Volltext Seite (XML)
politische Umschau. Sschvlcher Gllenbalrnrat. Der der Generaldirektion der Sächsischen Staats eisenbahnen beigeordnete Eisenbahnrat hielt am 6. Juli 1911 unter dem Vorsitz des Präsidenten der Generaldirektion Dr. Ulbricht in Dresden seine 64. Sitzung ab. Zunächst würden von dem Refe renten der Generaldirektion Mitteilungen über die Verhandlungen in der ständigen Tarifkommission ver deutschen Eisenbahnverwaltungen über die Stellung großräumiger Wagen für Leichtgüter ge macht. Sodann befürwortete der Eisenbahnrat nach längerer Verhandlung einstimmig eine Neuordnung der Tarifführung von Holz in dem Sinne, daß alle nicht dem Spezialtarif 3 angehörigen Hölzer ohne Unterschied der Sorte dem Spezialtarif 2 rugewiesen werden. Beschlüsse der ständigen Tarifkommission über die Tarifsührung von Futtergemischen und Melassefutter sanden nur teilweise die Billigung des Eisenbahnrates. Er sprach sich zwar mit großer Mehrheit für Verweisung der Futter gemische in die allgemeine Wagenladungs klasse, dagegen mit Stimmengleichheit gegen die Versetzung von Gemischen aus Roggen- und Weizen kleie in den Spezialtarif 3 und mit Mehrheit gegen die Beschränkung der Tarifstelle „Melassefutter'' des Spezialtarifes 3 auf Mischungen von Melasse mit nur einem im Frachtbrief zu benennenden Träger aus. Einen aus seiner Mitte gestellten Antrag auf Einreihung von lebenden Pflanzen in das Ver zeichnis der bedeckt zu befördernden und in die Liste der in großräumigen bedeckten Wagen zu befördern den Güter nahm der Eisenbahnrat einstimmig an, Den Schluß der Verhandlungen bildete eine Be sprechung des Winterfahrplans 1911/12. wie Kiüerlen»wältlter arbeitet. Der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, Alfred von Kiderlcn-Wächter, der augenblicklich durch sein tatkräftiges Vorgehen in Marokko den Mittel punkt des politischen Interesses der Welt bildet, ist, wie der „Inf." von diplomatischer Seite geschrieben wird, ein unermüdlicher Arbeiter. Er kennt nicht sogenannte Bureaustunden, während deren er arbeitet, und andere Stunden, in denen er von seiner Arbeit nichts weiß und wissen will, sondern sein Amt ist sein Leben, und sein Leben ist seine Arbeit. Wie es gerade jedesmal der Fall erfordert, so ist er bei Tag und bei Nacht für sein« Ideen tätig, ver- schmäht es aber auch nicht, sich gründlich auszuruhen, wenn er nicht durch feine Pläne beunruhigt wird. Er bat schon jetzt gezeigt, daß er zu den bedeutenden Diplomaten der Welt zu rechnen ist: — nicht umsonst gilt er als einer der besten Schüler Bismarcks — und wie alle bedeutenderen Diplomaten, betreibt er seine Tätigkeit nicht als Handwerker, die ihr Tagewerk fertigstellen, sondern wie ein Künstler, der ständig von feinen Ideen und Plänen erfüllt ist. Während seiner Gesandtentätigkeil in Kopenhagen vom Jahre 1895 bis 1899 galt er als einer der besten Kenner dänischer Verhältnisse, da er überall bestrebt ist, in Las Wesen der Dingö vorzudringen. Während seines Aufenthaltes in Bukare st hat er sich zu dem besten Kenner der Balkanverhältnrsse ent wickelt, weil er auch hier mehr war, als ein Vertreter Les Reiches. Er wurde ja deswegen auch wiederholt mit der Vertretung des Freiherrn von Marschall, des deutschen Botschafters in Konstantinopel, wäh rend vieler Monate beauftragt. 