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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 08.07.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-07-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110708014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911070801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911070801
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-07
- Tag 1911-07-08
-
Monat
1911-07
-
Jahr
1911
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Bezugt-Preit IÜI u«cp«c, »nl> «»!»«» ouich «s«r» Iräarr und Eo«dtt»»r« 2««l tialich cn» vau» «edkaail W Pt. »onatU. k.7v ML oieailiahrl. Br» »»s«r» FUtat«» ». N»» »»bmestkürn adgedoU: 7» VI. «ooatl. LS Äl. »terttltihrl. »«» »«« Vs», «n«rhal» Drullcdland» und o«r d«ü1ch«n ttolunten vterteljohrl. 8.M Mi„ «onaU. 1LV!0tt. au»jchl PokdeftellarlL. 8«rn«k tn «et, »en, Dänemark, den Donau stauten, Italten. Luremdura, NtedertaaL«, >ior- wearn O^teiretch« Ungarn. Rnliland, Schweden, Echwetj n. Spante». In allen übrigen Staaten nur dtrett durch dt« LelchästuÜell» de» Btattr» «rtzaMich. Da» L»tp,»,»r LagedtaN «rlcheua »mat tagttch. Sonn» ». Lelerrag» nui »uirgen». >b»nnem»nr»«S,nahm» 2»da»»r»«all» S. bet unseren Trager». AUraten. üpedtteurea und Annahmestellen, jow»e Poftämleru und Brteltrager». G»»I«l»«rka»i»»»»t» »Ui. Morgen-Ausgabe nMerTagMalt 14 6«r lNachtanschluv 14 «93 «ei.-Anschi^uZb"^'"""" Handelszeitung. Nmtsvlatt des Rates und -es Rolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis stk Sus««»» «»» ttetpst» end Umgeb,», »t« lspnMg« PettrieU« LPt-bteXeNam«. ieU« I ML:»»» a»»«ärt» So Ps, N,Namen UL ML. Inserat« oa« vehSrde» tm amt» ltche» Dell b- P«M»«U» St> PI. Rabatt »achlartt »«tlageorbtthrSelamt. auslag« S ML ^Ia»I«nd e^N. Postgebühr. Seltenem« Ausnaae können nrch, «»rück» ,«,»,«« werde». Sür da» Erschetne» a» bekm-üen la,»» u»d Pta,en wird kein« Sarantt« üdernomme». AntNgen« Annahme. 2»tz»»»t»«»II« 4^ bet sämtliche» Stttalen ». allen Annon«»» Lrnedttto»«» de» In. und Au»I»»»« um» »«Na, »— r»d» dlntte» «. V»lg. Inhaber: Va»l Mleste». Xed»ttt», >ni» »eschtst.ttelt«: 2odannt»ga>s« Ü y»»r>t.zutal, Dr,»de»: Seestrad« 4, l (lelephan 4L21T Nr. 187 Sonnsvrnü. üen 8 Juli IS!I. 105. Jahrgang. Die vorliegende Angabe umfaßt 18 Leiten. Dss Wichtiglte. * Heute beginnt in Leipzig die 38. Bundesver sammlung des Kgl. Lächs. Militärverein s- bundes. (S. Lpzg. Ang.) * Die Erklärungen des englischen Premierministers Asquith über Marokko werden lebhaft kom mentiert (S. d. des. Art.) * Der Kronprinz hat am Freitagmiltag dem Staatssekretär v. Kiderlen-Wächter einen längeren Besuch abgestattet. * Der sächsische Eisenbahnrat hielt in Dresden seine 64. Sitzungab. (S. d. bes. Art.) * Das Mitteldeutsche Braunkohlen- syndikat ist aus dem Zentralverband Deutscher Industrieller ausgetreten. (S. Handelsteil.) Msrokkv unü üer Reichstag. Der Vorschlag des „Vorwärts", schleunigst den Reichstag einzuberufen und in ihm die Regierung wegen des nach Agadir entsandten Kreuzers interpellieren zu lassen, ist glatt zu Boden gefallen. Kein Mensch hat diesen Vor schlag, soweit wir gesehen haben, ernst genommen; niemand das Bedürfnis empfunden, darüber auch nur zu diskutieren. Das ist auch eine Kritik des Reichstags, wenn schon keine gerade schmeichelhafte. In früheren Jahren pflegte man — wir möchten nicht sagen: in gleichen, aber immerhin in ähnlich gelagerten Fällen — stürmisch nach dem Parlament zu ver langen. Das ist zwar damals nicht ein berufen worden, aber man hat