei gern sich die Arbeitgeber und zwar vorzugs weise in der Großindustrie —, weitere Lohn erhöhungen eintreten zu lassen, weil angeblich die Verteuerung der Lebenshaltung zum Still stand gekommen sei. Bei der Festsetzung der Februarlöhne haben sich unter anderen in der Metallindustrie, in der Holzindustrie und im Millionen auf der Straße. Ein Fabrikbesitzers- sohn aus Döbern bei Kottbus hatte ein Paket mit Geldscheinen im Betrage von mehreren Mil lionen Mark hinten am Sitze seines Motorrades befestigt. Während der Fahrt war das Paket auf gegangen, ohne daß der Fahrer es bemerkt hatte, und die Straße war auf eine weite Strecke hin mit Geldscheinen förmlich gepflastert. Nach kommende Leute hoben die Scheine auf und stell- len sie dem inzwischen auf den Verlust aufmerk sam gewordenen Fahrer wieder zu, so daß dieser nur einen geringen Verlust erlitt. Da» Ende der Morgue. Das berühmte Leichen- schauhauS von Paris, die hinter der Notre Dame-Kathedrale gelegene Morgue ist, wie uns aus Paris gemeldet wird, am 2. März endgültig geschlossen worden. Die 32 Leichen, die sich Großhandel ernste Differenzen zwischen Arbeit gebern und Arbeitnehmer entwickelt. Die Arbeitnehmer wehren sich mit großer Entschiedenheit nicht nur gegen jeden Lohw abbau, sondern auch gegen die Verweigerung weiterer Lohnerhöhungen. Sie verweisen be sonders darauf, daß tue Teuerung noch keines wegs zuni Stillstand gekommen sei. Außer den jüngsten Tarifsteigerungen der Eisenbahn und Post, der Elektrizitäts- und Gaswerke haben am 1. März wesentliche Mieterhöhungen stattgefun den oder sie stehen zum 1. April bevor. Aller dings weisen die Großhandelsindexziffern einen kleinen Rückgang für die Gesamtlebenshaltung auf. Dieser beziffert sich für die Zeit v"« 15. bis zum 24. Februar beispielsweise auf 2,4 Proz. Nur für die Lebensmittel betrug er 4,6 Proz. Man könnte also aus diesen Zahlen höchstens einen Stillstand der Preissteigerungen folgern. Aber es bleibt noch zu berücksichtigen, daß die Großhandelspreise vielfach zwar rück- gängig sind, während die Kleinhandelspreis- wegen der wachsenden Unkosten des Handel« noch weiter erhöht werden müssen, und daß ferner in diesen Großhandelsindexziffern manche Teuerungsmomente, wie zum Beispiel die Miet- steigerungen, gar nicht zum Ausdruck kommen. Zusammenfassend wird man also sagen können, daß die nach oben gerichtete Preisent. Wicklung noch nicht vollkommen zum Stillstand gekommen ist. Weiter aber muß festgestellt wer den, daß die heutigen Löhne keineswegs in aus reichendem Maße dem seifigen Preisniveau an gepaßt sind. In dem Wettlauf zwischen Preisen und Löhnen sind die letzteren zweifellos allzusehr zurückgeblieben. Das gilt im allgemeinen von den Angestelltengehültern noch mehr als von den Arbeiterlöhnen, und am meisten von den Bezügen der geistigen Arbeiter. Daß es auch von den Arbeiterlöhnen gilt, beweist jeder lohn- statistische Vergleich mit dem Auslande. Selbst in Oesterreich, dessen Valuta noch mehr entwertet ist als die unsere, sind die Arbeitslöhne ihrem Realwerte nach wesentlich höher als in Deutsch, land, von den hochoalutarischen Ländern ganz zu schweigen. Man wird also nicht sagen können, daß der Zeitpunkt für einen Lohnabbau oder auch nur für einen völligen Stillstand der