2Lenn man die Art, wie Kidcrlen-Wächter arbeitet, berücksichtigt, dann muß man an hervorragender Stelle darauf Hinweisen, daß er wie kein Zweiter die Diskretion zu handhaben weiß. Er ist wett davon entfernt, sich nach der land läufigen Art mit tiefem Geheimnis zu umyüllen, son dern ist bei unwichtigen Dingen gesprächig und gibt gern über alle interessierenden Fragen Auskunft. Ebenso offenherzig, wie er in diesen unwichtigeren An gelegenheiten des Lebens ist, so verschwiegen und un ergründlich ist er, wenn er daran geht, irgendeinen be deutenden Plan zur Ausführung zu bringen. Da ver rät er sich durch keine Alien«, durch kein Wort und durch keine noch so gleichgültig erscheinende Handlung. Darum war auch die Ueberraschung bei der Entsen dung Les „Panther" nach Agadir allgemein so groß. Es ahnte niemand etroas, und kein Mensch konnre vorher geheimnisvoll munkeln. Es liegt nicht in seiner Art zu reden. Charakteristisch dafür ist ein ge legentlicher Ausspruch von ihm: „Man darf nur reden, wenn man nichts plant." Er wartet den rich tigen Augenblick ab, und wenn dieser gekommen ist, dann folgt die Tat. Auch hierin ist er ein echter Schüler Bismarcks, der stets liebenswürdig und ge sprächig war, und trotz der vielen Worte keinem Menschen etwas sagte, sondern im Dunkeln die Tat heranreifen ließ. Kiderlcn-Wächter hat sehr viele Freunde und begeisterte Verehrer, aber auch, wie es bei einem solchen Manne nicht anders sein kann, viele Gegner, die indes hoffentlich nicht verhindern können, daß er noch lange und oft zum Segen des Vaterlandes tätig sein wird. Rückgang üer IsnümirtlckalMchen „Sschlengsngerej". Nach den letzten Untersuchungen ist ein Rück gang der Sachsengängerei aus den deutschen Gebieten zu verzeichnen. Die letzten auf amtlichem Material beruhenden Publikationen liegen bis zum Jahre 1885 zurück. Erst in den Jahren 19l)9/10 sind neue Erhebungen veranstaltet worden, die demnächst veröffentlicht werden. Im Hauptgebiet der Sachsen gängerei im Warthe- und Netzebruch ist vor allem ein starker Rückgang der Bevölkerung eingetreten. Die Einwohnerzahl des Kreises Landsberg z. B. ist von 63 714 rm 2ahre 1885 auf 55 690 im Jahre 1905 zurückgegangen. Die einzelnen Ortschaften im ge nannten Kreise haben bis zu 45 Proz. und darüber verloren, derselbe Rückgang der Bevölkerung ist im Kreise Ost-Sternberg zu finden. Im Kreise Lands berg a. W. verminderte sich die Zahl der Sachsen gänger in 27 Ortschaften, die 1885 sämtlich noch über 20 Proz. Abwanderer hatten, relativ um 36 Proz., d. h. von 2998 auf 1918. In der Ostmark nimmt die Einwohnerzahl ständig u. Im Kreise Ostrowo sind Ortschaften, die seit >885 eine Bevölkerungszunahme von 40 Proz.. 60 Proz. und darüber zu verzeichnen haben. Aber auch hier ist eine Abnahme der Abwanderung von Sachsengängern zu konstatieren. So betrug z. B. der Fortzug aus dem Kreise Krotoschin im Jahre 1892 792 Männer und 298 Frauen, im Jahre 1908 nur noch 321 Männer und 163 Frauen. Im Kreise Ostrowo, der, wie gezeigt, eine starke Zunahme der Bevölkerungsziffer zu verzeichnen hat, erfolgte ein Rückgang von landwirtschaftlichen Sachsengängern von 1935 auf 1046, im Kreise Iarotochin von 1679 auf 907 für dieselben Jahre. Den Kreis Schrimm verlassen als Sachsengänger alljährlich etwa 2 Proz. der