die Aussprache zumeist nachgeholt, und dann fast allemal ge funden, das; sie sich, wie man in Oesterreich zu sagen pflegt, nicht „auszahlte". Daraus scheint man mittlerweile gelernt und seufzend resigniert zu haben. Unsere Parlamentarier haben nun einmal keinen Beruf für die auswärtige, die sogenannte große Politik, weil sie für sie nur spärliche Vorkenntnisse und in den weit über wiegenden Fällen auch kein Interesse mitbringen. Dem deutschen Reichstage fehlen, weil ihm die früheren M i n i st e r und inaktiven Staatsmänner fehlen, auch die Männer, die selbst in der Welt der großen politischen Geschäfte gestanden haben und aus eigener Erfahrung und, was noch wichtiger ist, mit eigener rück haltlos anerkannter Autorität von diesen Dingen mitreden könnten. Sie fühlen sich alle miteinander wenig heimisch auf dem frem den, schwierigen Terrain; verschüchterte Dilet tanten, die auf Hörensagen und Überliefe rungen aus zweiter und dritter Hand ange wiesen bleiben, und denen gegenüber die Leute vom Fach, die Herren auf der Regierungsbank von vornherein in der überlegenen Stel, lung sind. Dazu kommt noch ein anderes Moment, das ihnen die Beschäftigung mit den internationalen Problemen erschwert: die Last der Vergangen heit. Unser deutscher Parlamentarismus ist in ausgesprochen innerpolitischer Schu lung erwachsen. Seine Anfänge in den Kam mern des deutschen Südens waren erfüllt von dem Kampf um Menschen- und Volksrechte, um Durchsetzung und Verteidigung des Repräsen tativsystems: darin gingen den durch ganz Deutschland gefeierten Volksmännern und Kammerrednern der dreißiger und vierziger Jahre Sinn und Bedeutung des politischen Geschäfts auf. Nicht ohne tiefere innere Be rechtigung übrigens: denn diese Mittel- und Kleinstaaten hätten selbst, wenn sie gewollt hätten, gar nicht die Möglichkeit zu einer großen europäischen Politik gehabt. In Preußen standen die Dinge wohl von Anbeginn anders. Aber auch hier brannten als nächste der Nöte die dumpfe Qual der Re aktion und die deutsche Frage den Leuten auf den Nägeln, und als diese Sorgen dann durch eine ungestüm geniale, von beispiellosen Erfolgen gekrönte auswärtige Politik von ihnen ge nommen waren, war es ganz selbstverständlich, daß dem Meister, vor dessen überragendem Können — widerwillig oder nicht — die ganze Welt sich beugte, man auch im eigenen Lande sich unterwarf. So ist es im Norddeutschen Bunde gewesen und so durch seine ersten 20 Jahre auch im neuen Reiche. Mit Otto v. Bismarck über die Fragen seines ureigensten Metiers, über die Gestaltung unserer auswärtigen Politik zu streiten ist — gewiß mit gutem Grunde — auch den verbissensten Oppositionsmännern ernsthaft nie recht eingefallen. Inzwischen aber sind andere Zeiten ge kommen. Aus unserer europäischen ist eine Weltpolitik geworden, und man hat nicht immer die Empfindung gehabt, daß Deutschland diese Wandlungen zu rechter Frist begriffen und in dem Widerspiel neu aufkommender und neue Gebiete sich unterwerfender alter Mächte die rechte Stellung eingenommen hätte. Im Deut schen Reichstag aber ist es in der Hauptsache geblieben, wie es in der bismarckschen Epoche war: Die Abgeordneten in der Rolle zaghafter Schüler, die aus Journal- und Zeitungsaus sätzen ein paar leise Einwendungen vor trugen; die Regierungsmänner aber als die überlegenen Lehrer, die, wo sie nicht gerade zum Ausland sprachen, die Kritiker mit ein paar Floskeln zur Ruhe verwiesen; unendlich erhabene Hüter von Heiligtümern, zu denen man erst, wenn man die höheren diplo matischen