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»oakW, U. 1U- Nr. 2S2 Selter ^Vree^uee Nechel^Eev Die Berliner Abenbpresse zur ReglerungserMrung daß sein richtig» sie -«« von Neuraths L-n-omr Abschie-Sbesuch London, 5. Juni. Der deutsche ReichSanßenminister, Freiherr von Neurath, ist heute morgen in London ein- getroffen. Er wird morgen vormittag seinen Abschiedsbesuch bei Sir John Simon im Foreign Osstce machen und sich danach zum englischen König begeben. Straßer eröffnet den ReWtag-wablkams Bra«nsch«ela, 8. Juni. Vor mehr als 26 000 Person«» sprach der Reichspropagandaleiter Gregor Str aber am Sonntag in einer Massenkundgebung der NSDAP. Er führte u. a. aus, dem neuen Kabinett v. Papen stehe drr Nationalsozialismus in jeder Form ungebunden g«eir- über. Er habe vom Kabinett Papen nur die Erfüllung feiner Forderungen verlangt, das deutsche Volk selbst zu befragen, wie es regiert werden wolle und die Freiheit der agitatorischen Arbeit in feder Form zu gewährleisten. Na ber ReichStagSwahl werde der Nationalsozialismus seine Forderungen und feine Entschlüsse bekanntgeben. An de« Lage, an dem «ine Regierungsbildung ohne Zentrum «Sglich sei, «erde der erste Schritt getan sei«, um Dentschland wieder deutsch zu regieren. Erst wenn eS gelinge, die Erwerbslosen wieder in den Produktionsprozeß einzureihen, werbe das Problem der politischen Führung und des Vertrauens gelöst sein. Deutsch land selbst könne Arbeit für Millionen und für Jahrzehnt« hinaus geben. Der Nationalsozialismus komme aus d«m Lebe« und nicht aus der Theorie. Deshalb wisse er, wo der Hebel mit Erfolg anzusetzcn sei. DaS Recht auf Arbeit und die Pflicht dazu seien die Seele nationalsozialistischer Wirtschaft. Märchen -es Reuter Büros London, 5. Juni. Die Londoner SonntagSpress« ist vom amtlichen Neuterbüro mit den aussehen, erregendsten Nachrichten über die Lage in Deutschland ae- speist worden. Auf Grund „einer Information aus gewöhn, lich gutunterrtchteter Quelle" verbreitet dieses Nachrichten, büro die Meldung, baß eine Revolte in Deutschland au», gebrochen sei. Truppen wären aufgeboten morden und die Weitergabe von Nachrichten aus Deutschland sei unter- bunden worden. Obwohl diese Mitteilung späterhin de- ment irrt wurde, so erscheint sie doch in großer Aus« machung in den populären SonntagSblättern. Berlin, 8. Juni. Die Berliner Press« nimmt sehr ver schieden zu der Regierungserklärung des neuen Kabinetts von Papen Stellung. Der „Lokal-Anzeiger" hebt den Satz der Erklärung uneingeschränkt hervor, daß die neue Negie rung allein nach ihren Taten beurteilt werden würde. An Positivem erfahre man nur sehr wenig. Wenn schon ein Teil der von Brüning geplanten Notverordnung nicht zu umgehen sei, so werde hoffentlich nicht die Beschäftigten steuer wieder erscheinen. ES solle lieber am >. Juli als am >1. Juli gewLhlt «erde«, denn ein neuer sich lang btnschleppenber Wahlfelbzug biene niemandem. Die „Tägliche Rundschau", das Blatt des Christlich-Sozialen BolkSbiensteS, meint, die Regierungs erklärung enthalte eine ganze Reihe erfreulicher Versiche rungen, bedauerlich sei, daß sie kein Programm enthalte. ES laste sich nicht lengnen, daß maßgebende Männer des Kabinetts den retn verwaltungsmäßigen Gcdankengängen des LutherbundeS zur Erneuerung des Reiches nicht ferne stünden; für eine landschaftlich orientierte Einstellung sei von dem Kabinett wenig Erfreuliches zu erwarten. DaS Blatt bedauert den sozialpolitischen Kurs der Negierung und vermißt Ausführungen über die Siedlung. „Die Vosstsche Zeitung" vermißt außenpolitisch in der Regie rungserklärung den von Brüning gesprochenen Sah, daß Deutschland weder seht noch in Zukunft Tributzahlungen zu leisten vermöge. Ein Regime schärfster Reaktion