Bevölkerung. Schroda 1,4 Proz., Wreschen 1,1 Proz., Kosten 2,1 Proz., während in den Süd kreisen der Provinz Posen die Sachsengängerei 8 bis 10 Proz. der Bevölkerung beträgt. In den der Pro vinz Posen benachbarten schlesischen Kreisen Gr.» Wartenberg, Milttisch, Namslau ist die Abwanderung stabil geblieben. Nicht zum geringsten hat der Rück gang darin seinen Grund, daß die Arbeits- und Lebensbedingungen auf den Gütern des Ostens sich bedeutend gebessert haben. Man arbeitet wieder auf den Gütern der Heimat, da diese jetzt dieselben hohen Löhne bezahlen wie die westeloischen Güter. Deutlches Kelch. Leipzig, 8. Juli. * Ueber eine merkwürdige Umfrage durch die Gendarmerie in der Amtshauptmannschaft Glauchau, und zwar über verschiedene Fälle, wird den „Dresdn. N. N." in unzweifelhaft glaubwürdiger Weise fol gendes berichtet: „Danach haben Gendarmen sowohl direkt wie auch auf dem Umweg bei andern Per sonen amtliche Erhebungen darüber angestellt, ob Lehrer dem Landwirtschaftlichen Verein angehören, ferner ob an die Lehrer von der Leitung des Lehrervereins Aufforderungen ergangen seien, aus dem Landwirtschaftlichen Verein auszutreten. Es sind sogar Lehrer gefragt worden, ob sie etwa die Absicht hätten, aus dem Landwirtschaftlichen Verein auszutreten. In einem Falle ist dabei an gedeutet worden, dies leltsame Ermittlungsverfahren sei von der Regierung angeordnet." Die „Dresdn. N. N." bemerken dazu: „Wir zweifeln keinen Augen blick daran, daß die sächsische Staatsregierung diesem höchst merkwürdigen Verfahren gänzlich fernsteht, halten es aber für notwendig daß eine Aufklärung darüber erfolgt, welche amtliche Stelle ein so großes Interesse an der Mitgliedschaft der Lehrer in einem landwirtschaftlichen Verein hat, daß sie Lehrer oder Leute, die Beziehungen zu den Lehrern haben, durch Gendarmen in solcher Weise inquirien läßt." * * Die Vorarbeiten für die anderweitige Rege lung der Sonntagsruhe cm Handelsgewerbe, die rm Reichsamt des Innern seit längerer Zeit geruht haben, werden demnächst wieder ausgenommen werden, nachdem Groß-Berlin auf diesem Gebiete selbst ständig vorgegangen ist und sich eine gesetzliche Rege lung der Angelegenheit durch Reichsgesetz empfiehlt. Voraussichtlich wird ein diesbezüglicher Gesetzent wurf dem Reichstage im nächsten Frühjahr zugehen. * Das Kanonenboot „Panther" wird, wie die „Dam. Neuesten Nachr." melden, nach seiner Heim kehr in Danzig wieder in Stand gesetzt werden. Dann soll es den Frontdienst wieder aufnehmen. * Reichsmarineamt und das Wirthsche Fernlenk boot. Das Neichsmarcneamt hat mit dem Erfinder des Wirthschen desatzungslosen Fernlenkbootes Ver handlungen eingeleitet, die auf eine Nutzbar machung der Wirthschen Erfindung für die deutsche Reichsmarine abzielen. * Ernst Matthias von Köller. Am 8. Juli vollendet der Staatsminister, Staatssekretär a. D. Ernst Matthias v. Köller sein 70 Lebensjahr. Er ist am 8. Juli 1841 zu Cantreck der Gollnow in Pommern geboren, studierte in Heidelberg und Ber lin Rechtswissenschaft und war von 18ti8 bis 1887 Landrat des Kreises Cammin. Von 1881 bis 1887 gehörte er als Mitglied der deutsch-konservativen Fraktion dem Reichstage an. Der Kaiser berief 1908 den reichverdienten Staatsmann in das Preu ßische Herrenhaus, in welches er am 17. März 190t) eintrat