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98 Tage der Triibsal. Beobachtungen, die er bei Gelegenheit dieses Ausbruches anstellte, haben in Verbindung mit den Erfahrungen, die er aus den Vulkanen der neuen Welt gesammelt hatte, ganz besonders dazu beigetragen, Klarheit in das Ver- ständniß des Zusammenhanges und der Ursachen der vul kanischen Thätigkeit des Erdinnern zu bringen. Erst im December 1805 verließ Alexander in Beglei tung Leopold von Buch's Italien, um sich zunächst nach Berlin zu begeben. Hier erlebte er bald darauf die furchtbare Katastrophe der schmachvollen Erniedrigung seines engeren Vaterlandes. Aus der tiefen Trauer über dieses Un glück, über das Elend, das er rings um sich sah, erhob ihn die Beschäftigung mit der Wissenschaft. Wie es so oft geschieht, daß in den Tagen der Trübsal die Erinne rungen an eine glückliche Vergangenheit am mächtigsten sich regen und den linderndsten Trost bringen, so hat auch Humboldt grade in diesen Tagen der Vaterlands- lrauer die köstlichsten Früchte seiner glücklichen amerika nischen Reise gezeitigt. Er schrieb in dieser Zeit seine „Ansichten der Natur." Es sind nur vereinzelte kleine Naturgemälde, die er dem Leser unter diesem Namen vorführt, aber mit welcher Tiefe der Empfindung, mit welcher Meisterschaft der Darstellungskunst, mit welcher Großartigkeit wissenschaftlicher Anschauung sind sie ge schrieben! Mau empfindet es, wenn man sie liest, daß sie nur aus dem Ocean selbst, in den Wäldern des Ori- noco, in den Steppen von Venezuela, in der Einöde peruanischer und mexicanischer Gebirge ihre erste Anlage erhalten haben können. Noch heute vermag sich Niemand dem gewaltigen Eindruck dieses Werkes zu entziehen; wie mußte es erst damals wirken, wo es mitten aus den Stürmen der Vernichtung von den rauchenden Trümmern