kün dige sich darin an. Die agrarische „Dentlche Tageszeitung" meint, noch nie in den letzten zwölf Jahren sei so ««mißverständlich ein durchgreifender Kurswechsel gekündigt worben. Der Großteil der Kritik, die die Regierungs erklärung übe, stimme mit den Gedankengängen des Blattes durchaus überein. Der sozialdemokratische „Abend" spricht von „PapenS Kriegserklärung"; die Regierungserklärung sei weiter nichts als eine einzige Klastcnerklärung von oben, dem die SPD. die Klassenkampfcrklärung von unten entgegensetze. Die „DAZ." sagt «. a.: Die Regierungserklärung werde durch die große Offenheit ihrer Sprache Auf sehen erregen. Die Bilanz des politischen und wirtschaft lichen Zustandes der Nation sei allerdings erschütternd, und die Ursachen der moralischen und wirtschaftlichen Krise würden endlich einmal unmißverständlich beim Namen ge nannt. Die Entartung des Staates zu einem inzwischen dem nackten Bankrott verfallenen Wohlfahrtsstaat, die Zersetzung des öffentlichen Lebens durch Klassenkampf und die literarischen Auswüchse der GetsteSfreihett, die Be drohung der deutschen und christlichen Kultur durch den Atheismus würden ohne Umschweife beim Namen genannt. Den klaren programmatischen Sätzen der Kundgebung sei wenig hinzusügen. Sic wirke durch ihre Ehrlichkeit und JllusionSlosigkcit. Die ZentrumS-„Germauia" führt u. a. aus: Die Kundgebung der Reichsregierung sei des- halb eine Ueberraschung, weil man nicht darauf gefaßt gewesen sei, daß sie die reaktionären Ziele des neuen Anschlag ans Mussolini vereitelt Rom, 8. Juni. Ei« LSjähriger Italiener, de, geständig fett» soll, «ine« Anschlag auf Mussolini geplant zu hab«» wurde am Sonnabent auf der Piazza Venezia verhastel Er «a, im Besitz von zwei Bombe« «nb einem R«, volver. Bet der Untersuchung wurde Set ihm «i» Schweizer Paß auk den Name« Angelis Galvtni g«, funben, jedoch soll sestaestellt worbe« sein, baß sein richtig» Name Sbarbelotto ist. Der Verhaftete bürste de« Sondergerichtshof zum Schutze des Staates Übergeb«« werben. ES heißt, baß e» sich um einen italienischen Enü. granten handelt, der 1028 aus Italien in die Schweiz über, gesiedelt ist. Er soll bereit» im Oktober nach Rom g«. kommen sein «nb seither seinen verbrecherischen Plan gehegt haben, ohne jedoch die Gelegenheit zu seiner Ausführung g«. funken zu haben. Schars» KN« Dr. Schach« Berlin, 8. Juni. In der Zeitschrift,Bolk und Reich" verösfentltcht der früher« Reichsbankpräsident Dr. Schacht einen Aufsatz über die dentsche ReparationSpolittk. Der Auf satz ist noch vor dem Rücktritt Dr. Brüning» ver faßt worben. Dr. Schacht erklärt u. a.: ES gab und gibt verschiedene Ansatzpunkte für die Inangriffnahme der Er ledigung der Reparationsfrage. Sie sind teils politisch, teils wirtschaftlich. Poltttsch ist der Gesichtspunkt, daß man ein Volk nicht über zwei Generationen in Tributpflicht halten kann. Politisch ist ferner der Gesichtspunkt, daß der Ver sailler Vertrag auch in der NcparationSfrage einen krassen Bruch der VorkricgSabmachungen darstellt. In das wirt schaftliche Siebtet fallen zwei andere Gesichtspunkte, einmal die Tatsache, daß die einseitigen Tributleistungen den ganzen internationalen Warenaustausch in Unordnung ge bracht haben und die Volkswirtschaften fast der ganzen Welt empfindlich stören. Nein wirtschaftlich ist ferner der Gesichts- punkt, daß die deutsche Volkswirtschaft die Tributlasten ein fach nicht ansbringen kann. Dabei tritt die Frage der valutartschen Transferierung immer stärker in den Hintergrund gegen das Problem der Aufbringung der ungeheuren Lasten, die daö deutsche Volk im Verlauf weniger Jahre in das größte Elend hineingeführt bat. Alle diese Ansatzpunkte haben zu keiner klarbewußten Linle in der deutschen