und in dem er wiederholt, namentlich noch letzthin bei der Besprechung der elsaß-lothringischen Frage, rednerisch hervorgetreten ist. Ernst Matthias v. Köller hat als Praktiker in Politik und Ver waltung ganz hervorragende Fähigkeiten bewiesen. * Ein Vortrag Rießers in Dortmund. Geheimrat Rießer begibt sich dieser Tage nach Dortmund um dort in einer großen öffentlichen Versammlung zu sprechen. Vermutlich wird die rheinisch-west fälische Gruppe des Hansabundes dann rekon struiert werden. * Die Reise des preußischen Landwirtschafts ministers ins hannoversche Moorgebiet. Der Land wirtschaftsminister Frhr. v. Schorlemer tritt am Montag, den 10. d. M., eine Reise in das hanno versche Moorgebiet an, die mehrere Tage dauern wird. Der Landwirtschaftsminister will eine noch malige Besichtigung der Moore vornehmen, um durch eigene Anschauung Material für bedeutsame Entschließungen zu gewinnen, die zurzeit über die Kultivierung der Moore schweben. Der Minister wird auf seiner Reise von dem Dezernenten für Moorkultur Geheimen Regierungsrat Peltzer und von mehreren anderen Referenten begleitet sein. * Die Vl. Tagung Deutscher Berufsvorwiinder findet Sonntag, den 17., Montag, den 18., und Diens tags den 19. September 1911, in Dresden statt. Aus der Tages-Ordnung stehen folgende The mata: Die Bedeutung der Berufsvormundschaft für die Vereinsarbeit: Jahresbericht des Archivs Deutscher Berufsvormünder: Die Mißstände in der Rechtslage des unehelichen Kindes im Deutschen Reiche: Erörterungen einzelner Fragen der berufs vormundschaftlichen Praxis: Berufsvormundschaft für Geisteskranke. * Warnung vorSachsengängcrei. Vor derSachsen- gängerei, insbesondere vor der Auswanderung nach Thüringen, warnt die katholische „Augsb. Postztg." die Landbevölkerung Bayerns. Die Zuzügler nach Thüringen, schreibt sie, „gehen regelmäßig der katho lischen Kirche verloren, zumal wenn sie in rein pro testantische Gegenden ziehen, da gerade die alt bayerische Bevölkerung auf die Unterscheidungslehren zu wenig aufmerksam gemacht ist. Religiöse Gleich gültigkeit, gemischte Ehe, evangelische Kindererzichung, Austritt aus der Kirche ist der nur zu regelmäßige traurige Weg, den die Sachsengänger gehen." Die Geistlichkeit solle in Kirche und Schule auf diese Ge fahren aufmerksam machen, zumal die Wohnungs verhältnisse oft auch große sittliche Gefahren mit sich brächten. * Die Frage der Benutzung von Automobilen für Dienstreisen hat jüngst die preußische Finanzoerwal- tung beschäftigt. Ein Erlaß von Bestimmungen über die Benutzung von Automobilen bei Dienstreisen ist für die nächste Zeit nicht beabsichtigt. Zurzeit wird das Material gesichtet, das die übrigen Ressorts über ihre Erfahrungen in dieser Richtung rur Ver fügung gestellt haben. Es ist nicht ausgeschlossen, daß das Staatsmrnisterium sich mit dieser Angelegen heit später beschäftigen wird. Vorläufig bleibt die Benutzung von Automobilen dem Ermessen der ein zelnen Ressorts überlasten. Im allgemeinen sollen Automobile nur bei kurzen und wichtigen Dienst reisen verwandt werden, wenn dadurch die Abwicke lung mehrerer Dienstgeichäfte in kurzer Zeit erleich tert wird und dadurch eine gewisse Ersparnis herbei geführt wird. Eigene Automobile für die Zivil verwaltung zu verschaffen, ist vorläufig nicht