Lohnerhöhungen schon gekommen sei. Das Ausmaß des Preisabbaues, das bisher fest» zustellen ist, ist viel zu geringfügig, um die Ent wicklung der Löhne schon zum Stillstand zu bringen. Der Preisabbau muß noch ein be trächtliches Stück fortschreiten, bevor mit dem Lohnabbau praktisch begonnen werden kann. zuletzt darin befanden, wurden am Vormittag in das neue gerichtlich-medizinische Institut über geführt. Die alte Morgue wird in nächster Zeit abgebrochen werden. Terror gegen Schieber in Pole«. Allem An. schein nach hat sich in Polen eine geheime Terroristenorganisation gebildet, die Anschläge gegen die Schieber plant. In der Königstraße in Warschau explodierte eine Bombe Gleiche Vor fälle werden au» Lublin, Lodz, Kielce gemeldet Wieder Erdbeben. Auf der Münchner Erd bebenwarte wurde am 24. Februar morgens 8>/„ Uhr ein Fernbeben ausgezeichnet, dessen Herd 8300 Kilometer westlich von München, wahrschein lich in Mittelamerika, liegt. — Erdbebenwarten in Amerika und Italien haben ein lang andauern de-, heftiges Erdbeben in der Gegend der Ha* wat-Jnseln verzeichnet. Vas Sirkuskind Aus dem Tagebuch derkletnenLisiuka. Bon vurek Mein Papa ist schon lange tot. Meine Mama kann mich nicht länger ernähren. Dabei esse ich sehr wenig. Schokolade kriege ich überhaupt nicht mehr. Es ist heutzutage auch alles so furchtbar teuer. Mama näht in der Schneiderei im Zirkus. Manch mal bringt sie mir Puppenlappen mit. Weiter kriege ich nichts. Meine Puppe hat keinen Kopf mehr. Manchmal mache ich in der Pantomime einen Zwerg. Der Bart kitzelt sehr, und ich darf nicht mal kratzen. Die Perücke juckt auch. Ich dachte schon, ich habe Läuse. Ich habe aber keine. Heute hat Madame Milleforth zu Mama gesagt: „Sie haben ein so schönes Kind. Es ist sehr schade, daß Sie sie nichts lernen lassen. Geben Sie sie zu mir in die Lehre." Mama weiß noch nicht. Aber sie weiß doch nun, daß ich ein schönes Kind bin. Ich möchte schon. — Und wenn Mama mich doch nicht ernähren kann und keine Schokolade kauft? Ich bin bei Millcforths. Ich habe ein Hemd, eine Hofe, drei Paar Strümpfe und einen neuen roten Mantel bekommen. Mama hat eine Bluse gekriegt. Heute haben sie mir einen Gürtel um den Bauch geschnallt, an dem ein Strick hangt. Dann hat man mich »u Lilly aufs Pferd gesetzt. Ich kann nicht runterfallen, weil ich an dem Strick hängen bleibe. Ich bin heute mit Absicht runtergefallen, weil ich mal durch die Luft fliegen wollte. Das war schön Nur der Gürtel um den Bauch tut weh. Meine Deine tun mir auch sehr weh. Ich kann gar nicht schnell laufen. Reiten ist schwer. Frau Milleforth hat es raus, daß ich gerne durch die Lust fliege. Sie hat mit der Peitsche gefuchtelt. Aber schlagen lasse ich mich nicht. Heute haben die Leute nicht aufgepaßt und haben mich nicht richtig hochgezogen. Meine armen Knie hab' ich aufgeschunden im Sand. Das hat sehr weh getan. Ich habe geweint. Sie haben alle geschimpft. Am meisten die ekelhafte, olle Madame. Meine Mama ist doch viel besser. Wenn ich. später einmal totfalle, dann wird es der Milleforth doch leid tun. Lieber Gott, laß mich wtfallenl Frau Milleforth ist doch gut. Sie hat mir eine ganz« Tüte saure Bonbons geschenkt. Frau Mille ¬ forth ist auch schön. Sie hat lange, blonde Haare. I Ich möchte auch mal so lange