ReparationSpolittk geführt. Insbesondere ist der Kampf um eine Rückbildung des Ver sailler Vertrages aus die Wilsonschen 14 Punkte bisher niemals ausgenommen worden. DaS Argument von dem unterdrückten, für zwei Generationen tributpflichtig gemachten Volk ist deshalb so wertvoll, weil cS in das Gebiet der AbrttstungSfrage so entscheidend hinüberschlägt. Aber auch von den wirtschaftliche« Argumente« ist daS der Transserierunmöglichkett niemals von unserer po litischen Leitung richtig verstanden oder auSaenutzt worben. Im Gegenteil hat man durch die Inanspruch nahme riesiger AuSlandskredtte diese Frage geradezu bewußt oder zum mindesten leichtfertig verschleiert. DaS Verbrechen, daS die sozialdemokratische Innenpolitik da mit am deutschen Volk begangen hat, wirb sich erst in seiner ganzeu Schwere erweisen, wenn eS an die Be, zahlung der zwanzig Milliarden privater Auslands schulden geht. Ebenso hat sie auch die Ausnutzung des anderen wirtschaft lichen Arguments, nämlich der Auspowerung der deutschen Volkswirtschaft verhindert, weil man den Arbeitcrmassen nicht sagen wollte, daß zwei Milliarden jähr- licher Tribute aus keiner Volkswirtschaft herauSgeholt werden können, ohne daß die Löhne und Lebenshaltung der breiten Mallen darunter leiden müllen. ES ist kein Ver dienst der deutschen Politik, daß die wirtschaftliche Entwick lung zwangsweise zu einer Erkenntnis geführt hat, die man von selbst nicht sand oder nicht sinden wollte. SS ist der Regierung Brüning kein Verdienst bei zumessen, daß sie die SlcndSpolitik nun gewissermaßen zum Grundsatz der Reparationspolitik erhoben hat. Sie »st auch hier die Gefangene der begebenen Entwicklung, nicht die Führerin. DaS ,Lu spät", welches über der ganzen Politik der letzten zwei Jahre gestanden hat, erhält durch diese Fest stellung seine tragische Bedeutung. Man vergegenwärtige sich einmal folgendes: die Ausländer haben große Kredite nach Deutschland gegeben und sichen nun vor der Unmög lichkeit, daS Geld rechtzeitig zurückzubckommen. Schuld daran sind zwei Ursachen, einmal die Verschlechterung der Devisenlage und zweitens die Verschlechterung der Wirtschaftslage. Man kann verstehen, daß die erste Ursache, eine solche ist, sür die sich die Ocfscntlichkcit, also RcichSbank und Reich, mitverantwortlich fühlen. Die zweite Ursache, die wirtschaftliche Verschlechterung des Schuldners, ist aber eine Angelegenheit, die der Gläubiger und der Schuldner miteinander auSmachen müllen. Die naturgegebenen Maß nahmen wären also gewesen, für den ersten Fall ein Transfermoratorium, d. h. Zurückzahlung der Schulden nicht in fremder Valuta, aber in gesperrter Reichsmark, und für den zweiten Fall eine Austragung zwischen den beteiligten privaten Kreisen untereinander. Was man statt dessen gemacht hat, ist wiederum eine Verschleierung der Verhältnisse, indem man durch die Stillhalteverhandlungcn aus einem Transsermoratorium faktisch ein Schuldenmoratorium gemacht hat. Kurses mit einer solchen Offenheit proklamieren würde, wie dies tatsächlich geschehen sei. Sie sei zweitens eine Ueberraschung, da sie nichts Besseres zu sagen Wille, al« da» Kabinett Brüning mit allem zu belasten, was sie aa Schwierigkeiten vorftnde. -Kurs Kabinett Kerüzrlos tu Griechenland Athen, 8. Juni. BenizeloS hat nach dem kurz«« Zwischenspiel PapanastasiuS nunmehr wiederum bas Sa- binett gebildet. Außenminister ist wie in seinem letzt«» Kabinett MichalakopuloS. Die neue Regierung hat heute mittag den Eid aus die Verfassung abgelegt. Die Sedier »er Brüningschen Tributvelilik o Diese Regelung hat ferner dazu geführt, da- man lang fristige «nb kurzfristige AuSlanbSdarlehe« ihrer Natur ent gegen behandelt hat. Da» Typische ist, baß man von deut scher Seite au» nicht