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128 Die Anfänge einer vergleichenden Meteorologie. blos in der Wirkung der Westwinde, welche mit Wärme und Fruchtbarkeit beladen über Nordeuropa hinstreichen, sondern auch vorzugsweise in seiner Lage neben einer ausgedehnten heißen asiatischen Ländermasse, die durch beständige Einwirkung der Sonnenstrahlen viel stärker erhitzt wird, als das Meer, und noch mehr in der Wir kung des Golfstromes, welcher die erhitzten Gewässer der heißen Zone bis zu den Küsten Großbritaniens, Islands und Skandinaviens führt. Ganz anders verhält es sich mit Asien; hier sehen wir ein ungegliedertes, zusammen hängendes, im Innern sich zu bedeutenden Hochebenen erhebendes Festland, das gegen Westen von dem erwär menden Ocean abgeschuitten ist, ini Norden sich bis zu den Grenzen des Polareises in offenen Ebenen er streckt, über welche die erkältenden Nordwinde ungehemmt hinfegcu, im Süden durch keine erwärmende Ländermasse geschützt, und von einer wenig für die Wärmestrahlen der Sonne empfänglichen Wasserfläche umgeben. In Folge aller dieser Umstände sehen wir hier die Tempe ratur erniedrigt und begegnen einem Klima, das sich durch ausfallende Wärmecontraste der einzelnen Jahres zeiten kennzeichnet, wie es Humboldt in Astrachan am Kaspischen Meere fand, wo der Sommer die prächtigsten Trauben zeitigt, während der Winter das Thermometer oft auf 25—30 Grade unter den Nullpunkt sinken macht. Die Feststellung der Linien gleicher Wärme auf der ganzen Erde und die Erklärung ihrer oft so auffallenden Krümmungen war eine der wichtigsten Arbeiten, die Humboldt auf dieser Neise ausführte, war der Anfang jener vergleichenden Meteorologie, die wir heute zu einer so glänzenden und bedeutungsvollen Wissenschaft ansgcbaut sehen.