beabsichtigt, da selbst bei billigeren Automobilen in folge der hohen Reparaturkosten höhere Summen aufgcwandt werden mästen als bei der Benutzung der gewöhnlichen Verkehrsmittel. * Der hessische Landtag wurde am Freitag nach- mittag ein Uhr im Residenzschloß in Gegenwart fast sämtlrcher Mitglieder der beiden Kammern und der Minister durch den Kroßherzog geschlossen. Der Großherzog hielt eine Thronrede, in der in erster Linie das glückliche Zustandekommen der Wahl rechtsreform als besonderes Verdienst der zu Ende gehenden Landtagsperiode bervorgehoben wurde. Das gleiche gelte von der Steuerreform. Weiter hebt die Thronrede das Zustandekommen der Gesetze über die Verwaltungs- und Rechtspflege, die neue Stadt- und Landgemeindeordnung, die Abänderung der Kreis- und Provinzialordnung, sowie der Gesetze betreffend Arbeiterschutz und Unsallverbütung bei Bauten hervor. Ueber die Finanzlage des Landes beißt es, daß diese sich seit Beginn der Tagung ge bessert habe, immerhin aber noch nicht als rn jeder Hinsicht befriedigend bezeichnet werden dürfe. Be sonders erwähnt die Thronrede das Wachsen der Ueberschußteile aus der preußisch-hessischen Eisen bahngemeinschaft und bedauert, daß die Wünsche wegen der Beamten- und Lehrergehälter nicht be friedigt werden konnten. Nach dem Verlesen der Thronrede erklärte der Staatsminister den Landtag für geschloßen. Kuslsnü. Oesterreich-Ungarn. * Zum Krisengerücht aus dem österreichisch ungarischen Kriegsminifterium. Die „Wiener Dtsch. Korr." schreibt: Einige Blätter haben aus dem Um stande, daß der Kriegsminister Freiherr v. Schön aich an den Festlichkeiten anläßlich des Stapel laufes des ersten Dreadnoughts nicht teilgenommen hat, geschlossen, daß seine Stellung erschüttert und demnächst sein Rücktritt zu erwarten sei. Dieser Schluß war insofern nicht begründet, als es seit langem bekannt ist, daß zwischen dem Thronfolger und dem derzeitigen Kriegsminister eine starke Spannung besteht, die letzteren veranlaßt, überall abwesend zu sein, wo der Thronfolger anwesend ist. Dieser Zustand besteht schon seit Jahr und Tag und darum berechtigt die Nichtteilnahme des Freiherrn von Schönaich an dem Stapellauf an und für sich noch nicht zu der Annahme, daß er bald einen Nach folger erhalten werde. England. * Glückwunschtelegramm des Deutschen Kaisers an den Schiffbauerkongreß. An dem Festmahl des Kongresses der Schiffbauer, wobei Mar quis Bristol den Vorsitz führte, nahmen die aus wärtigen Vertreter teil. Unterrichtsminisler Run- ciman verlas ein Telegramm des Königs Georg, der dem Kongreß allen Erfolg wünschte. Darauf wurde folgendes an den Herzog von Connaught ge richtete Telegramm des Deutschen Kaisers verlesen: „Bitte übermitteln Sie den Mitgliedern der Ver einigung der Schiffbauer meine aufrichtigsten und wärmsten Glückwünsche zu ihrem Jubiläum, das jetzt in London gefeiert wird. Möge die Vereinigung, der ich seit 16 Jahren als Ehrenmitglied unzu- aehören das Vergnügen habe, immer bleiben, was sie gewesen ist, ern machtvoller Förderer der Schiff baukunst und der Schiffingenieurkunst, und dazu dienen, in freundschaftlichem Verkehr hervorragende Männer aller Länder zu vereinigen, die ihre Zeit der edlen Aufgabe der Schiffbaütunst und Schiff ingenieurkunst widmen." * Der Hafenarbeiterstreik. Die