eine entsprechende offene klare Regelung herbeisührt, sondern daß man den ausländischen Rat «nb ausländische Initiative im Verhandlungsweg selbst da er bittet, wo man au» der besseren Kenntnis der deutschen Ver hältnisse die sinnvollen Maßregeln von sich aus tresfen könnte. Wer da» Gesetz de» Handel«» au» der Hand albt, darf sich nicht «ander«», »en« daS Handel« »eg«« ihn an»« schlägt. Weber in England, noch in Amerika, ja nicht etnmal in Frankreich, wissen die Politiker, was sie in der Reparations frage tun sollen. Der sichtbarste Ausdruck dieser Unsicher bett sind die VertagungSwttnjche für bi« Lausanner Kon ferenz, wie sie aus allen drei genannten Ländern laut werden. Man braucht« kein Unglück Larin zu sehen, wenn diese Wünsche durch einen Verzicht auf die derzeitige Kon ferenz erfüllt würden, sofern man alsdann nur durch Schaf fung von Tatsachen für den etwaigen späteren Konferenz termin eine klare Plattform herbetsührte. Gluck Abend im Hellerauer Festspielhaus Sine eindrucksvolle Aufführung der Aultdtfchen Iphigenie Fast genau zwanzig Jahre ist eS her, daß im damals ganz neuen künstlerischen Heim der Dalcroze-Schule, dem Hellerauer Festspielhaus, der „OrpheuS" von Gluck ausge führt wurde. Dieses Ereignis hatte damals Beachtung in ganz Deutschland und darüber hinaus gefunden. Denn der besondere Stil der Gluckschen Opern verlangt, um mit seiner eigentümlichen Mischung von Spätbarock, Frührokoko und antikischer Renaissance uns nahezukommen, einen Kem Theater von heute möglichst entrückten Nahmen. Mit ter Hellerauer Stilbühne ist ein solcher gegeben. Darum war eS ein guter Gedanke, -en schon lange ge planten großen neuen Gluck-Abend der Dresdner Oper s— vor Jahren dachte man an eine „Armide"-Auliührung im Zwinger —) nun ebenfalls wieder nach Hellerau zu ver legen. Zumal die Iphigenie in Aulis", dieses durch WagnerS Bearbeitung mit der Geschichte unserer Oper am engsten verflochtene Gluck-Werk, noch viel mehr als „OrpheuS" oder „Armide" von der JllusionSbühne in unserem Sinn wegstrebt. Denn sie ist und bleibt nun einmal doch ein Kind des kothurnhasten, schallend pathetischen, mit gewaltigen Leiden schaften spielenden, dann aber plötzlich wieder in sorglos hingebreitete tanzfreudige Idylle ausbiegenden Pariser Opernstils -er Marie-Antoinette-Zeit. Spielen wir aber nun solches Pariser Theater von Anno 1774 an der Stelle an der wir sonst „Lohcngrin" oder „Othello" zu sehen ge wohnt sind, so weht »ns der Hauch eines vergangenen Stiles befremdend an. Trägt jedoch schon die ganze Umwelt und Aufmachung den Eharaktcr des theatralisch Ungewöhnlichen, so wird es uns leichter, über entfremdete Formen hinweg die Seele des Kunstwerks zu finden. DaS ist der tiefere Sinn solcher Ausführungen, wie wir vorgestern eines erlebten. Darum »vollen wir, obwohl wir'S im Opernhaus „bcguem" haben könnten, in solchem Falle gern einmal nach Hellerau hinauSptlgern. Wollen in dein schmucklos flächigen Saal TessenowS sitzen, daS klein« ver- senkte Orchester hören und eine Stilbühne sehen, die mit Theater und Dekoration nichts mehr gemein hat. Sie war im Falle „Iphigenie" vielleicht sogar etwa» gar zu asketisch gestaltet worden. Selbst die leiseste Wirklich- keitSandeutung, etwa durch «ine griechische Säule, erschien vermteden. Nur graue und rote Treppenpodeste, abgegrenzt von flachen Hellen Wänden oder Vorhängen bildeten die Spielfläche. Die eigentümliche zerstreute Helle indirekter Beleuchtung erfuhr auch kaum je eine DttmmungSschattle- runa. Einzig beim rettenden Eingreifen Ler Göttin, die bet solcher PrimUirrszentk füglich nicht e» umebstm kommen konnte, mußte Dunkelheit und Scheinwerferltcht Helsen. (Daß gerade in dein Augenblick ein armes Schwälblein sich durch eine