Weihen empfing, Zutritt erlangen kann. Das prägt sich schon rein äußerlich in der Tatsache aus, daß man sich beim Reichs- amt des Innern über das Elend der Glas bläser oder die Zustände in den Werkstätten der chemischen Industrie tagelang unterhalten kann, während beim Auswärtigen Etat, obwohl doch, wenn unser auswärtiges Geschäft nicht prosperiert, weder Glasbläser noch chemische Werkstätten gedeihen können, gemein hin schon am zweiten Nachmittage selbst diesem redefreudigen Reichstag die Redelust auszu gehen beginnt. Organe, die man nicht aus bildet, verkümmern eben. Und man hat im Deutschen Reichstage immer noch versäumt, sich auf die Beschäftigung mit den internationalen Problemen einzurichten, obschon der Wandel der Zeilen solche Beschäftigung mittlerweile nahegelegt haben könnte. Das mag man be dauern — und wir für unser Teil bedauern es sogar sehr — aber es ist so. Unabhängig von dieser Betrachtung wird zudem zu sagen sein, daß der vorliegende Anlaß bei weitem nicht ausreicht, eine so exzeptionelle Maßregel wie die Einberufung einer außerordentlichen Reichstagstagung zu rechtfertigen. Das würde dem Begebnis im Hafen von Agadir eine Bedeutung beimessen, die es nicht hat und nach den Wünschen unserer Regierung auch gar nicht haben soll. Vermut lich wird bei der bereits hinausgeschobenen Jnterpellationsdebatte im Stuttgarter Halb mondsaal, durch die die württembergischen Ge nossen für ihre mannigfachen Ketzereien und Hofgängereien bei den Unentwegten sich Abso lution zu erwirken suchen, das ihnen auch zu Eemüte geführt werden. Oie Erklärung ües englischen Premierministers. deren Bedeutung wir in unserem gestrigen Abend blatte bereits eingehend besprachen, ist von der französischen Preise natürlich mit großer Zustimmung begrüßt worben. Auch die deutsche Presse beschäftigt 'ich eingehend damit. Sehr verständig meint u. a. die „Kreuzzeitung", daß England sich des deutschen Wohlwollens versichert hal ten könne, wenn es in Zukunft seine marokkanischen Interessen intensiver wahrnehmen werd«, und daß wir Deutschen ebenfalls auf die freund schaftliche Haltung Englands rechneten bei unserem Bestreben, unsere wahlberechtig ten und umfangreichen Interessen in Marokko zu schützen. Die Abmachung von 1904 zwischen England und Frankreich könne doch keines wegs bedeuten, daß England Frankreich in einer Er- oberungs- und Gewaltpolitik gegenüber anderen Staa ten unterstützen werde, sondern nur, daß es Frank reichs begründete Ansprüche fördern werde. Zu der Erklärung Asquiths wird uns weiter von unserem Berliner ^.-Mitarbeiter noch gedrahtet: Bedeutsam an der Erklärung ist, daß Eng land zum erstenmal seit 1904 (Vertrag mit Frank reich) das Vorhandensein eigener Interessen und di« Absicht, sie zu wahren, betont. In der Zwi schenzeit hatte sich England, sehr gegen den Wunsch der englischen Interessenten, der eigenen Tätigkeit enthal ten. Hier liegt also ein neues Moment vor. Es er gibt sich dann in logischer Folge der Schluß: Wenn England eine neue Situation als gegeben ansieht, in der es, trotz des Vertrages von 1904, unter Umständen gezwungen sein werde, die eigenen Interessen mehr zu betonen, um so mehr wäre Deutschland ge zwungen, in dieser Situation ent sprechend zu handeln. Von der neuen Lage sagt Asquith nicht, woher er sie datier«. Es ist aber klar, daß er sie nicht auf die Entsendung des Kanonen bootes „Panther" zurückführen kann, denn diese ist im Verhältnis zu anderem ein geringfügiges Ereig nis, und es war auch kein selbständiger Schritt, son