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Vorwort. 3 lichkeit erlangt, wie sie nur selten einem Gelehrten zu Theil wird. Me sprach sich das deutlicher aus, als an dem Tage seines Begräbnisses. Tausende folgten seiner Leiche, und die ganze Bevölkerung Berlins nahm in ernster, würdevoller Haltung Theil an der erhebenden Feier. An seinem Sarge beugte sich die Fllrstenmacht vor der Hoheit der Wissenschaft, huldigte, was sonst gedankenlos im trüben Strom des Alltagslebens dahintrieb, der Macht der Ideen. Es war ein Tag der Trauer für Jedermann, nicht bloß für die Gelehrten oder für die persönlichen Freunde des Verewigten, nicht bloß für die Academien oder für den Hof,.den er mit seinem Glanze erfüllt hatte. Die Einen' vermißten die kräftige Hand, die so lange siegreich das Banner freier Forschung hoch gehalten hatte, die Anderen sahen den Fürsprecher hin weggenommen, der sich so liebreich der aufstrebenden Kräfte annahm, den Führer, der in bewunderungswürdi ger Unermüdlichkeit mit der Leuchte seines Wissens Jedem den Weg zeigte. Alle fühlten es, daß in ihm ein Herz zu schlagen aufgehört hatte, das in seltener Wärme für die Wahrheit empfand, das in seltener Liebe die Be ziehungen des Wissens zum Volke, zur Menschheit pflegte. Wie der Tod dieses großen Mannes in schmerzlicher Trauer die Völker diesseits und jenseits des Oceans ver band, so wird sein hundertjähriger Geburtstag sie in dankbarer Erinnerung vereinen. Es wird und muß ein Volksfest im edelsten Sinne, ein Fest der ganzen gebil deten Welt sein. An diesem Tage aber wird vor Jedes Seele das Bild des gefeierten Mannes treten, und dieses Bild aufzufrischen, wenn es im Laufe der Zeiten dem Einzelnen verblichen oder entstellt sein sollte, hat sich dieses Buch zur Aufgabe gemacht. Ein vollkommenes Lebensbild AlexandervonHum- boldt's zu zeichnen, ihn in seiner ganzen Bedeutung für die Welt und die Wissenschaft darzustellen, das wäre freilich die Aufgabe eines Meisters, wie er noch kommen soll. „Mein Leben sucht in meinen Schriften", sagte er selbst, und noch mehr, es ist zu suchen in der Geschichte