VentilationSösfnung herein verirrte und ängstlich über der Bühne flatterte, war ein unfreiwilliger, un erwünschter Essekt.i Das einzige, was immerhin zum Be wußtsein brachte, daß man sich in Gesellschaft homerischer Griechen befand, waren die Trachten, die auf matte ge dämpfte Farben gestimmt, durchweg historisch wirkten. Dagegen führten die darstellerischen Bewegungen teil weise schon wieder zum Ungewöhnlichen. Zwar was Aga memnon, Achilles, Iphigenie, kurz die Solisten machten, war ziemlich normales Thcaterspicl, und in einer Massenszene brach sür Augenblicke sogar ein bißchen Realistik durch, als die Krieger des Agamemnon wie geübte, kettebildende Schupos daS zum Opseraltar drängende Volk zurückhielten. Sonst aber waren die zwei Drittel der Oper umfassenden Choraustritte ganz aus unwirkliches tänzerisches Schreiten, auf lebende Plastik, auf turnerischen FeittbungSstil sogar eingestellt, der sich in festlichen und kultischen Entwicklungen des Balletts ins rein Tänzerische steigerte. Immerhin: — Schum und Ellen v. Lleve-Peh, Mahnke, Brandt und Fanto haben mit dieser Art szenischer Aufmachung, mag sie nun hier und La auch brüchige Stellen gehabt haben, doch jedenfalls etwa» erreicht: sie haben Stimmung geschaffen, wirklich Stimmung für die dramatischen und musikalischen Werte des Werkes. Und diese haben sich wieder einmal viel lebenskräftiger gezeigt, als man ihnen gemeinhin zutraut. Mag sie uns zehnmal durch Schule und Bildung»- philisterei verekelt sein, diese ganze homerische s— oder in diesem Fall eigentlich vorhomerische —) Welt: e» steckt eben doch so unendlich viel urmenschliche Poesie drinnen, daß man über den König, -er der Politik daS Leben -er eigenen Tochter opfern soll, über da» liebliche jungmädchenbafte Opfer selbst, über -te verzweifelt« rasende Mutter, »en heiß blütigen, rachelttsternen Geliebten und den mit kaltherziger Herrschsucht daS Menschenleid gebietenden Priester, — Laß man über all diese Verkörperungen ewig wiederkehrender Menschenschtcksale im entscheidenden Augenblick doch wieder reinweg heulen muß. Und wenn dann schließlich -er große Gzeniker Wagner hinter die alte Familtentragödt« noch da» welthistorische AuSrusungSzeichen „Nach Troial" seht, andeutend, -aß das Schicksal des einzelnen doch nicht», da» Völkerschicksal alles ist, so fühlen wir uns gerade heute gar seltsam erschüttert und an eigenstem Lebensnerv berührt. Da gewinnt dann auch die küble Hoheit »er klassizisti schen Musik -e» Ritter» Gluck aus einmal wieder LebenS- wärme. Noch auf der langen Weltreise hinaus nach Hellerau, die zum Nachdenken ja Zelt genug läßt, hat man sich ge fragt: Ob sie dir nun heute auch noch gefallen werden, all« »te Lieblingsstellen, sür »te du in -en Kinberjahren »einer Opernzeit geschwärmt hast? Der leidenschaftliche Monolog Le» Agamemnon, Ler pompöse Priestertriumphgesang „Ihr Könige so groß und »och Sterbliche nur", Lie mit zartem Oboenton untermalten Klagen der Iphigenie, KlytänincstraS wilüentfesselter Nachegesang „Schleudere Zeus flammende Blitze", Lie schmetternde D-Dur-Heldenarie des Achill, da» leidenschaftliche Streitduett der beiden Könige? Nun — sie haben gefallen! Mit Andacht und Rührung hat man sie gehört und vieles andere auch, wie etwa den schlichten volks liedhaften Chor „Welch ein Reiz" und so manche seingetönte stillere Episode. Richard Wagner klagte, daß bei den Dresdner» von 1847 die .Zphigenie in Aulis" als total veraltet verschrien gewesen sei. Die 600 Dresdner von 1092, die vorgestern die Ausführung im Hellerauer Festspielhaus erlebte», waren ganz anderer Meinung. Die Liebe und Hingabe, die sich in dem schon geschilder ten Ringen der Gzeniker um die Gewinnung eines ange messenen Darstellungsstils bekundete, war