dern einfach das Ergebnis einer Entwicklung, die ohne Zutun Deutschlands vor sich gegangen war, und die bezeichnet wird durch die französische Erpedi- tion nach Fez und durch das Vorgehen der Spanier. Auf französischer und spanischer Seite haben Zehntaufinde von Kriegern eingegriffen, auf deutscher Seite sind nur wenig hundert Mann einge setzt worden. So aufgefaßt, verstärkt die Erklärung des englischen Premierministers den Grund, aus dem der deutsche Schritt erfolgt ist und der bekanntlich in der Notwendigkeit des Schutzes der deutschen Inter essen besteht. England überlegt noch, wie es in Zu kunft seine eigenen Interessen schärfer zu wahren Habs. Für Deutschland hatte die Überlegung ein Ende ge funden, als deutsche Firmen erklärten, sie bedürften des Schutzes. Doch ein franzvfislft.en.zliskfter (Kehciin- vertrag? Wir teilten bereits in der gestrigen Abendnummer unseres Blattes mit, daß die Meldung der Exchange Telegraph Company sowohl von London wie von Paris aus scharf dementiert worden sei, bezweifelten indes mit Rücksicht auf die Ausführungen Asquiths im englischen Unterhause die zwingende Kraft dieses Dementis. In der Tat hält auch sie Exchange Tele graph Company ihre Behauptung vollkommen auf recht, wie aus folgendem Privattelegramm hervor geht: - T,. London, 7. Juli. (Eig. Drahtmeld.) Die Londoner Telegraphenagentur Exchange Telegraph Company hält ihre Meldung von dem Abschluß eines französisch-marokkanischen Ge heim Vertrages in vollen» Umfang aufrecht. Die Agentur behauptet, daß der Text des Vertrages seit dem 25. Juni der Londoner Re gierung bekannt sei. Die nächsten Tage werden voraussichtlich darüber Klarheit schaffen, denn es stehen ja auch Erörterungen über Marokk'ö in der französischen Deputicrtenkammcr bevor, in denen dieses Geheimabkommen dann zweifel los eine große Rolle spielen wird, weil es ja eben die „neue Situation" begründet. Iaur^ö über die Lage. Im „Vorwärts" äußert sich der Führer der sran- ztsischen Sozialsten Jean Iaur^s über Delcusst- und die Marokkofrage. Er mahnt zunächst, „kaltes Blut in ernster Gefahr" zu bewahren und nimmt Dclcassä gegen den Verdacht der Kriegstreibsrei in Schutz: „Die französischen Sozialisten können nicht in den Verdacht einer Vorliebe für Herrn Delcas s L kommen, dessen Politik sie stets so heftig bekämpft haben. Indes ist es angezeigt, in der dunklen Krise, die wir durchmachen, ein systematisches Mißtrauen zu zerstreuen und die gan.ze Wahrheit bekannt zugeben. Die Wahrheit ist nun, daß sich Herr Delcassa seit einigen Monaten im franMschen Ministerrat der, wie er meinte, unklugen Ausdehnung unserer Operationen in Ma rokkozuwidersetzen bemüht hat. Wahrheit ist, daß er — wir wißen das aus bester Quelle — seit einigen Tagen zu denjenigen gehört, die sich dem Gedanken der Entsendung franzö sischer Schiffe an die marokkanische Küste a u f das strengste widersetzt haben. Man hat dies erfahren und die durch einige Börsengerüchte heroorgerufene Erregung hat sich schnell gelegt." Weiterhin erklärt Iaures, daß wegen der Gefähr lichkeit der internationalen Situation „die tätigste Wachsamkeit des europäischen Proletariats" erforder lich sei: „Man fühlt, !