Arbeiter auf den Londoner Docks haben die Arbeit bis zu der am Montag stattfindenden Konferenz zwischen den Ver tretern der Dockardeitcr und der Arbeitgeber wieder ausgenommen. Die Verhandlungen zwischen den Unternehmern und den Seeleuten in Leith blieben deswegen ergebnislos, weil die Arbeitgeber sich rveigern, den Verband der Dockarbeiter anzuerkennen. Die Docks sind geschloffen. In Glasgow sind die Aussichten, soweit die Dockarbeiter in Frage kommen, günstiger, doch macht sich kein Anzeichen bemerkbar, daß die Seeleute und Heizer die Arbeit wieder auf nehmen. Frankreich. . * Wegen antimilitaristischer Umtriebe wurden in Paris Haussuchungen in der Arbeitsbörse sowie im Bureau des Syndikats der Maurer und in der Wohnung zweier Mitglieder dieses Syndikats abgc- halten, die an der Redaktion und dem Versand eines Zirkulars beteiligt sind, wodurch die Soldaten auf gefordert werden, ihre Pflicht nicht zu tun. * Ein neues Spionagegesetz. Wie verlautet, wird der Kriegsminister schon im nächsten Ministerrat einen Gesetzentwurf über die Spionage vorlegen, der ähnliche Bestimmungen enthält, wie das deutsche Spionagegesetz. * Unruhen in Haiti. Der New-Porker Zeitung „Sun" zufolge ist cn Haiti seit 8 Tagen der Kriegs zustand proklamiert. Es haben Massenverhaf tungen stattgesundcn, aber noch keine Hinrich tungen. Portugal. * Die monarchistische Bewegung. Die Londoner „News" meldet, daß die portugiesische Kolonie Briefe aus Lissabon erhielt, die 6 Tage zurückliegen, und die von einer tatsächlich stattgefundenen, aber schnell seitens der Regierung unterdrückten blutigen Meuterei auf einem Kriegsschiff und im Lissabonner Arsenal berichten. In die Lissabonner Krankenhäuser seien allein über 40 Verwundete eingeliefcrt wor den. Die Regierung sei nach wie vor Herrin der Lage. * Die National««samwlung begann am Freitag die Beratung der Ve rfas sung Zum Zeichen der Trauer um die Königinwitwe Maria Pia wurde die Sitzung auf eine halbe Stunde unterbrochen. Norwegen. * Die Arbeiteraussperrung. Von den norwegi schen Arbeiterverbänden haben sich nahezu die Hälfte gegen die Proklamierung eines Sympathiestreiks er klärt. Die Führer der Gegenpartei setzen sich aus den bekannten sozialistischen Hetzern zusammen wes halb Ueberraschungen nicht ausgeschloffen sind. Der Aussperrung von 17 000 Mann sollen am Ende kommender Woche weitere 5000 Mann folgen. Neue Einigungsversuche beginnen am Dienstag. Türkei. . * Die Lage in Albanien. Der „Moniteur Orien tal" meldet: Die Vertreter der mohammedanischen Albanesen überreichten dem Großwesir eine Denk schrift, rn der sie die Ausdehnung der den Malissoren zu gewährenden Begünstigungen auf die übrigen Albanesen verlangen — Im türkischen Ministerium des Aeußern wird erklärt, daß eine merk liche Besserung in den Beziehungen zwischen der Türkei und Montenegro und in der Frage der Unterwerfung der Malissoren zu verzeichnen ist. Es handle sich nicht um die Mobilmachung einer mon tenegrinischen Division, sondern nur um eine Ver stärkung der Grenzwachen. Ohne daß die Pforte Aufklärungen über die Truppenzuiammenziehung verlangt hätte» habe Montenegro erklärt, es sei voll kommen davon überzeugt, dag die Pforte nicht be absichtige, es anzugreifen. Montenegro habe trotzdem seinen Grenzkorton verstärken