Haare bekommen. Aber > ich muß Bubenkops tragen. Ekelhaft! Madame Milleforth hat auch hellblauseidene Strumpfbänder und ein rosa Korsett. Das will ich später auch tragen. Und einen roten Plüschunterrock. Das Pferd heißt Blanchefleur und ist ganz weiß ind sehr dick. Ich streichle es jetzt immer, bevor ich raufgehoben werde. Ich finde, ich falle dann weniger runter. Ich werde ihm jetzt auch immer saure Bonbons geben, dann bin ich ganz sicher! Ich falle überhaupt nie runter. Blanchefleur schmeißt mich ab, wenn es böse ist. Meine Beine tun nicht mehr -fo weh! Heute bin ich Lilly schon auf die Schulter ge- klettert. Lilly ist ein falsches Biest. Lilly hat mich in die Waden gekniffen. Ich habe geheult und ge sagt: „Ich sage es deiner Mama." Sie schwindelt: „Es ist nicht wahr." Tante Milleforth glaubt mir nicht. Sie ist schlecht. Sie raucht immer Zigaretten, und ihr Mann kriegt keine ab. Meine Mama hatte meinem Papa immer was abgegeben. Ich habe mir heute Rot auf die Packen gemalt und Schwarz auf die Augen, wie es die anderen alle hier machen. Sie haben mich furchtbar ausgelacht und gesagt, ich sähe aus wie der dumme August. Vor Wut habe ich kein Mittag gegessen. Ich esse über- Haupt nicht mehr. Dann kann ich auch nicht reiten. So! Tante Milleforth hat in der Garderobe hinter dem Spiegel eine Flasche mit was Grünem drin. Sie trinkt manchmal abends nach der Nummer daraus. Lilly und ich kriegen nie was ab. Heute morgen habe ich einen Schluck draus genommen. Es hat furchtbar im Halse gekratzt, aber es war süß. Tante Milleforth hat mir in der Manege einen Kuß gegeben, weil ich gut auf Lilly» Schulter ge standen habe. Aber gleich habe ich einen Katzenkopf gekriegt, und die Madame hat geschrien: „Das Kind riecht nach Schnaps!" Zur Strafe habe ich di« neue Reithose verdorben. Mama hat sehr geweint, als ich abgereist bin mit -en fremden Leuten. Wie werden sie jetzt zu mir kein? Wenn sie schlecht sind, brenne ich durch. Aber das nützt auch nichts. Mama kann mich ja doch nicht mehr ernähren. Ich liebe nur meine gute Mama. Mama ist doch sehr gut. Wenn sie schlecht zu mir I sind, dann mache ich den Gürtel um meinen Bauch ! ganz lose und falle tot vom Pferd. Dann brauche ich I überhaupt nicht» mehr zu essen. Tante Milleforth hat mir ein sehr schönes hellrosa seidene» Kostüm genäht. So ein kleines Röckchen und an der Taille weiße Spitzen und Steine wie Brillanten. Ls sind aber keine echten. Dazu kriege ich silberne Flügel. Die sind aber noch nicht fertig. Ich mache also eine Elfe oder einen Schmetterling. Auf den Kopf kriege ich auch was. Ich weiß aber noch nicht was. Ich freue mich doch sehr. Ich schlafe in einem großen Kostümkorb, weil die Wirtin kein Bett für muh hat. Da» geht sehr fein. Ich schlafe eigentlich lieber im Korb als im Bett. Nicht jedes Kind schläft in einem Korb. Der Deckel bleibt auf. Ich gehe auch hier zur Schule. Manchmal kommt auch eine Lehrerin zu mir. Sie sagt, ich habe viele Lücken. Dafür kann ich aber doch reiten und andere Kinder nicht. Die Kinder in der Schul« haben zu mir „Zigeunerin" gesagt. Ich habe ihnen die Zunge raus- gestreckt. Sie haben sich furchtbar geärgert. Die sind bloß neidisch, daß ich reiten kann. Der Affe von Fräulein Nella hat mich heute ge bissen. Er hat auch