>aß es nur kleiner Verschiebungen bedurfte, um das diplomatische Gleichgewicht zu brechen und blinde, verbrecherische Gewalt jäh zu entfesseln. Was die Gefahr noch vergrößert, ist die chronische und allgemeine Abwesenheit des guten Glaubens in den internationalen Be ziehungen. Frankreich hat die Akte von Algeciras offenkundig verletzt, Spanien die Akte von Algeciras und den französisch-spanischen Geheimvertrag. Deutschland verletzt die Akte von Algeciras und das französisch-deutsche Abkommen. Die Verträge haben weder Sinn noch Wert mehr. Sie sind Zelte für einen Tag, unter denen man sich birgt, um den lsiegner auszuspähen und leichter zu überfallen. Es ist notwendig, daß sich a l l e P r o l e t a r i e r o e r- einigen, um den tiefen Fall in die Barbarei und die völlige Zersetzung des euro päischen Gewissens zu verhindern. Ihre unmittel bare Aufgabe in der marokkanischen Frage muß sein, die Rückkehr zum wahren Sinn der Akte von Algeciras zu fordern, die die Unverletzlichkeit Marokkos verbürgt. Sie müßen überall zusammen die gleichzeitige Räumung des ma. rokkanischen Gebietes durch Frankreich, Spanien und Deutschland fordern." Herr Iaures, der sich übrigens würdiger und maß voller als die deutschen Unentwegten aus dem Lager Bebels in der ganzen Angelegenheit zeigt, irrt ge waltig, wenn er dem Deutschen Reiche eine Verletzung der Älgecirasakte und des französisch-deutschen Ab kommens zum Vorwurf macht. Die deutsche Regierung hat weiter nichts getan, als Vorsorge für ausreichen den Schutz deutscher Staatsangehöriger in einem Lande ^troffen, dessen Regierung nicht dazu fähig ist, diesen Schutz selbst zu gewährleisten. Es handelt sich dabei nicht um Bagatellen, sondern um Millionen von Werten; denn außer den Brüdern Mannesmann haben im Süden Marokkos auch größere Hamburger Häuser beträchtliche Erwerbungen vorgenommen, so u. a. die Firmen Marx, Mehr, Fuchs und Langenhain. Die deutsch« Regierung hat auch damit keine gefähr lichen Verwicklungen verursacht; sie übt nur mit gutem Grunde das Recht aus, ihr« Staatsangehörigen und deren bedrohte Interessen nachdrücklich zu schützen. Sie will keinen Krieg, sie will sich aber ebensowenig dem Vorwurf der Vernachlässigung deutscher Inter essen aussetzen, und daran tut sie eben recht. DaS einige englische Volk. Ein Londoner Telegramm der „Voß. Ztg." macht auf die wahrhaft glänzende politische Disziplin der englischen öffentlichen Meinung aufmerksam. Der Londoner Bericht erstatter des liberalen Blattes schreibt: Diese Disziplin ist kein neues Faktum und keine Ueberraschung. Man weiß, daß alle Parteien in England einer Meinung sind, wenn die allgemeinen Interessen des Landes in Frage kommen. Man mag l)eute die liberalen und konservativen Blätter wahllos Lurcheinanderwürfeln, es hat gar keine Bedeutung. In allen steht so,zusagen dasselbe und gegenüber der vom Negierungstische aus in großen Zügen und allgemeinen Umrißen dar gelegten Politik gibt es in der ganzen öffentlichen Meinung nur eine Haltung, nämlich die der Zu stimmung. Man kann diese Tatsache gar nicht Hoch genug einschützen. Denn sie gibt der englischen Regierung eine geradezu unerschütterliche Stellung. Alles ist vergeßen. Die bitterste innere Fehde, die uip die Stellung der beiden Häuser des Parlaments geführt wird, ist wie verschwunden. Es handelt sich um die Jntereßen des Landes, und da gibt es keine liberale, sondern nur noch eine englisch« Regierung, die eben diese Jntereßen vertritt und dafür auf die Unterstützung sämtlicher englischer Staatsbürger rechnet und rechnen kann. Diese Einmütigkeit der Meinung kann man mit Befriedigung gegenwärtig auch von der deutschen Presse feststellen. Seit langer Zeit hat in der ganzen deutschen Politik kein Ereignis so einhellige, freudige Zustimmung gefunden, wie das entschiedene Auftreten der Reichsregierung in der Marokkofrage. Daß die