müssen, um angesichts der Anhäufung einer starken türkischen Truppenmacht an der Grenze jedem Zwischenfall vorzubeugen. — Weiter wird gemeldet: Bisher sollen 80 Malifforen- samilien zurückgekehrt sein. — In einem außerordent lichen Ministerrat wurde über die Malistorenfrage beraten. Nach dem Ministerrat verlautete, daß eine abermalige Verlängerung der Unterwerfungs frist nicht ausgeschlossen sei. Dem Vernehmen nach wird das Kriegsgericht von Diakova aufgehoben. Nutzland. * Steuerverweigerungen in Rußland lebender Deutscher. Russische Blätter veröffentlichen Depeschen aus THarb in, wonach die dort lebenden deutschen Reichsangehörigen die Weisung erhielten, sich der russischen Jurisdiktion nicht zu unterwerfen und die Zahlung der von den russischen Behörden vorge schriebenen Steuern nicht zu leisten. An amtlicher Berliner Stelle ist eine Aufklärung über diese Alarm meldung nicht zu erlangen. Persien. * Drei neue Finanzexperten. Das Parlament nahm den Antrag des Generalschatzmeisters, drei weitere Finanzexperten einzustellen, fast ein stimmig an, und zwar sollen zwei Amerikaner, der dritte ein Europäer sein. Letzterer soll mit der Organisation der Ausgaben für die Gendarmerie betraut werden. EIjina. * Deutsche Heeresinstruktcure. China unterhandelt erneut mit Deutschland behufs Beurlaubung einer Reihe deutscher Offiziere zur Reorganisation des chinesischen Heeres. Die Verhandlungen befinden sich zurzeit noch im Vorstudium. Vereinigte Staaten. * Amerikanische Zahlungsansprüche an England. Staatssekretär Knox uno der britische Botschafter Brycc unterzeichneten den ersten Abschnitt des Ver trages, der sich mit den Zahlungsansprüchen be schäftigt, die zwischen den Unionstaacen und Groß britannien schweben, und mit den Bestimmungen für die Ueberweisung an ein Schiedsgericht, gemäß einem besonderen Abkommen, das im Herbst 1910 unterzeichnet worden ist. Die Gesamt forderungen belaufen sich auf meh re re M ill l onen Dollars, wovon einige aus der Zeit der Kriege vor 1812 herrühren. Dem Vernehmen nach soll über die Forderungen durch eine Schiedsgerichtstom- mission entschieden werden, die aus Vertretern der beiden Regierungen und einem Unparteiischen be stehen soll. preWimmen. Der Gedanke an eine neue Marokkokonserenz wirs von den „Münchener Neuesten Nach richten" entschieden abgewiesen: Eine neue Auflage derAlgeciras- Konferenz, die sofort alle interessierten Regie rungen zu beschicken hätten, wünscht wohl kein Ak e n j ch. Rußland, Italien, Oesterreich-Ungarn, die Vereinigten Staaten, Belgien, die Niederlande, Schweden und Portugal stehen wirklich in Marokko erst in zweiter Linie . . . Endlich ist es nicht an Deutschland, wie französische Blätter fordern, zuerst zu sagen, was es will: auch hier muß Frankreich das erste Wort sprechen. Es har in Ma rokko mit der Besetzung von Udschda im Nordosten und von Casablanca im Westen, mit umfassenden militärischen Expeditionen, mit dem Einzug in die nördliche Hauptstadt Fez, mit Anlage von Eisen bahnen, Lagern, Befestigungen so energisch die Ini tiative der Tat zu ergreifen verstanden, daß es nun auch an ihm ist, den ersten Schritt zur Einleitung von Verhandlungen und zur Offenbarung seiner Pläne zu tun, wenn es überhaupt ohne Konflikt aus der marokkanischen Sackgasse wieder heraus