gespuckt. Vor Affen habe ich Angst. Aber der Elefant ist sehr gut zu mir. Den Rüffel küsse ich oft, auch wenn die Borsten mich pieken. Das schadet gar nichts. Er ist doch schön und klug. Ich kriege viel zu essen. Aber bei Mama schmeckt es mir doch besser. Milch trinke ich überhaupt nicht gern, viel, viel lieber Selterwasser. Auch esse ich viel lieber Radieschen al« Eier. Gestern abend bin ich zum erstenmal aufgetreten. Ich habe mit Lilly Pas-de-deux geritten. Beide waren wir rosa angezogen. Lilly hatte keine Flügel, nur ich. Ich war an einett ganz dünnen Draht an gemacht. Niemand hat den Draht gesehen. Alle haben geglaubt, ich wäre frei. Die Leute haben sehr geklatscht. Ich habe Kußhände geworfen und bin viermal zum Kompliment in die Manege gelaufen. Ich habe einen Rosenstrauß, «ine Apfelsine und zwei Tofem Schokolade überreicht bekommen. Lilly hat gleich was abhaben wollen. Ich wollte nicht, denn sie hatte mich wieder in die Waden gekniffen. Es hat sogar geblutet. Ich habe Lilly nicht» abgegeben. Der Elefant hat die andere Tafel Schokolade gekriegt. In der Pause verkaufe ich Postkarten von Lilly und mir. Alle wollen aber nur di« Karte haben, w« ich allein drauf bin. Darüber ärgert sich Lilly, und ich freue mich. Die Leute fragen immer, wie alt ich bin. Ich sage: „Sieben." Lilly lügt ja auch. Alle bedauern mich und sagen: „Ach, das arme Kind!" Ich lasse sie ruhig. Dann kttege ich öfter was ge schenkt. Das Geld muß ich alles abgeben. Auch mein Trinkgeld. Aber Gage verdiene ich jetzt schon. Die muffen sie meiner lieben, guten Mama schicken. Die braucht dann nicht mehr so viel zu nähen. Dafür müßte sie mir aber wieder Puppenlappen schicken. Meine Puppe hat jetzt wieder einen heilen Kopf. Hugo Licht, der Heimgegangene Leipziger Bau- kllastler, war zehn Jahre Herausgeber der in Archt- tektenkreisen hoch geschätzten Kunstzeitschrift „Der Profanbau", die im Verlage von I. I. Arnü in Leipzig erscheint. Die Redaktion lag bis 1918 in den Händen Hugo Lichts. Ehrung eine« Verlegers. Die juristische Fakultät der Universität Marburg hat dem Inhaber der Berliner Verlagsbuchhandlung Georg Stille, Kommerzienrat Hermann Stille, die Wiftde eines Ehrendoktors für seine Verdienste um die Heraus gabe rechtswissenschaftlicher Werke in schwerer Zeit verliehen. Der SipfÄ der Reklame. Man meint immer, Amerika wäre das Land der wildesten Geschäfts reklame. Aber nach einem Bericht der Epoca zu schließen, verstehen die Japaner die Kunst, Ge schäftliche» mit schönen Worten, sozusagen lyrisch, anzupreisen, noch besser als die Pankees. Ein japanischer Papierhnndler teilt zum Beispiel mit, da» Papier, da» er verkaufe, sei „fest wie eine Elefantenhaut". Dor einem Fisa-geschäft hängt ein Plakat: „Die gemachten Einkäufe werden mit der Schnelligkeit einer Gewehrkugel in» Haus geliefert." Ein Spezereiwarcnhändler erklärt: „Mein Essig ist scharf wie die Zunge der bösesten Schwiegermutter." Und ein große« Warenhaus in Tokio sucht mit dieser außerordentlichen Rekkamenotiz Käufer anzuziehen: „Tretet ein und geht durch die Abteilungen unseres Geschäftes; der Empfang wird unwiderstehlich sein. Unsere Kommis find liebenswürig und herzlich wie ein Pater, der für seine Töchter Ehemänner sucht und die Dtttyist nicht aurzuzahlen gedenki . .