auch auf Seit« der Musiker und Sänger zu sinden. Fritz Busch wußte die kraftvolle, klassisch klare Linie der Partitur eindringlich herauszuarbeiten, ohne aber das Klangliche zu kurz kommen zu lassen. Dieses ist durch die sorgsamen Retuschen Wagner» zu sehen von mancher Sprödigkeit befreit. Aber man war doch erstaunt, wie schön, voll und rund, fast sarbig da» Orchester klang, obwohl die örtlichen Verhältnisse nur «in« verhältnismäßig schwache Besetzung zuließen, und die itese Versenkung für die Akustik an sich nicht sehr günstig ist. Die Tempi waren ganz so wie Wagner unter Herstellung der verloren gegangenen Gluckschen Neberlieferung sie gefordert und festgelegt hat. Für das Gesangliche erschienen lauter schöne und junge Stimmen eingesetzt. ES bedeutete wohl ein kleines Miß geschick, daß Sven Nilsson, der Vertreter des Agamem non, sich wegen Indisposition entschuldigen lassen und die Eumentüen-Arle streichen mußte. Er mar dadurch auch dar stellerisch etwas gehemmt; aber trotzdem blieb sein Gesang nicht ohne Schönheit und Ausdruck. DaS Gleiche gilt von seinem Widersacher KalcheS. obwohl auch Böhme- Stimme ein bißchen belegt klang. Er tat gut daran, die für einen Baß von heute übermäßig hohen Lagen nach unten zu singen. So wirkte alles ungezwungen, edel und groß. Dagegen machte es Lorenz als Achill Freude, sein« mühelose glänzende Höhe mit Wahrung der vollen Original lagen zu zeigen. Er verpulverte in seiner berühmten Hel denarie, die dereinst so begeisternd gewirkt hatte, daß Marie Antoinette» Offiziere im Parkett aufsprangen und die Degen zogen, «in hohe« i, nach dem andern, ging auch sonst mit großer Klangsreude zu Werk und mit einem jugend lichen Temperament und Ungestüm der Darstellung, die wirklich etwa» Vegetsternde» hatte. Seine Iphigenie war Elsa Wieder, ganz jenen lichten gesanglichen Wohllaut verbreitend, den man von ihrem Sopran in solchen Rollen Holter Mädchenhaftigkeit nun schon gewohnt ist, auch edel und anmutvoll in -en Be wegungen, rührend poetisch in Ler Erscheinung, «ine JLea« gestalt. Fast Slvtämnestra, wie ihre M» trotzdem dein, die Racheakte, Achill wurde sührung. Silberhell von Wagner «klingen, krc dielt Horst s dem Hochzeit« dierende Baßj Der Chor nerischen Gr» trüben. Err e» gewann all war auch die D o m b o i s - pach und P« Ein ans stehendes Pu letzten Platz, und zweiten einige Augen besser als alle erst setzte lau stürmisch steig einen Ersolg. geringerem ll> Mensa Berlin, 8. Ist von den Be eine Falschmü strafte 76) aus und Graphtke verhaftet, allein und ebe gestellt, und zi von etwa Mm Leugnen ein u «r und seine s Blutiger < Trier, 8. Sonnabend zr tigen AuS ligtc wurden Schüsse schi «ine andere F tungen der bi t r ii m m ert. den Wohnun Nassen. Weimral In Diiss Dresden dor verstarb in d< SS. LcbenSjal Medizinalrat Dr. jur. h. c bedeutenden l er schon als M. Jahre ve» Schloßmann ging sofort d Erster «rösfr Kinder. 18Ü7 dem er in Fr war, das erst erste Großta Machte. IM Modernes St allen Gvgenl klllsah rieten bst Simse vradimal Berlin, 8. Erlaß herauSgi Zeit geprägter mangelhafter N anstalten, obw handensein dies Pfennigstücke d< Sassen angewi Arbeitern bei Lohnzahlungen auSzuzahlen. MM A »„ii»,«.; BollstbungSsaal eine Gebenrfei« Reichstages, Ge Hr. Wilhelm wohnte neben b de» Verstorben Reichsregierung schienen. Den ' bank schmückte vier Ecktürmen halbmast gesetzt Als erster schmidt, der Universität, bi« Heimer Konsisto Halle, Präses i dar, was Kahl Redner hob be Sahls in der Versammlung h widmete dem mentarier letzt« ;<n» z Neuyorl tagMextko! verheerenl Mexiko-Stadt gelegenen Geg, zahl der Tote, fallen Söll aus st-liSco. Man steigen wird, l Am schwersten Maöcota g« rechnen, sind d geschlossen »o» Bebens im G tesindet.