sozialdemokratisch« Preße sich davon ausschließt, war zu erwarten und kann bei der doktrinären Verranntheit der sozialistischen Führer nicht weiter wundernehmen. Die Fraize der.Kompensationen wird in der englisclzcn Preße bereits sehr lebhaft er örtert. Während die „2llestminster Gazette" diese Frage gewissermaßen rein akademisch erörtert, wünschen die „Daily News" bereits eine Abfindung Deutschlands außerhalb Marokkos. Sie begründen dieses sehr bemerkenswerte Verlangen mit der Sorge um Enqlanos maritim« Suvrematie. Wir erhalten darüber folgende Meldungen: London, 7. Juli. iEig. Drahtmeld.) Die „West minster Gazette" schreibt zur Marokkofrage: Die Diplomatie hat hier eine Aufgabe, die zwar nicht leicht, nichtsdestoweniger aber der Lösung fähig ist. Wenn Jntereßen bestehen, die den An spruch auf eine Kompensation begründen, sollte die Diplomatie imstande sein, die notwendigen Aequivalentezu beschaffen. London. 7. Juli. (Eig. Drahtmeld.) Die „Daily New s" betonen, daß eine deutsche Flottendasis in Agadir oder Mogador die Verteidigung Englands zur Lee erschweren und seinen Flottenetat um Millionen er höhen würde. Es sei fraglich, ob England sie überhaupt dulden könne, aber das einzige Mittel, um dies zu vermeiden, sei, daß Frankreich Fez verlasse oder daß für Deutschland eine andere Kompensation gefunden werde, die das mari time Gleichgewicht der Welt weniger heftig er. schüttere. Die Tätigkeit Moiniers soll gegenwärtig, nachdem der General seinen Rück zug aus Fez angetreten hat, einigermaßen harmlos erscheinen: I*. Paris. 7. Juli. (Eig. Drahtmeld.) Der Ministcrrat hat den General Moinier mit der Durchführung der Nachrichtenreform in den Nord Häfen Marokkos beauftragt. Die Verbindung der nordmarokkanischen Hafenkonsulate untereinander durch Fnnkenspruch ist bereits in An griff genommen. Es wird jedenfalls zweckmäßig sein, die Fort schritte bei der Durchführung dieser Arbeit nicht un beachtet zu laßen. Die „GrotzMgigkett" üer neuen englischen Srdeiterverlicherung ist an dieser Stelle schon wiederholt Gegenstand kritischer Erörterungen gewesen. Erst kürzlich ist auf erhebliche Mängel dieses Werkes hingewiesen und vor seiner Uederschätzung gegenüber der deutschen Reichsversicherungsordnung gewarnt worden. Jetzt aber nimmt sogar di« weit links stehende „Soziale Praxis" Anlaß, eine ihr, wie sie ausdrücklich be merkt: von sehr beachtenswerter Seite zugegangene Zuschrift abzudrucken, die den voreiligen Lobspendern wenig Freude machen wird. Diese hatten insbeson dere die „Großzügigkeit" gepriesen, mit der das „freie" England (im Gegensatz zum „raktionären" Deutschland) dem Arbeiterwunsch nach uneinge schränkter Selbstverwaltung nachzukommen sich anschicke. Mit diesem Phantom räumt die Zu schrift gründlich auf: „Wenn man das Kapitel, das über di« Orga- uisation der als Versicherungsträger zugelaßenen Krankenkassen handelt, lieft, so findet man acht Zulaßungsbedingungen für eine solche «xnot?. An erster Stelle steht di« Forderung der absoluten Selbstverwaltung. An dies« zwei Worte hat sich die deutsche Preß« gehalten, ob gleich einige der übrigen Bedingungen die absolute Selbstverwaltung gehörig einschränken. Denn es wird weiter gefordert u. a.: für die Wahl der Vorstandsmitglieder, ihrer Stellvertreter usw. durch die Mitglieder aelten die Vorschriften, di« die staatliche Aufsichtsbehörde, das Versicherungsamt genehmigt hat, oder di« das Gesetz vorsieht; örtlich« wie zentrale Kontrolle der Mahnahmen zur
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