will. Und wir mögen Frankreich nicht unrecht geben, wenn es in der Anwesenheit eines deutschen Kriegsschiffes vor Agadir eine deutliche Mahnung erblickt, die Dinge nicht auf die Spitze zu treiben. Auch die „Vossische Zeitung" steht diesem Gedanken kühl gegenüber: Den Wunsch, Unterhaltungen zu beginnen, hat die französische Regierung lebhafter als die deutsche, und Vorschläge wird nicht Deutschland machen, sondern sie werden von Frankreich ausgehen müssen. Hätte Deutschland Vorschläge machen wollen, so würde es dies bereits längst getan haben. Deutsch land will aber nur etwas, wenn Frankreich etwas will, folglich kann auch die Initiative sowohl zur Unterhaltung wie zu Vorschlägen nur von Frankreich ausgehen. Zu den Nachrichten über eine Gegenrevolution in Portugal schreibt die „N a t i o n a l - Z c i t u n g": „Die beginnende Gegenrevolution in Portugal ist vor allem deshalb ernst, weil die republika nischen Führer und die republikanische Regierungsform noch eigentlich uner probt sind. Nicht einmal die offizielle Anerken nung der europäischen Mächte ist erfolgt, uns das Volk hat noch keine rechte Gelegenheit gehabt, sich über die respektiven Vorteile der monarchischen und republikanischen Systeme klar zu werden. In neuerer Zeit sind allerdings monarchistische Gegenrevolutio nen in Ländern, die sich einmal für di« Republik entschieden hatten, niemals geglückt. Aber für Por tugal kommt, abgesehen von der Möglichkeit, Laß nicht der entthronte und flüchtige Manuel, sondern der Prätendent Miguel von Braganza Nutzen aus der monarchistischen Verschwörung zieht, vielleicht der Umstand hinzu, daß viele extreme sozialistische Republikaner mit dem neuen Regime, das nichts weniger als den idealen Zukunftsstaat darstellt, ebenso unzufrieden sind, wie vordem mit der Monarchie. Gerade das gewöhnliche Volk und das Militär, das nichts von den tm Revolutions rausch erträumten kommunistischen Herrlichkeiten durch die neuen Machthaber verwirklicht sieht, ist einem solchen Umschwung der Gefühle außerordentlich unterworfen. Wenn dann noch, wie bei allen Gegen revolutionen und jetzt auch in Portugal, mit vollen Händen Geld unter die enttäuschten Massen geworfen wird, die nach der durch ihre Kraft siegreichen Revolution ebenso arm geblieben sind, wie vorher, wird stets mit einem starken roya listischen Rückschlag zu rechnen sein. Aus Brasilien sind dieser Tage zwei Millionen Frank gesandt wor den, und solange die Freund« der Monarchie über so beträchtliche Propagandamittel verfügen, ist die Möglichkeit ihres endlichen Sieges vorhanden. Zur Gegenrevolution gehört, wie zum Kriege, vor allem Geld. Ob für Portugal die verflossene Monarchie oder die gegenwärtige Republik bester taugt, ist frei lich noch zweifelhafter als di« Frage, welche Regie- rungsform aus den jetzigen Wirren siegreich hervor gehen wird. In Lissabon kursiert darüber ein hüb sches Geschichtchen. Ein junger Dichter kommt zu einem maßgebenden Kritiker mit zwei Gedichten, um sein Urteil zu hören. Der Kritiker liest aufmerk, sam das eine Gedicht und sagt: Das andere ist das bester«. Darob Erstaunen des Berfaffers, der ein wendet, daß er ja nur das eine gelesen hab«. „Ge wiß", antwortet der Kritiker, „aber schlechter kann das andere nicht sein." Die Republik ist das andere."